Ueber den Horizont hinaus - Band 1
er sich selbst keineswegs von Schuld freisprach. Dass er fühlte, wie sein Abstand zu Arthur, die sich stetig erweiternde Kluft, Anlass zu Spekulationen gab und unangenehme Schwingungen am Set verbreitete.
Dass er wusste, er hätte das Unvermeidliche aufhalten können. Sich für Arthur und seinen Verbleib in der Serie einsetzen. Es war nicht notwendig, stumm zu akzeptieren, was von oben bestimmt wurde. Nicht, wenn er vermutete, dass es bis zu einem gewissen Grad aufgrund seines Verhaltens geschehen war. Dass die angedeutete Möglichkeit, eine weitere Zusammenarbeit sei schwierig, die machtausübenden Personen einzeln nach und nach unter Druck gesetzt und dazu bewogen hatte, eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidung, von der er sehr gut wusste, von der sie alle sehr gut wussten, dass sie zu Matthias‘ Gunsten ausfallen musste.
Wenn auch nicht mehr der Star der Serie, so blieb Matthias‘ Charakter doch eine Rolle, die den Zuschauern ans Herz gewachsen war, ohne die sie sich weitere Verläufe nicht vorstellen konnten.
Arthurs Figur dagegen war erheblich komplexer. Sie beinhaltete zu viele Facetten, zu viele unterschiedliche Grautöne, war gerade in den letzten Monaten in eine unsympathische Ecke gedrängt worden, als dass sie für jedermann leicht zu verkraften war.
Es existierten regelrechte Feinde seines Charakters. Ebenso wie Arthurs Fans existierten, Fans, die vehement dagegen protestiert hatten, dass ihre Lieblingsfigur aus der Serie entfernt wurde.
Aber offenbar nicht genug, um Arthurs Selbstvertrauen ausreichend zu stärken, dass er über seinen Serientod hinwegkam und nach vorne sah.
Vielleicht existierten auch mehr seiner Feinde, mehr Meinungsbildner, die lautstark und wiederholt ihr Wohlgefallen darüber äußerten, dass Arthurs Geschichte ihr Ende gefunden hatte. Endlich, wie diese lautstark verkündeten.
Auch wenn sich nicht leugnen ließ, dass diese Rolle Arthur letztendlich einen unbestreitbaren Karriereschub verpasst hatte, kannte Matthias ihn zu gut, um daran zu zweifeln, dass er sich die Kritiken zu Herzen nahm.
Demnach war es nicht nur von Matthias allein blauäugig, wenn er glaubte, dass Arthur sich, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, umdrehte und einer neuen Aufgabe zuwandte. Einem neuen Leben und, wenn es denn sein musste, einem neuen Bild, dem gerecht zu werden, er sich bemühte.
Nichts davon war geschehen. Matthias gab zu, dass er nicht genau wusste, was eigentlich geschehen war.
Sicher, sie hatten versucht, ihre Freundschaft noch einmal aufleben zu lassen. Sich getroffen wie in alten Zeiten, hingen sie noch einmal zusammen ab, versuchten, einen Abschluss zu finden.
Nein. Matthias presste seine Lippen zusammen. Er hatte versucht, einen Abschluss zu finden.
Für ihn allein war das unvermeidliche Ende in Sichtweite gerückt.
Ihre Wege, die ohnehin bereits verschiedene Richtungen einschlugen, trennten sich nun endgültig.
So wie das Leben spielte. Und wie Matthias es von Anfang an erwartet hatte. Er war in der Lage dazu abzuschließen, in der Lage loszulassen und zu neuen Ufern aufzubrechen. Aber Arthur?
An diesem Abend hatte Matthias es bereits geahnt. Arthurs Weg existierte nicht. Gut, vielleicht existierte er, aber Arthur hatte ihn noch nicht gefunden. Und so wie er ausgesehen, wie er auf Matthias gewirkt hatte, war nicht davon auszugehen, dass er ihn überhaupt suchte.
Natürlich konnte der nicht seinen Finger darauf legen. Die letzte Szene war damals noch nicht abgedreht worden, Arthurs Arbeit noch nicht beendet. Und wenn er etwas Neues in Aussicht hatte, vielleicht sogar etwas, über das er Stillschweigen bewahrte, so erwartete Matthias beinahe, dass er nicht mit der Sprache herausrückte.
So nah standen sie sich nicht mehr. Vielleicht hatten sie das nie. Alles, was sie geteilt hatten, waren oberflächliche Scherze und das Bedürfnis, sich vor der Kamera in Szene zu setzen. Sicher verband auch das. Sicher verbanden äußerliche Anziehungskraft und die Tatsache, dass Arthur immer und überall ein willkommener Freund und Kollege war.
Dagegen war Matthias eben kein netter oder willkommener Kerl, nicht im Geringsten. Er versuchte es manchmal, versuchte es vorzugeben, aber er versagte regelmäßig.
Sein inneres Wesen sah doch zu oft unter der dünnen Haut, mit der er dessen Ecken und Kanten vertuschte, hervor. Es pikte an den Schichten und verriet sich, wenn er jemanden zu lange und zu nah an sich heranließ.
Matthias schloss seine Augen und rieb langsam, methodisch
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