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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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Gesellschaft.
    Olaf bemühte sich, hin und wieder ein Auge auf die Jungs zu haben, doch alles in allem schienen sie vernünftig. Sie spielten Ball im Garten und da die bislang erst zögerlich eingesetzte Sommerhitze mit einem Mal verstärkt auf die Welt hinunter brannte, beschlossen sie, auch den Pool zu nutzen.
    Wenn Olaf aufstand, um eine Akte aus dem Schrank oder ein Buch aus dem Regal zu holen, konnte er sie im Wasser herumalbern oder in der Sonne braten sehen und mit einem Mal machte es ihm nichts mehr aus, nur der Zuschauer jugendlicher Vergnügungen zu sein.
    Himmel, er war erwachsen, er hatte sein Leben. Warum sollte er dem Bruder nicht sein eigenes gönnen?
Der Abend verlief erstaunlich ruhig, und als Olaf einen Blick nach draußen warf, konnte er sehen, woran das lag.
    Henning und Phil hatten sich offensichtlich verzogen.
    Am Pool befanden sich nun nur noch Christian und Matthias, beide auf Luftmatratzen dösend. Olaf kniff die Augen zusammen und war erleichtert, auf dem Tisch neben den Liegestühlen eine große Flasche Sonnencreme stehen zu sehen.
    Seufzend wandte er sich wieder seinem Computer zu, als ihm ein Gedanke kam. Er sah noch einmal zum Pool herunter und da fiel es ihm auf.
    Matthias wirkte tatsächlich schon erheblich älter als Christian. Sein Körper war der eines ausgewachsenen Mannes und obwohl sein Verhalten noch sehr viel Kindliches besaß, schien er den drei anderen doch um einige Jahre voraus zu sein.
    Schließlich vergrub Olaf sich wieder in seiner Tätigkeit.
    Danach fuhr er zur Post und brachte Pizza für fünf Personen mit, nur um festzustellen, dass Phil und Henning immer noch nicht wieder aufgetaucht waren.
    Auf seine Frage zuckte Christian mit den Schultern. „Die wollten Tennis spielen. Und das war uns zu heiß. Wir bleiben lieber hier.“
    Olaf nickte nur und teilte die Pizza mit den beiden. Es war heiß und trotz der Klimaanlage stickig im Haus. Er knöpfte sein Hemd auf, als er weiterarbeitete, doch es gelang ihm kaum, sich zu konzentrieren.
    Seine Gedanken schweiften ab und unweigerlich lauschte er auf das Klappen der Haustür, auf die Verabschiedung des älteren Jungen.
    Und auf einmal wusste Olaf Bescheid.
    Er musste mit Christian sprechen. Was auch immer es war, das seinen Bruder bedrückte, das ihn so sehr auf Abstand hielt, es war an der Zeit, es aus der Welt zu räumen.
    Olaf rieb sich den Schweiß von der Stirn. Er zog das Hemd aus seiner Hose, das bereits unangenehm klebte, als sein Blick auf die Uhr fiel.
    Mitternacht war bereits vorbei und Olaf fluchte leise. Trotz aller Bemühungen war es ihm an diesem Tag nicht einmal gelungen, ein Bruchteil der angestrebten Ziele zu erreichen, die er sich vorgenommen hatte.
    Das Haus war geradezu beängstigend still und Olaf knirschte mit den Zähnen bei dem Gedanken, dass Christian sich sicher schon längst im Bett befand und den Schlaf der Gerechten schlief. Wäre auch ein Wunder, wenn Hitze und Schwimmen, ihn nicht müde gemacht hätten.
    Er beendete seine Programme, schaltete die Elektronik aus und begab sich noch ein letztes Mal ans Fenster.
    Der Pool leuchtete hellblau und klar in der Nacht, ein beruhigender und zugleich verlockender Anblick.
    Doch da nahm Olaf am Rand des Schwimmbeckens eine Bewegung war. Er trat näher ans Fenster, doch es gab keinen Zweifel. Christian war doch noch nicht schlafen gegangen. Er stand im Halbdunkel, zwischen Garten und dem bläulichen Licht, und er war nicht allein.
    Olafs Herz krampfte sich zusammen, als ihm klar wurde, dass Christian dort am Pool stand, umschlungen von den kräftigen Armen eines Mannes. Nein, eines Jungen, verbesserte Olaf sich im Stillen, denn die dunklen Locken gehörten unverkennbar Matthias.
    Matthias, der einen Kopf größer war als sein Bruder, diesen festhielt und sein Gesicht gegen dessen Hals presste. Ihn dort küsste, die zarte Haut an dieser Stelle schmeckte.
    Olaf fühlte, wie sich sein Magen umdrehte. Er wollte hinunter stürmen und die beiden auseinanderreißen, Matthias seine Faust in die Eingeweide rammen und dafür sorgen, dass weder er noch sein Bruder ihn jemals wieder zu Gesicht bekamen.
    Doch er hielt sich zurück. Er hatte nicht das Recht dazu. Das war Christians Leben und er tat mit Sicherheit nicht mehr, als jugendlicher Neugierde nachzugeben. Nicht mehr, als zu experimentieren. Zumindest redete Olaf sich das ein. Denn was für ein Leben stünde Christian bevor, wenn er…
    Olaf zwang sich, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Was ihm

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