Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
du hast es gebüßt. Versuche es nicht zum zweitenmal! Gegen mich sperrt sich niemand ungestraft!« Das Ungeheuer lachte kurz und häßlich. »Da, sieh dir meine Stute an, kennst du sie? Sie hat deinem Gönner gehört, dem Major mit den weißen Haaren. Auch er wollte gegen mich kämpfen! He! Er ist tot! In der Erde ist es kühl, da liegt er; alle Wasser gehen wild, vielleicht haben sie ihn wieder ausgegraben; da schützt kein Kreuz und kein Säbel!« Red Fox lachte noch einmal. »Firlefanz!«
    Aus Tokei-ihtos Mund kam keine Antwort. Es schien nicht einmal sicher, daß er zugehört hatte.
    Der Delaware starrte nach der Stute, die hinter Red Fox stand. Dieses Pferd, das Major Samuel Smith gehört hatte, war ein schönes, ein ausgesucht edles Tier mit lebhaften Augen. Aber die Weichen waren mit Blut bespritzt, und Chef de Loup sah mit aufgrollendem Zorn die schweren Sporen des jetzigen Reiters. Hund, dachte er, Mörder … Er brachte den Blick nicht los von dem Tier, dem er oft Futter gegeben hatte. Die Stute hob den Kopf und spitzte die Ohren. Kannte auch sie noch den Kundschafter?
    »Du bist eine bockige Rothaut«, begann Red Fox wieder zu dem schweigsamen Häuptling zu sprechen, »und deine Zunge scheint vollkommen gelähmt zu sein. Mit einem Stummen ist nicht gut reden. Wir sind wohl fertig miteinander.« Er wandte sich von Tokei-ihto ab und trat einen Schritt auf den Biber und Chef de Loup zu. »Ich habe nichts gegen euch«, sagte er mit schartiger Stimme.
    »Ihr könnt auf die Reservation zurück, oder ihr könnt auch über den Missouri in euer Canada laufen. Nur den da« – er wies auf Tokei-ihto –, »den nehmt ihr nicht mit hinüber. Der kommt an den Galgen.«
    Chef de Loup wollte zuschlagen, aber Red Fox fing den Schlag ab und hielt das Handgelenk des Delawaren mit unmäßiger Kraft umklammert. Wie Eisenriegel drückten seine Finger den Knöchel, und er grinste den Delawaren hohnvoll an. Es war ein stummes, kurzes Ringen, nur Hand gegen Hand. Chef de Loup fühlte seine Schwäche mit einer peinvollen Wut. Der Schweiß brach ihm aus.
    Red Fox ließ los.
    »Wir verstehen uns! Ihr könnt es euch überlegen. Der Skalp« – noch einmal wies seine Hand mit einer Bewegung unverschämter Besitznahme auf Tokei-ihto –, »der Skalp wird sehr gut bezahlt. Wer ihn bringt – eine Reise nach Washington und zweihundert Dollar. Ihr habt noch bis morgen früh Zeit. Die Frist gebe ich euch drein. Aber es ist besser, ihr beeilt euch. Meine Jäger kennen den Preis auch!« Red Fox wandte sich und trat wieder an Tokei-ihto heran. »Überlege auch du dir’s zum letztenmal! Müssen sie jetzt alle sterben, weil du feige bist? Als einst Pontiac, der große Häuptling, von den Weißen besiegt war, empfing er von einem seiner roten Brüder den Todesstreich, ohne Furcht zu zeigen …«
    Red Fox ging zu seinem Pferd. »Der Streich wurde auch damals gut bezahlt«, sagte er dabei zu Chef de Loup.
    »Wegen des Goldes brauchst du nicht mehr bei dem da zu bleiben. Das kannst du jetzt von uns kriegen.«
    Der Delaware vermochte nicht mehr, diesen Mann anzusehen.
    Der Feind schwang sich auf sein Pferd. Er drückte dem Tier die Sporen in die Weichen, daß es stieg. Mit der Linken führte er den Zügel, die Rechte knüllte den großen Lederhut. Ein Windstoß fuhr auf und wehte ihm durch die Haare.
    »Hundsfott!« schrie er in aufschäumender Wut zu Tokei-ihto hinüber. »Warum bist du gekommen? Bin ich eine Maus, mit der du spielen kannst, du stinkende Rothaut? Was reitest du hierher und stiehlst mir die Zeit, wenn du nicht reden willst?«
    Red Fox ließ sein Tier wieder herunter. Vielleicht war irgend etwas in den Zügen des Häuptlings vor sich gegangen, was die Krieger nicht beobachtet hatten, was aber die Aufmerksamkeit des Feindes hervorrief. »Harry …?!«
    »Ihr könnt mich haben.«
    Der Reiter auf der Fuchsstute stieß einen halb pfeifenden Laut aus. »Harry …?« Er stülpte den Schlapphut auf den Schädel, mit einer verblüfften Gebärde. »So komm.«
    »In sechs Tagen, wenn alle Krieger des Stammes und ihre Frauen und Kinder den Strom überschritten haben.
    Ich warte bei dieser Anhöhe auf dich. In Waffen. Hau.«
    Red Fox starrte den Häuptling an. »Bist du verrückt? Meinst du, ich will mit dir kämpfen?«
    »Du wirst mit mir kämpfen. Mit mir und meinen Kriegern oder mit mir allein. Wähle!«
    Red Fox versuchte zu lachen, aber es kam nur ein bellender Laut zwischen seinen Zähnen hervor. »Willst du mir Vorschriften machen, mein

Weitere Kostenlose Bücher