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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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dort finden! Vielleicht klettern wir auch in die Höhle hinein!«
    Untschida hielt die Hand vor den Mund, als ob sie erschrocken sei. »Husch, husch, das ist eine Geheimnishöhle, und ihr dürft nicht hineingehen!«
    Die Augen der Buben weiteten sich.
    »Ist es ein böser Zauber?« Hapedah legte den letzten Pfeilschaft, den er fertiggeschnitzt hatte, vorsichtig beiseite, als wollte er kein Geräusch verursachen. »Willst du uns davon erzählen, Untschida?«
    Die Alte neigte den Kopf. »Ich will euch davon erzählen, aber ein anderes Mal. Das ist eine alte und würdige Geschichte, und ihr werdet sie euch wohl merken müssen.«
    Die Gedanken der Knaben begannen sich mit dem Geheimnis zu beschäftigen, das ihnen noch verborgen blieb. Untschida holte etwas Essen für die Kinder und für sich selbst; es gab frisches Bärenfleisch, das zäh, aber für sie köstlich war. Auch Schwarzfalke nahm wieder etwas zu sich.
    Als die Knaben fertiggegessen und sich ihre fettig gewordenen Hände am Haar trockengerieben hatten, ließ sich vor dem Zelt ein schwerer Schritt und dann das Aufplumpsen einer massigen Last hören. Hapedah und Tschaske rannten hinaus. Sie begrüßten den Delawaren, der einen Hirsch erlegt und selbst heimgeschleppt hatte.
    Die folgenden Tage hatten die Jungen von morgens bis abends so viel zu tun, daß sie kaum zur Besinnung kamen, und die Sache mit der Höhle, die keinem der beiden Knaben aus dem Sinn wollte, wurde immer wieder zurückgestellt. Mit den ausgelegten Schlingen fingen die Jungen Krähen. Tschaske gelang es, den Habicht zu schießen, den Hapedah schon auf der Wanderung beobachtet hatte; der Raubvogel hatte sich eine Beute holen wollen, und als er herabgestoßen war, erreichte ihn der Pfeil des Dakotaknaben.
    Tschaske war sehr stolz, und Mongschongschah wollte ihm einen Kopfputz aus Habichtsfedern machen. Die Brüder hatten am selben Tag auch drei Hasen erlegt und so zur Nahrung des Zeltes beigetragen. Alles das aber versank vor der Möglichkeit einer Büffeljagd! Speerspitze hatte draußen auf der Prärie eine Büffelspur entdeckt, und es war beschlossen worden, daß der Häuptling in der folgenden Nacht mit einigen Männern ausziehen sollte. Man wollte nachts jagen, um verborgen zu bleiben.
    Hapedah und Tschaske hatten von ihrem Vater und Tokei-ihto die Erlaubnis erhalten, auf Schlitten mitzufahren und beim Einbringen der Beute zu helfen. Es tat nichts zur Sache, daß sie äußerlich ruhig blieben; in ihren Herzen brannte die Erwartung lichterloh.
    Uinonah machte ihnen die Schlitten zurecht. Die Kufen bestanden aus glattgescheuerten Büffelrippen, deren Enden in eine gespaltene Holzleiste eingeklemmt waren. Ohitika und die graue Wolfshündin wurden eingespannt, und so ging es beim aufblinkenden Sternenschein über die glatte Schneefläche dahin.
    Die Knaben mußten ihr Gespann zügeln, damit sie den Männern, die mit Schneereifen zu Fuß gingen, nicht davonfuhren. Die Büffelspur war bald gefunden; die Krieger vermuteten, daß sie von nicht mehr als vier Büffeln stammte. Die Tiere waren in den Schnee, der nur an der Oberfläche festgefroren war, tief eingebrochen und nur langsam vorwärts gekommen.
    Nach drei Stunden hatten die Jäger sie eingeholt und im Nachtlager umstellt. Es war eine große und freudige Erregung, weil sich ein weißer Büffel unter den Tieren befand. Die kaum erwachten Bisons wurden mit Pfeilen und Speeren schnell getötet Die Krieger häuteten die Beute an Ort und Stelle ab und zerlegten sie. Die Schlitten der Knaben wurden damit beladen.
    »Morgen bleiben wir noch«, hatte der Häuptling gesagt, als die Tiere erlegt waren, »unsere Weiber und Töchter sollen die Büffel noch bearbeiten und verpacken. Wenn aber die Sonne das zweite Mal sinkt, wandern unsere Zelte weiter. Wir haben jetzt Jagdwaffen und Fleisch genug bis hinauf zu den Prärien am Schlammwasser.«
    Die Morgennebel verhüllten noch das verschneite Land, als die Knaben mit ihren Schlitten dem Waldrand zufuhren. Unter den ersten Bäumen begrüßten die Jungen Hunde ihre Anführer Hapedah und Tschaske. Die Jungen luden das Büffelfleisch ab und ließen es von ihren Freunden zu den Tipi bringen. Sie spannten die Hunde aus, stülpten sich die Schlitten über den Kopf und trugen sie durch den Wald. Die große Schar der Knaben war schon vorausgestoben, um zu berichten, daß die Jagd geglückt war und der Delaware den weißen Büffel erlegt hatte. Hapedah Haarkämmer und Tschaske Breitbeinig aber gingen regelmäßigen

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