Über den Missouri
Schwarzfüße hatten in der wasserlosen Mulde wohl nur haltgemacht, als der Häuptling die Dakota sichtete und ihnen entgegentrat. Etwa zehn Personen saßen ohne Zelte oder Decken auf dem grasigen Boden, einige waren verwundet. Zwei Pferde weideten, und Schwarzfalke sah den schönen Schimmel wieder.
Der Anblick steigerte seinen Zorn. Er blieb mit seinen Begleitern in der Mitte der Wiesenmulde stehen. Die Frauen und Kinder der Schwarzfüße zogen sich stillschweigend zu einem größeren Kreis zurück. Sie waren alle gut gekleidet, in weiches, helles Leder mit sauber ausgeführter Stickerei. Ein Mädchen fiel dem Dakota auf, das einen toten Knaben trug. Als sie sich wieder niedersetzte und den Toten trauernd über ihren Schoß legte, blieb der Blick des Kriegers einen Atemzug lang auf ihr haften.
Tschetansapa wandte seine Aufmerksamkeit wieder seinem Gegner zu, der jetzt in Begleitung zweier Krieger vor ihn trat. Finster und mit Haß schauten die Siksikau auf die Dakota. Die Schwarzfüße waren von Langmessern und von Dakota – von Schonka und seinen Männern – überfallen worden, und es war nicht anzunehmen, daß sie viel von den Feindseligkeiten der Dakota untereinander wußten. Für die Schwarzfüße gehörten Schonka und Tschetansapa zu demselben feindlichen Stamm.
Der Schwarzfußhäuptling legte alle seine Waffen ab bis auf den Tomahawk, das Beil mit Stahlschneide. Es war die Waffe, mit der Donner vom Berge kämpfen wollte. Auch Tschetansapa gab daraufhin alle Waffen an seine Gefährten ab und behielt nur die bei den Dakota gebräuchliche Steinkeule. Sie bestand aus einem eiförmigen Stein, der an einem langen Griff aus einem doppelt genommenen starken, zugleich elastischen Weidenzweig befestigt war.
Der Schwarzfuß schritt einen großen Kreis in der Mulde ab und bedeutete mit der Geste des Skalpierens, daß jeder, der diesen Kreis verlasse, besiegt und dem Gegner verfallen sei. Tschetansapa bejahte. Er wollte nicht viel Zeit verlieren und den Kampf gleich beginnen. So trat er in den Kreis, in dem es entweder siegen oder sterben hieß. Auch der Schwarzfuß betrat ohne Zögern das abgegrenzte Kampffeld und stellte sich Tschetansapa gegenüber auf. Alle anderen Krieger hatten den Ring schon verlassen.
Da die Sonne von Osten leuchtete, hatten sich die beiden Kämpfer nord-südlich gegenübergestellt und so die Augen vor den blendenden Strahlen geschützt. Sekundenlang rührte sich keiner.
Außerhalb des Kreises standen die Freunde der Kämpfer, Dakota und Schwarzfüße. Sie hatten sich je auf der Seite desjenigen gruppiert, dessen Sieg sie wünschten. Tschetansapa aber dachte nicht mehr an den kraushaarigen Jugendgespielen, und Donner vom Berge hatte wohl seine Krieger und jene Frauen und Kinder vergessen, für die er in einer bösen Lage der letzte Schutz war.
Für die beiden, die in dem Ring standen, gab es von jetzt ab nichts mehr zu sehen als den Feind. Wer begann den Kampf? Warf er das Beil oder versuchte er den Hieb? Das waren die einzigen Fragen.
Kein Laut von menschlichen Lippen störte die gefahrenträchtige Stille. Nur das Dröhnen und helle Krachen des nicht mehr sichtbaren Eisstroms drang bis zum Kampfplatz.
Der Schwarzfuß griff an. Er setzte alles auf eine Karte und warf den Tomahawk. Er hatte nicht weit ausgeholt und seinem Feind nicht Zeit gegeben, die Art des Angriffs zu durchschauen, sondern schleuderte das Beil aus der herabhängenden Hand. Trotzdem hatte große Kraft in dem Wurf gelegen, und die Waffe sauste mit Wucht auf die kurze Entfernung gegen die Mitte von Tschetansapas Körper.
Dem Dakota blieb kaum Zeit auszuweichen. Die Schneide des schwirrenden Tomahawk riß ihm vom linken Bein etwas Haut ab. Mit kaum gehemmter Wucht flog das Beil weiter und kam erst außerhalb des abgezeichneten Kreises zu Boden. Es war ein meisterlicher Täuschungswurf gewesen. Aber er hatte keinen Erfolg gehabt, und dem Schwarzfuß war die Waffe verloren.
»Han h-h-h!« erklang es aus dem Kreis der zuschauenden Schwarzfüße.
Donner vom Berge zuckte mit keiner Miene.
Jetzt hob Tschetansapa seine Keule … und warf sie fort. Er verzichtete nach seinen indianischen Ehrbegriffen auf eine Waffe, die dem Gegner im Zweikampf nicht mehr zur Verfügung stand.
Die Gegner sprangen aufeinander zu und rangen. Tschetansapa bemerkte bald seinen Vorteil. Der linke Arm seines Gegners war in den Kämpfen am Teichlager durch Kolbenhiebe getroffen worden und begann den Dienst zu versagen. Der Dakota hoffte, den anderen
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