Ueber den Tod hinaus
nicht! Nicht in diese Wohnung, in der es nach Tod stank, in mehrerlei Hinsicht.
Zum Verlagsgebäude des Sydney Morning Herald? Moe Marxx würde ihr den Kopf abreißen, nachdem sie ihren Job in den vergangenen Tagen so sträflich vernachlässigt hatte. Und Seven fühlte sich momentan ganz und gar nicht in der Verfassung, ihm die Stirn zu bieten wie sonst. Damit schied auch der SMH als Ziel aus.
Nur, wohin dann?
Sie brauchte jemanden, der sie verstand, mit dem sie über alles reden konnte. Jemanden, der ihr half. Jemanden wie - - Darren Secada.
Vielleicht war er schon daheim. Wenn nicht, konnte sie vor dem Haus auf ihn warten. Alles war besser als heimzugehen. Denn daheim würde sie sich dort nicht mehr fühlen ...
Seven fuhr los.
Und hätte jemand gesehen, wie sie das tat, wäre sie womöglich der erste Mensch in der Geschichte Sydneys gewesen, der auf dem Parkplatz des Police Departments einen Strafzettel wegen unverantwortlicher Fahrweise bekam .
*
Darren Secada kam sich vor, als habe ihn ein Monster von Wolkenkratzergröße durchgekaut, verschluckt und ausgeschissen. Er fühlte sich sterbenselend. Müde, erschöpft, zerschlagen.
Kein Wunder .
Nachdem sie Leslie Bentwicks Leiche in Seven van Kees' Wohnung gefunden hatten, war ihm nichts anderes übriggeblieben, als die Kollegen vom Police Department zu verständigen.
Und die Jungs hatten Darren durch die Mühle gedreht (und ein paar Zimmer weiter war Seven van Kees vermutlich das gleiche Schicksal beschieden gewesen). Daß er die Nacht zuvor durchgemacht hatte, war seiner Kondition alles andere denn zuträglich gewesen. Entsprechend leicht hatten sie ihn zermürben können.
Was freilich nichts daran geändert hatte, daß Darren ihnen nur das erzählen konnte, was er wußte. Und das war letzten Endes doch erbärmlich wenig.
Das wiederum hatte die Jungs vom Department alles andere denn glücklich gemacht, nicht einmal zufrieden gestimmt.
Verständlicherweise.
Aber das war ein Problem, das Darren nicht groß zu kümmern brauchte.
Immerhin stand er gewissermaßen unter dem Schutz von höchster Stelle. Boyd Scone, der Polizeipräsident selbst, hielt quasi seine Hand über Darren Secada und dessen Tun. Lilith Eden hatte da ein wenig nachgeholfen. Über die Art und Weise, auf die es zu dieser Protektion gekommen war, war Darren zwar nicht gerade glücklich, aber er akzeptierte es, notgedrungen. Er wäre ein Narr gewesen, hätte er es nicht getan. Weil er sich andernfalls nach einem neuen Job hätte umsehen müssen ... jedenfalls, die Kollegen hatten ihn gehen lassen, nachdem er ihre Fragen nach bestem Gewissen beantwortet und die Ereignisse geschildert hatte.
Und jetzt saß Darren am Schreibtisch seines kleinen Büros im Gerichtsmedizinischen Institut und wünschte sich nichts sehnlicher als ein Bett - oder besser noch: ein Bett, das auf einer kleinen Insel am anderen Ende der Welt stand!
Jenseits der über und über mit Röntgenbildern und Obduktionsfotos beklebten Wände warteten zwei Tote darauf, daß Darren Secada sich ihrer annahm.
Ryder Maguire. Und Leslie Bentwick.
Aber Darren fühlte nicht das allergeringste Fünkchen Lust, diese Aufgabe anzugehen. Weil er wußte, was die Untersuchungen erge-ben würden: nichts. Nichts Neues jedenfalls.
Er würde lediglich feststellen, daß Ryder Maguire schon vor Monaten gestorben war, sein Leichnam aber nicht in dem Maße verwest war, wie er es hätte sein müssen. Und er würde in Leslie Bentwicks Körper kaum noch Blut finden, weil Ryder Maguire es ihr ausgesaugt hatte. Das würde er mit etwas Glück sogar beweisen können, wenn er Reste von Leslies Blut in Maguires Speiseröhre oder Verdauungstrakt fand.
Darren selbst brauchte diesen Beweis nicht, er wußte, daß es so war. Leslie Bentwick war nicht aus ihrer gemeinsamen Wohnung mit Seven van Kees ausgezogen - sie hatte in jener Nacht Besuch von Ryder Maguire bekommen, von einem Vampir, und der hatte sie zur Ader gelassen und umgebracht.
Nur nutzte Darren dieses Wissen nichts. Es brachte ihn um keinen Deut weiter. Weil es ihm nichts über die Hintergründe und Ursachen dieser gräßlichen Angelegenheit verriet, und es lieferte ihm keine Anhaltspunkte, was dagegen zu unternehmen wäre.
Das hieß, etwas gab es in dieser Sache doch, das Darren stutzig machte: Warum hatte Ryder Maguire sich das Blut von Leslie Bent-wick geholt - und Seven van Kees unberührt gelassen, zumindest in dieser Hinsicht? Weshalb hatte er Leslie getötet und Seven am Leben
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