Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
jedenfalls.«
    »Ein derartig riesiger Ozean. Und diese Leere überall.«
    »Das zwingt einem die Vermutung auf, daß es Gott geben muß, wie? Diese scheinbare Unendlichkeit.«
    Der Priester blickte Lawler bestürzt an.
    »Tut es das?«
    »Ich weiß es nicht, ich habe dich gefragt.«
    »Glaubst du an Gott, Lawler?«
    »Mein Vater glaubte.«
    »Aber wie ist es mit dir?«
    Lawler zuckte die Achseln. »Mein Vater hatte mal eine Bibel. Er las uns daraus vor. Irgendwie ging das Buch dann vor langer Zeit verloren. Oder man hat es gestohlen. Ich erinnere mich daran, aber nur wenig. Und Gott sprach, es werde ein Festes zwischen den Wassern und es scheide die Wasser von den Wassern. Und Gott nannte dies Feste Himmel... Da, diesen Himmel dort oben, richtig, Father Quillan? Hinter unserem Himmel? Und die Gewässer jenseits davon, sofern es sie gibt, die sind der Ozean des Raumes?« Der Priester starrte ihn verblüfft an. »Und Gott sprach, es sammle sich das Wasser unter der Feste an einem Orte, daß man das Trockene sehe. Und also geschah es. Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer.«
    Quillan fragte: »Sie kennen die ganze Bibel auswendig?«
    »Nein, nur eine Winzigkeit. Die erste Seite. Das ganze übrige Zeug ergab für mich einfach keinen Sinn... diese ganzen Propheten und Könige und Schlachten und so.«
    »Und Jesus?«
    »Die Geschichten mit dem waren weiter hinten. Ich bin nie bis dorthin gekommen mit Lesen.« Lawler blickte zu dem stetig davongleitenden Horizont: Blau, das sich unter anderem Blau ins Unmeßbare weiterkrümmte. »Aber da es hier kein trockenes Land gibt auf Hydros, hat Gott anscheinend für hier eine andere Schöpfungsabsicht verfolgt als bei der Erschaffung der ERDE. Meinen Sie nicht auch? Gott nannte das trockene Land ERDE. Und das nasse Land nannte er dann wohl Hydros, vermute ich. Das muß eine fürchterliche Arbeit gewesen sein, die Erschaffung all dieser verschiedenen Welten. Nicht bloß die ERDE, sondern auch jede einzelne andere Welt in der Galaxis. Iriarte, Fenix, Megalo Kastro, Darma Barma, Mentirosa, Copperfield, Nabomba Zorn, den ganzen Sack voll, die Abermillionen Planeten. Mit einer bestimmten speziellen Absicht für jede einzelne Welt, oder wozu hätte er sonst dermaßen viele schaffen sollen? Und es war doch wohl der eine gleiche Gott, oder, der sie erschaffen hat?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Quillan.
    »Aber du bist doch - Priester!«
    »Das bedeutet nicht, daß ich alles weiß. Es bedeutet nicht einmal, daß ich überhaupt etwas weiß.«
    »Glaubst du an Gott?« fragte Lawler.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Glaubst du an überhaupt irgend etwas?«
    Quillan schwieg lange. Sein Gesicht war völlig ohne Ausdruck, als wäre momentan seine Seele aus dem Körper gewichen.
    »Nein, ich glaub nicht«, sagte er dann.
    DIE SEE WIRKTE aus irgendeinem unerfindlichen Grund jetzt auf einmal flacher, als es von der Insel aus der Fall gewesen war. Die Nacht brach hier plötzlicher herein, fast schlagartig. Die Sonne sackte durch den westlichen Himmel, schwebte einen kurzen Augenblick über der Kimmung des Meeres und tauchte unter. Und praktisch gleichzeitig wurde es hinter ihnen dunkel, und das KREUZ begann aufzuleuchten.
    »Erste Wache, Essenfassen!« brüllte Natim Gharkid und trommelte auf einen Topfboden.
    Die Bootsmannschaft der Queen of Hydros war in zwei Wachen eingeteilt, die sich im Vierstundenrhythmus abwechselten. Die zu einer Wache gehörenden Exilanten nahmen ihre Mahlzeiten gemeinsam ein. Zur ersten Wache gehörten Leo Martello, Gabe Kinverson, Pilya Braun, Gharkid, Dag Tharp und Gospo Struvin; die zweite Wache setzte sich aus Neyana Golghoz, Sundira Thane, Dann Henders, Delagard, Onyos Felk, Lis Nikiaus und Father Quillan zusammen. Es gab keine gesonderte Offiziersmesse; Delagard, der Reeder, und Struvin, sein Kapitän, aßen mit den übrigen in der Kombüse. Lawler, der keine festen Arbeitszeiten hatte, sondern ununterbrochen im Dienst war, unterlag als einziger nicht dieser Einteilung. Das kam seinem persönlichen Biorhythmus entgegen: Er konnte seine Morgenmahlzeit in der Dämmerung mit der zweiten Wache, das Abendessen mit der ersten bei Sonnenuntergang einnehmen. Aber es verlieh ihm auch ein seltsames Gefühl der Ungebundenheit, so als gehörte er nicht wirklich dazu. Bereits jetzt, in den ersten Tagen der Reise, begannen die zu den zwei Wachen gehörigen Passagiere so etwas wie Teamgeist zu entwickeln, und Lawler gehörte zu keinem der beiden

Weitere Kostenlose Bücher