Über den Zufall - Jean Paul, Hölderlin und der Roman, den ich schreibe
Hospes) natus Sielmingae, d. 19. May 1769. Patre Pastore.
3. Eberhard Frid. Schweickhard, natus Pfullingae d. 27. Sept. 1770. Padre quandam Physico.
4. August Frid. Klüpfel, n. Stuttgardiae d. 13. Dec. 1769. Padre Archigrammateo.
5. Christj. Guiliel. Fleischmann, n. Stuttgard. d. 3. Juny, a. 1770. Padre Consiliario Expeditionum.
6. Ludov. Frid. Stahlegger, n. Metterzimmerae, d. 12. Mart. a. 1770. Padre quandam Metterzimm Pastore.
7. Joann. Frid. Conr. Friz, n. Aichschiessae, d. 26. Nov. 1769. Padre Pastore.
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Und so weiter. Der dreizehnte von neunundzwanzig Schülern, die am 20.Oktober 1784 in der niederen Klosterschule Denkendorf in die Promotion eintraten, trägt den Namen Johann Christian Friedrich Hölderlin, wurde geboren in Lauffen am 20. März 1770 als Sohn eines Klosterhofmeisters. Wie Gott es verbietet, Seinen Namen auszusprechen, müssen die Vergänglichen beim Namen gerufen werden, um ihre Vernichtung noch ein, zwei weitere Generationen hinauszuzögern – oder ewig, wenn der Zeuge Friedrich Hölderlin heißt. In dem Roman, den ich schreibe, hat ein Großvater, der kein Dichter wie Hölderlin war, ebenfalls jeden Mitschüler, Lehrer, Kommilitonen, Freund und Arbeitskollegen aufgezählt, an dessen Namen er sich Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts noch erinnerte – kein Wunder, daß kein Verlag sein Buch veröffentlichen wollte, das er als Achtzigjähriger noch so beseelt schrieb. Die Kapitel über seine Schule in Isfahan hat der Großvater zum Beispiel damit begonnen, Klasse für Klasse sämtliche Fächer und Unterrichtszeiten aufzulisten. Von den meisten Lehrern ist auch zu erfahren, wie die Väter hießen.
1. Der verstorbene Mirza Mohammad Taghi Adib Tusi (Rektor)
2. Der verstorbene Mirza Abdola’emmeh, genannt Sadr ol-Af â zel (Korektor)
3. Der verstorbene Scheich Mohammad Hossein Fazel Tuni (Arabisch)
4. Der verstorbene Mirza Mohammad Schafi í , Sohn des verstorbenen Hadsch Mirza Yahya (Persisch und Schrift)
5. Der verstorbene Mirza Mohammad Hossein, Sohn des verstorbenen Hadsch Mirza Yahya (Persisch)
6. Der verstorbene Abdolhossein Chan Zanyani (Englisch)
7. Der verstorbene Massih Chan Molabbas Balbas Nezam-e Waqt (Militärisches Training, Schwert und Gewehr)
8. Der verstorbene ...
und so weiter, alle tot, alle nur noch Namen, die der Enkel abschreibt, damit zwei weitere Generationen noch etwas übrig bleibt von ihnen und sie in einem anderen Land, einer anderen Sprache eine Spur zurücklassen auf Erden. Ach! und die Seele kann immer so voll Sehnens seyn, bei dem, daß sie so muthlos ist.
Oft ist es gerade der Überschuß, den die Leseausgabe sichtbar macht, wegen dem ich manche Texte wieder und wieder lese, etwa die Überarbeitungen, insofern sie Überarbeitungen sind, also warum Hölderlin diese Metapher gegen jene ausgetauscht hat; oder die Nervosität, die ihn packt, weil er in einer Gedichtzeile eine falsche Reimzahl entdeckte (wenn Schiller das liest!), und nun will er den Verleger unbedingt noch erreichen, bevor das Gedicht erscheint, aber zu nervös darf er auch nicht wirken, das wirkte bei einem Nachwuchsdichter verbissen. Selbst die frühen Gedichte, die man gegen alle Hölderlin-Idolatrie nicht für bemerkenswert halten muß, werden interessant durch die Briefe, die in der Leseausgabe unmittelbar vorangestellt sind oder folgen. So schreibt Hölderlin Ende August 1792 seine »Hymne an die Liebe«:
Froh der süßen Augenwaide
Wallen wir auf grüner Flur;
Unser Priestertum ist Freude,
Unser Tempel ist die Natur;
Heute soll kein Auge trübe,
Sorge nicht hienieden sein!
Jedes Wesen soll der Liebe sein,
Frei und froh, wie wir, sich freun! 6
Solche Seligkeit mit Ausrufezeichen wäre nicht auszuhalten. Zur selben Zeit teilt Hölderlin jedoch seinem Freund Neuffer mit:
So siz ich zwischen meinen dunklen Wänden, und berechne, wie bettelarm ich bin an Herzensfreude, und bewundre meine Resignation. 7
Der Riesenraum zwischen dem Gedicht und dem gleichzeitigen Brief birgt viele Schwingungen, das Wesen einer Poesie, die persönliche Empfindungen ausschaltet bis hin zur Abstraktion, ebenso wie die Generation, die den Schmerz wie eine Ausgehuniform trägt. Nebenbei bemerkt ist eine Formulierung wie »Bewundre meine Resignation« sowieso bewunderungswürdig. Manchmal mußte ich laut lachen, etwa wenn in den herzzerreißenden »Klagen« des Liebenden hinter dem Namen Stella in Klammern stets Fanny steht, wie die Angebetete in
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