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Ueber Depressionen spricht man nicht

Titel: Ueber Depressionen spricht man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelin Fortte
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Rehabilitation in einer psychosomatischen Klinik, der auch relativ schnell genehmigt wurde.
    Jetzt schöpfte ich neuen Mut. Obwohl ich nicht wusste, was in einer psychosomatischen Klinik ablief, war ich doch erleichtert, dass mir stationär geholfen wurde. Der Antrag wurde sofort mit 6 Wochen angesetzt, die ich aus meinem privaten Umfeld gerissen werden würde. Das war schon erst mal ein Schock. Aber mir sollte ja geholfen werden und eine andere Alternative gab es für mich nicht.
     
    In meinem normalen Umfeld und nur mit einer ambulanten Therapie wäre ich wahrscheinlich heute nicht mehr am Leben.
    Also fuhr ich mal wieder zur Rehabilitation, nur, dass es dieses Mal eine andere sein würde als die vorherigen Kuren. Dort angekommen, fand ich es schon ein bisschen trostlos. Ein riesengroßer Klotz aus den 70iger Jahren, der zudem auch noch renoviert wurde und in einem einheit-lichen Grau-in-Grau majestätisch auf einem Berg außerhalb der Stadt thronte. Alles kam mir so anonym und unübersichtlich vor. Man wurde zwar empfangen, dann aber mit allem anderen alleingelassen. So musste man sich über die kleinsten Tücken des Alltags durchfragen. Mein Zimmer war sehr spartanisch und unsauber eingerichtet. Aber es wurde mir gleich bei der Ankunft gesagt, dass ich meine Koffer nicht auszupacken brauchte, da ich eine Woche später in ein neu renoviertes und großes Zimmer ziehen würde. Also lebte ich eine Woche aus dem Koffer. Das war ja noch das kleinere Übel.
    Die Eingangsuntersuchung lief recht salopp ab. Auch da eröffnete mir meine (eigentlich) behandelnde Stationsärztin, dass sie jetzt erst mal 3 Wochen in den Urlaub ging. Also erster Ansprechpartner ade. Warum nahm dann überhaupt sie mich auf und nicht ein anderer Arzt? Danach hatte ich das Aufnahmegespräch mit meinem zukünftigen Therapeuten. Also ging das gleiche Prozedere von vorn los. Alles nochmal erläutern, wieso weshalb warum. Sämtliche Gedanken und Gefühle kamen sofort wieder. Ich wollte nur noch heim. Ansonsten war er ein netter und ausgeglichener Therapeut. Nur, was sollte ich sechs Wochen mit ihm anstellen, wenn alles schon bei der Aufnahme gesagt war?! Ich zweifelte, ob ich da richtig war.
    Man sollte gar nicht glauben, was die Therapeuten für eine Art an sich haben, den Patienten noch den letzten kleinen Rest an Zweifel und Unsicherheit herauszukitzeln. Ich war überwältigt.
    Das größte Problem sollte auch nicht lange auf sich warten lassen. Denn die Umbaumaßnahmen dieser Klinik liefen auf Hochtouren. Von morgens 08.00 Uhr bis abends 17.00 Uhr ständiges Bohren, Hämmern, Klopfen.
    In der Mittagspause war mal eine Stunde Ruhe. Nur die konnte man in den wenigsten Fällen nutzen, weil andere Therapien anstanden.
    Wie sollte man bei diesem Lärm gesund werden! Man war mit großen Problemen gekommen, um sie loszuwerden und bekommt größere Probleme vor die Füße gesetzt. Gott sei Dank wurde das Wetter immer besser und wärmer, sodass unsere Gesprächstherapien nach draußen verlegt werden konnten. Es durfte ja keine Therapiestunde ausfallen. Da war manchmal richtige Logistik vonnöten. Wir waren ja nicht die einzige Gruppe, die Therapien hatte. Es gab unzählig viele Gruppen, die zur gleichen Zeit Gruppentherapie hatten. Wir waren ca. 10 Mann in einer Gruppe und hatten so ziemlich dieselben Probleme. Die einen mehr, die anderen weniger stark ausgeprägt.
    Ich war diejenige, mit dem größten Arbeitsplatzproblem. In vielen Situationen, die zur Sprache kamen, sah ich mich wieder. Und alles kam in mir wieder hoch. Somit verweigerte ich das Sprechen. Ich zog mich wieder zurück, wie ein trot-ziges Kind. Oder ich begann zu weinen. Und als der Therapeut mir noch vorschlug, nach meiner Rehabilitation doch noch für die letzten 6 Wochen bis zu meiner Kündigung (ich hatte ein halbes Jahr Kündigungsfrist) zurück in die Firma zu gehen und meinem Chef die Stirn zu bieten, brach alles in mir zusammen. Lieber hätte ich mich aus dem 7. Stock (mittlerweile hatte ich das neue große Zimmer bezogen) gestürzt, als dort nochmal aufzulaufen. So viel Ehre hatte ich im Leib, um diesem Menschen nie wieder unter die Augen zu treten.
    Eine zweite Alternative, die mir angeboten wurde, war, mich nach der Rehabilitation weiter als arbeitsunfähig zu entlassen. Allerdings mit der Option, dass ich mich weiter in Behandlung begab. Das habe ich dann dankend angenommen. Als mir dieses zugesichert wurde, begann ich dann auch fleißig in meinen Therapien mitzuwirken.

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