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Ueber Depressionen spricht man nicht

Titel: Ueber Depressionen spricht man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelin Fortte
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es besser wurde, wurde es auch wieder schlimmer. Dann wurde ich krank geschrieben. Nach zwei Wochen ging es mir besser und ich kam wieder zur Arbeit. Keine Woche später fing die Psoriasis wieder an. Der Juckreiz war unerträglich. Ich kratzte mir die Haut vom Körper, bis aufs Blut. Dazu kamen noch die unerträglichen Schmerzen von den blutenden Wunden.
    Jeder Mensch auf der Straße fragte, wenn die Hände verbunden waren, was ich denn hätte. Und wenn sie mal nicht verbunden waren, kamen verächtliche Blicke. Ich fühlte mich wie eine Aussätzige.
    So war es dann auch an der Arbeit. Ich wollte mit keinem Menschen darüber reden, nur um nicht damit konfrontiert zu werden. Dann immer noch die Angst im Nacken, wieder etwas falsch zu machen. Obwohl ich schon sehr lange in diesem Beruf Erfahrung hatte und sehr routiniert war. Aber dieser aufbrausende Jähzorn des Chefs trieb mich fast in den Wahnsinn. Es ging mir ja nicht nur allein so. Auch andere Kollegen waren davon betroffen. Aber einige konnten damit umgehen und ihm sogar Paroli bieten. Nur ich konnte das nicht. Ich war noch so erzogen worden, dass man einem Chef nicht widerspricht. Und das wusste er und nutzte jede erdenkliche Situation aus, um die Schwächeren zu denunzieren. Darin lag seine Stärke.
    Ich wurde immer häufiger wegen der Psoriasis krank. Musste immer stärkere Medikamente zu mir nehmen, bis hin zu MTX . Dieses Höllenzeug machte meinen Magen kaputt, so dass ich ohne Medikamente kaum etwas zu mir nehmen konnte, ohne Magenschmerzen bzw. Sodbrennen zu bekommen. Ich musste öfter zur Gastroskopie.
    Mehrere Male wurde ich zur Kur geschickt, wo meine Schuppenflechte zum Teil erfolgreich behandelt wurde. Es tat auch einfach mal gut, von der Arbeit weg zu sein und sich endlich unter Leidensgenossen nicht mehr verstecken zu müssen oder dumme Fragen zu beantworten. Da konnte man untereinander seine Erfahrungen austauschen. Natürlich stand im Vordergrund die Behandlung mit Solebädern, Balneo-Fototherapie sowie Salben und Tinkturen. Nach vier Wochen war man ein anderer Mensch und konnte voller Selbstbewusstsein wieder in den Alltag zurückkehren. Dachte ich.
    Doch die Realität sah mal wieder anders aus. Zwei Wochen an der Arbeit und den Chef im Nacken, fing die Prozedur von vorne an. Ich wurde dann später in eine Hautklinik nach Bayern geschickt. Dort tat man auch nichts anderes als in den Rehakliniken. Ich wurde natürlich wieder als arbeitsfähig nach Hause geschickt. So ging es viele Jahre. Nur nach der Ursache wurde nicht einmal geforscht. Es war Schuppenflechte und damit basta.
    Also begab ich mich immer wieder von Neuem in die Höhle des Löwen und zeigte immer mehr Schwächen. Selbst die Kollegen merkten meine Veränderung.
    Früher war ich ein lebenslustiger, immer gut gelaunter Mensch gewesen, der die Menschen zum Lachen brachte und mitriss. Ich hatte für jeden immer ein liebes Wort auf den Lippen.
    Nur als bei mir die Veränderung vonstattenging, ich nicht mehr lachte, sogar in Tränen ausbrach und Nervenzusammenbrüche bekam, stand keiner meiner Kollegen mir zur Seite und nahm mich mal in den Arm. Weil jeder Angst hatte, der Chef könnte etwas merken. Mitleid und Trost konnten nicht geduldet werden. Stattdessen kamen solche Sprüche: „Lass dich nicht so gehen!“, „Was ist mit dir los, bist nicht mehr die Alte!“, „Such dir professionelle Hilfe, man kann es nicht mehr mit ansehen!“ Dümmer konnten die Sprüche nicht kommen. Sie zogen mich immer weiter runter. Keine Nacht schlief ich mehr durch, hatte Albträume und Angstzustände. Morgens stand ich wie gerädert auf und weinte, weil ich wieder dahin musste, wo mir so wehgetan wurde.
    Ich nahm 20 kg ab, konnte nichts mehr essen. Wurde immer blasser und kränker. Dann musste mir noch die Gallenblase entfernt werden, also wieder krank. Und immer im Hinterkopf die quälende Angst.
    Mit niemandem konnte ich reden. Keiner verstand mich. Mein Mann kam abends fix und fertig nach 13 Stunden auf dem Lkw nach Hause. Da konnte ich ihm natürlich nicht auch noch die Ohren vollheulen, wie schlecht es mir ging. Zumal er sich auch keine Sorgen machen sollte. Und das hätte er garantiert getan.
    Meine Kinder (mittlerweile erwachsen) hielt ich auch außen vor, obwohl unsere Tochter auch Krankenschwester ist, oder vielleicht gerade deshalb. Von ihr bekam ich immer nur zu hören, ich solle mich nicht so anstellen. Woher sollte sie auch erahnen, wie schlecht es mir ging und was die Ursache dafür war.

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