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Ueber Depressionen spricht man nicht

Titel: Ueber Depressionen spricht man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelin Fortte
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ich wieder zu meinem behandelnden Arzt. Er legte eine neue Medikation fest. Allerdings sollte ich Geduld haben. So schnell würden die Tabletten bei dieser Schwere der Depression nicht zu wirken anfangen. Im Nachhinein, durch die Gespräche und Einzeltherapiegespräche kam heraus, dass ich schon seit 1999 an Depressionen gelitten haben musste. Daher rebellierte auch meine Haut. Also waren die ganzen anderen Kuren, Rehas und Krankenhausaufenthalte, in denen ich gegen die Psoriasis behandelt worden war, für die Katz gewesen. Denn die Ursache war ja eine ganz andere. Und die galt es jetzt zu beheben.
     
     
     
     

Es sollte ein ganz schwerer und steiniger Weg werden
     
     
    Ich musste mindestens ein Mal in der Woche zu meinem Psychiater. Dieser wollte sehen, wie die Medikamente anschlugen, wenn sie anschlugen. Ganz im Vordergrund sollte natürlich mein Stimmungsbild stehen, welches er genau analysierte. Es wurde nicht besser.
    Letztendlich sollte ich mir noch unterstützende Hilfe bei einer Psychologin holen. Diese sollte mich in Einzelgesprächen therapieren. Denn zu Gruppengesprächen war ich nicht bereit. Ich hatte immer noch Angst, unter Leute zu gehen. Von meinem behandelnden Arzt bekam ich die Medikamente und meine Psychologin sollte mich in Einzelgesprächen therapieren. Ich verstand die Welt nicht mehr. Wie konnte das funktionieren? Es schlug doch nichts an.
    Aber von Woche zu Woche wurde es besser. Ich ging zwar immer noch mit Skepsis zu meiner Therapeutin, aber nach der einen Stunde war ich wie befreit. Ich konnte reden, was mir auf der Seele brannte und es verstand mich jemand. Niemand lachte mehr über mich.
    Irgendwann riefen mich dann mal Kollegen an und erkundigten sich nach meinem Befinden. Da konnte ich das erste mal erhobenen Hauptes sagen, dass ich mir professionelle Hilfe an meine Seite geholt hatte und es mir schon ein wesentliches Stück besser ging. Das hätte ich lieber sein lassen sollen, obwohl sie mir das immer geraten hatten. In dem Moment war jeder stolz auf mich. Und ich war es auch. Nun war ich die erste Kollegin, die es gewagt hatte, zu einem Psychiater und einer Psychologin zu gehen. Eine, die sich outete. Das sollte nicht ohne Folgen bleiben.
    Im Januar klingelte die Post an meiner Tür und übergab mir ein Einschreiben.
    Ich schaute nur auf das Kuvert und den Stempel und schon wusste ich, was es geschlagen hatte: die Kündigung!!!
    Nach fast 19 Jahren Betriebszugehörigkeit wurde ich weggeschmissen wie eine alte Aktentasche. Nur weil ich mich krank machen ließ von Leuten, die kein Gewissen haben. Und nur weil man zugibt, professionelle Hilfe geholt zu haben, weil man es allein nie geschafft hätte. Nein, solche kranken Leute brauchte kein Betrieb. Die waren doch nicht mehr tragbar und eine große Gefahr für den Betriebsablauf. Es wäre auch eine Schande für den Chef, wenn er solche Leute in seiner Firma weiter beschäftigte. Depressionen hätten ja ansteckend sein können.
     
    Und man war einfach nichts mehr wert. Wer in unserer Gesellschaft kein breites Kreuz hatte, hatte in dieser nichts mehr zu suchen. Nur funktionstüchtige Menschen brauchte das Land. Es hätte ja auch passieren können, dass sich andere Kollegen outeten und den selben Weg gingen. Was wollte eine solch renommierte Institution mit „Verrückten“?
     
    Als dieser Brief kam, teilte sich der Boden unter meinen Füßen. Das Loch wurde immer größer. Keine Medikamente und Therapien schlugen mehr an. Ich wurde wieder von Angstzuständen und Panikattacken geschüttelt. Selbst meine Therapeuten waren ratlos. Die Medikation wurde raufgesetzt. Aber so konnte es einfach nicht weitergehen. Ich machte mich selbst kaputt, zweifelte wieder nur an mir.
    Und wieder redete ich zu Hause mit keinem. Meine Familie nahm die Kündigung gelassen hin. Sie sprach mir Mut für neue Aufgaben zu. Und vor allem könnte ich doch jetzt endlich mit der alten Ära abschließen, die mich so lange krank und kaputtgemacht hatte. Jetzt würde es aufwärts gehen.
    Aber so einfach war es nicht. Es war leichter gesagt als getan. Die anderen hatten ja gut reden. Aber was wurde aus mir? Wie sah es in meiner verwundeten Seele aus?
    Jetzt, wo ich nicht mehr konnte und nur noch ein körperliches Wrack war, wurde ich einfach entsorgt.
    Ich nahm immer mehr an Kilos ab, war nur noch ein Schatten meiner selbst.
    Ich blieb weiter krankgeschrieben. Nun hatte ich nichts mehr zu verlieren. Meine Therapeuten stellten sofort einen Eilantrag auf

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