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Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Germaine de Staël
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Königin dringen herein
mit Zeichen des Entsetzens, ihnen folgt der Sherif).

    Maria.
Was ist dir, Hanna? – Ja, nun ist es Zeit!
Hier kommt der Sherif, uns zum Tod zu führen.
Es muß geschieden seyn! lebt wohl!
    (Ihre Frauen hängen sich an sie mit heftigem Schmerz;
zu Melvil).
    Ihr, werther Sir, und meine treue Hanna,
Sollt mich auf diesem letzten Gang begleiten.
Milord versagt mir diese Wohlthat nicht!

    Burleigh.
Ich habe dazu keine Vollmacht.

    Maria.
Wie?
Die kleine Bitte könntet ihr mir weigern?
Habt Achtung gegen mein Geschlecht! Wer soll
Den letzten Dienst mir leisten! Nimmermehr
Kann es der Wille meiner Schwester seyn,
Daß mein Geschlecht in mir beleidigt werde,
Der Männer rohe Hände mich berühren! 

    Burleigh.
Es darf kein Weib die Stufen des Gerüstes
Mit euch besteigen – Ihr Geschrei und Jammern –

    Maria.
Sie soll nicht jammern! Ich verbürge mich
Für die gefaßte Seele meiner Hanna!
Seid gütig, Lord. O trennt mich nicht im Sterben
Von meiner treuen Pflegerin und Amme!
Sie trug auf ihren Armen mich ins Leben,
Sie leite mich mit sanfter Hand zum Tod.

    Paulet (zu Burleigh.)
Laßt es geschehn.

    Burleigh.
Es sey.

    Maria.
Nun hab' ich nichts mehr
Auf dieser Welt –

(Sie nimmt das Crucifix, und küßt es).
    Mein Heiland! Mein Erlöser!
Wie du am Kreuz die Arme ausgespannt,
So breite sie jetzt aus, mich zu empfangen.

    (Sie wendet sich zu gehen, in diesem Augenblick begegnet ihr
Auge dem Grafen Leicester, der bei ihrem Aufbruch
unwillkührlich aufgefahren, und nach ihr hingesehen. –
Bei diesem Anblick zittert Maria, die Knie versagen ihr, sie ist
im Begriff hinzusinken, da ergreift sie Graf Leicester, und
empfängt sie in seinen Armen. Sie sieht ihn eine Zeitlang ernst
und schweigend an, er kann ihren Blick nicht aushalten,
endlich spricht sie).

    Ihr haltet Wort, Graf Lester – Ihr verspracht
Mir euren Arm, aus diesem Kerker mich
Zu führen, und ihr leihet mir ihn jetzt!

    (Er steht wie vernichtet. Sie fährt mit sanfter Stimme fort).

    Ja, Lester, und nicht bloß
Die Freiheit wollt ich eurer Hand verdanken.
Ihr solltet mir die Freiheit theuer machen,
An eurer Hand, beglückt durch eure Liebe,
Wollt' ich des neuen Lebens mich erfreun.
Jetzt, da ich auf dem Weg bin, von der Welt
Zu scheiden, und ein sel'ger Geist zu werden,
Den keine ird'sche Neigung mehr versucht,
Jetzt, Lester, darf ich ohne Schaamerröthen
Euch die besiegte Schwachheit eingestehn –
Lebt wohl, und wenn ihr könnt, so lebt beglückt!
Ihr durftet werben um zwei Königinnen,
Ein zärtlich liebend Herz habt ihr verschmäht,
Verrathen, um ein stolzes zu gewinnen,
Knieet zu den Füßen der Elisabeth!
Mög' euer Lohn nicht eure Strafe werden!
Lebt wohl! – Jetzt hab' ich nichts mehr auf der Erden!

    Nach dem Abgang der Maria, bleibt Leicester allein. Scham und Verzweiflung machen ihn sprachlos; endlich stammelt er Worte, bricht in Vorwürfe gegen sich aus; jetzt lauscht er, horchet, hört was unter ihm vorgeht, und wie das Beil fällt, zuckt er zusammen und sinkt ohnmächtig nieder. Später im Stücke erfährt man, daß er zu Schiffe und nach Frankreich gegangen. Elisabeth verliert ihren Geliebten, und dieser Verlust ist die erste Strafe ihrer Blutschuld.
    Ich werde nun noch über diese unvollkommene Zergliederung eines Stücks, dem die Harmonie und der Reiz der Verse einen neuen ungemeinen Werth beilegt, einige Anmerkungen machen. Ich weiß nicht, ob man es sich in Frankreich erlauben würde, eine an sich entschiedene Situation zum Gegenstand eines ganzen Acts zu machen; so viel aber ist gewiß: diese Ruhe des Schmerzes, die aus der Hoffnungslosigkeit entsteht, erregt die wahresten, die tiefsten Rührungen. Diese feierliche Stille gestattet dem Zuschauer, wie dem Opfer in sich selbst herabzusteigen, und in seinem Innersten alles zu fühlen, was das Unglück allein offenbaren kann.
    Die Beichte, und vor allem das Abendmahl, dürfte mit Grund verwerflich seyn, nur nicht aus dem Grunde, daß beide ihre Wirkung verfehlen; denn das Pathetische, was sich auf eine Nationalreligion gründet, tritt dem Herzen so nahe, daß nichts rührender, erschütternder seyn kann. Das erste Land der Catholicität, Spanien, und Spaniens religiösester Dichter, Calderon, der selbst in den Priesterstand getreten war, haben christliche Gegenstände und Feierlichkeiten auf die Bühne gebracht und auf der Bühne geduldet.
    Ich sollte denken, man könnte sichs erlauben, ohne die Ehrerbietung, die man der christlichen Religion schuldig ist, aus den

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