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Ueber die Liebe und den Hass

Ueber die Liebe und den Hass

Titel: Ueber die Liebe und den Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachida Lamrabet
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Segen nicht gegeben hätte, würdest du mich dann etwa nicht heiraten?«
    »So ist mein Vater nicht, er ist kein ungerechter Mensch.«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    Katja konnte einen sehr eindringlich ansehen, und ich konnte von Glück sagen, dass meine Eltern bereit waren, meine Entscheidungen zu akzeptieren. »Ich bitte ihn nicht um sein Einverständnis, ich möchte nur, dass er hinter meinen Entscheidungen steht, dass er sich für mich freut.«
    Sie hob die Hände hoch.
    »Katja, tu jetzt bitte nicht so, als würdest du das alles nicht verstehen. Würde dir es gefallen, wenn deine Eltern nicht hinter unserer Hochzeit stünden?«
    »Hier geht es immerhin um mein Leben, und ich verhandele nicht darüber, wie ich es gestalte; ich teile es höchstens mit. Und diese Freiheit werde ich nicht aufgeben, für niemanden, nicht einmal für meine Eltern. Dir fehlt einfach der Mumm, dein Leben komplett selbst in die Hand zu nehmen!«
    »Du verstehst mich wirklich nicht, stimmt’s?« Jetzt wurde auch ich sauer.
    Wir hatten öfter Diskussionen über die Familie, über Werte und Traditionen. Vieles davon war für sie nur überflüssiger Ballast. Sie wollte nicht die Verantwortung für Dinge tragen, von denen sie selbst nicht wusste, wie sie sie aufrechterhalten und weitergeben sollte, und vor allem wollte sie von ihrer Eigenständigkeit nichts einbüßen. Als ob das überhaupt zur Debatte stünde. Ich wollte einfach niemanden brüskieren und versuchte den goldenen Mittelweg zu finden.
    Ich war der festen Überzeugung, dass sich das alles wieder einrenken und unsere Liebe siegen würde. Gemeinsam hatten wir so manchen Vorurteilen getrotzt, und das hier würden wir auch schaffen, dachte ich.
    »Du kannst ruhig zugeben, dass du dich noch immer an eure Stammestraditionen gebunden fühlst.«
    Manchmal konnte sie ziemlich schroff sein.
    »Höre ich da etwa deinen Vater reden? Ist das bei euch vielleicht genetisch bedingt? Denn falls das so sein sollte, hätte ich das gern gewusst, bevor wir hier weitermachen«, war meine trockene Antwort.
    Sie stand auf und lief weg.
    Ihr Vater hatte seine eigene, spezielle Art, seine Meinung über mich kundzutun. Er ließ keine Gelegenheit aus, mir die absurdesten Klischees um die Ohren zu hauen.
    »Du wirst meine Tochter doch nicht etwa wie eine Haussklavin halten? Muss sie viele Kinder für dich kriegen?«
    Er kicherte, weil er sich unglaublich frech fand. Doch ich schätzte seine Art von Humor nicht sonderlich. Beim ersten Mal war es noch ganz lustig, doch als er zum wiederholten Mal solche Plattitüden von sich gegeben hatte, verging mir das Lachen, und ich versuchte, auf meine Art darauf zu reagieren.
    »Nein, sie muss nicht viele Kinder kriegen, kein einziges darf sie kriegen, denn das verbiete ich ihr. Das ist eine Aufgabe, die ich mir für meine Zweit- oder sogar Drittfrau vorbehalte. Aber das ist noch Zukunftsmusik, erst hängt einmal alles davon ab, welche Karriere ich in meiner Firma mache. Aber da bin ich recht zuversichtlich, ich habe bereits einen Dienstwagen und ein Firmenhandy, es läuft also alles richtig. So kann Katja meine Frau für die Liebe bleiben. Sie ist nicht zum Gebären gemacht. Davon werden Frauen nur alt und hässlich, und das will ich auf gar keinen Fall.«
    Die letzten Spuren des Grinsens, die sich noch in seinem Gesicht abzeichneten, verschwanden blitzartig.
    »Haben Sie gewusst, dass Mutterschafe nicht mehr gegessen werden? Kaum haben sie ihr erstes Lamm, schmeckt ihr Fleisch ranzig, furchtbar eklig. Sozusagen dasselbe Prinzip.«
    Er konnte meinen Humor ebenso wenig goutieren.
    Aus der Küche tauchte nun eine bedenklich schauende Mutter mit einem Geschirrtuch in der Hand auf.
    »Ist es, ähm, ist es bei euch immer noch sehr beliebt, mehrere Frauen zu haben?«
    »O ja, sogar sehr. Besonders als ältester Sohn hat man mancherlei interessante Vorrechte. Aber es besteht zugleich auch die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass die Nachkommen gut versorgt sind. Eine schwere Aufgabe, aber ich stelle mich der Verantwortung.«
    Ich konnte sehen, wie die Verwirrung von Katjas Vater zunahm. Ihrer Mutter war es nicht bewusst, dass sie mich mit offenstehendem Mund entsetzt anstarrte. Ich wusste, dass ich mit dem Feuer spielte, denn die Spannung im Wohnzimmer war deutlich zu spüren. Und dennoch wollte ich noch eins draufsetzen. Katja rückte näher zu mir und puffte mich in die Seite.
    Mir war klar, dass es ihnen viel lieber gewesen wäre, ihre Tochter hätte

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