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Ueber Gott und die Welt

Ueber Gott und die Welt

Titel: Ueber Gott und die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Spaemann
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Hervorbringung der Schöpfung vorausgeht und die »vor ihm spielt«. Gott wird als reines, sich selbst transparentes Licht gedacht. In diesem Licht ist Gott sich selbst wissend, wie Aristoteles sagt. Das heißt aber: Gott hat ein vollkommen adäquates Bild von sich selbst. Ein vollkommenes Bild Gottes kann nur ein Bild sein, das selbst wieder Gott ist.
    Und was bedeutet die dritte Person Gottes?
    Wenn der Logos Gott als sein eigener Gedanke ist, dann ist das
hagion pneuma
, der Heilige Geist, Gott als Gabe, in der er sich selbst dem Sohn, dem Logos, übereignet, der diese Gabe weitergibt an die Jünger Jesu.
    Die Trinitätslehre musste verschiedene Fassungen der Evangelien zusammenbringen. Es dauerte über 300 Jahre, bis eine für die antike Christenheit akzeptable theologische Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes feststand. Ist sie für Nicht-Christen nachvollziehbar?
    Das müsste sie eigentlich sein. Nun bin ich kein Theologe, und mein »Personen«-Buch ist kein theologisches Buch. Wenn es sich auf die christliche Trinitätslehre beruft, dann deshalb, weildie Struktur, die in dieser Lehre entwickelt wurde, für den westlichen Personbegriff maßgebend war. Es gilt übrigens für viele philosophische Theoreme, dass sie säkularisierte Theologumena sind. Die Frage, was aus ihnen wird, wenn der theologische Hintergrund verdunstet, ist offen. Das gilt zum Beispiel auch für den Begriff der Menschenwürde.
    Was die Christologie betrifft, so möchte ich hier eine Bemerkung einflechten, die die Theologie selbst betrifft. Unter Theologen spricht man heute gern von einer »Christologie von unten«. Man meint damit eine Christologie, die nicht mit der Präexistenz des ewigen Logos beginnt, der eine Menschennatur annimmt, sondern mit dem Menschen Jesus, der zu Gott aufsteigt. Die Gottesbeziehung Jesu wird – nach Analogie derjenigen der Mystiker – so beschrieben, dass man sagen kann: Dieser Mensch war vollkommen eins mit Gott.
    Es ist aber die Frage, ob das, was »Gottheit Jesu« meint, damit wirklich erreicht wird. Das Ganze wird auf diese Weise zu einem Gegenstand der Religionspsychologie. Man versteht dann gern die Taufe Jesu im Jordan als Berufungserlebnis, das mit der Inkarnation gleichgesetzt wird. Dieser Versuch scheitert indessen an der Tatsache, dass Christen ein Baby in der Krippe anbeten, das noch gar keiner religiösen Akte fähig ist und von dem es im Lied von Paul Gerhardt heißt: »Als ich noch nicht geboren war, da warst du mir geboren.«
    Im vorletzten Kapitel Ihres Buches greifen Sie das Thema »Versprechen und Verzeihen« auf. In dem anderen Buch »Glück und Wohlwollen« hatten Sie schon einmal über »Verzeihen« geschrieben. Warum diese Wiederholung?
    Es handelt sich um keine Wiederholung, weil ganz neue Aspekte hinzukommen. Im früheren Buch versuche ich zu zeigen, dass Verzeihen ein wesentliches Desiderat der Ethik ist.
    Im »Personen«-Buch geht es mir darum, deutlich zu machen, dass Verzeihenkönnen und Versprechenkönnen das Wesen der Person am besten zum Ausdruck bringen. Im Verzeihen gebe ich dem anderen die Möglichkeit, sich nicht durch das zu definieren, was er getan hat. Ich kann ihm sagen: »Ich erlaube dir, ein anderer zu sein, als derjenige, der du warst, als du mich verletzt hast.« Ich kann mir das nicht selbst erlauben.
    Man kann sich auch nicht selbst verzeihen. Manche Leute sagen: »Das kann ich mir selbst nicht verzeihen.« Eine törichte Redensart. Ich bin auf die Verzeihung durch einen anderen angewiesen. Anspruch auf Verzeihung habe ich nicht. Jede Schuld bringt mich in die Lage, auf Verzeihung angewiesen zu sein.
    Wenn ich einen Menschen verletzt habe, wäre es eine Unverschämtheit, ihm zu erklären, ich hätte mir die Verletzung verziehen. Eine ebensolche heute verbreitete Unverschämtheit ist die Antwort: »So bin ich eben. Du musst mich nehmen, wie ich bin.« Das heißt: Du musst mich nehmen wie ein Stück Natur, das so ist, wie es ist. Eine weitverbreitete Rede von Predigern ist: »Gott nimmt uns so an, wie wir sind.« Davon finde ich nichts im Evangelium. Jesus fordert dazu auf: »Werdet anders, kehrt um, bekehrt euch!« Und nicht: Gott nimmt euch schon so, wie ihr seid. Ihr kommt sowieso alle in den Himmel.
    Ihre Meditationen über das Thema, was unter Personen zu verstehen ist, setzen das Christentum voraus. Wie notwendig ist heute dieser Bezug?
    Es ist zwar so, dass man den Versuch machen kann, gewisse Resultate des christlichen Glaubens abzuschöpfen und zu sagen, die

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