Ueber Gott und die Welt
publica
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Eine solche Objektivierung, eine solche »dritte Welt«, findet schließlich in der Kunst statt, worüber ich meinen Aufsatz »Naturnachahmung der Kunst« geschrieben habe.
Im Zusammenhang der Rechte von Völkern steht auch das Recht der Familie. Die heutige Tendenz geht dahin, die Einheit der Familie als Rechtssubjekt aufzulösen zugunsten des jeweiligen subjektiven Beliebens der Ehepartner. Der Wille der Partner stiftet dann nicht mehr eine die Individuen transzendierende, auf einem Opfer beruhende Wirklichkeit, sondern ist nur ein jederzeit einseitig kündbarer Vertrag. Die Eheschließung stiftet ja tatsächlich eine Wirklichkeit. Wennder eine anderen Sinnes wird, sieht der andere sich betrogen. Dass die Ehe eine unkündbare Wirklichkeit ist, kommt zum Ausdruck in der Existenz von Kindern. In ihnen wird die Einheit der Eltern objektiv. Sie müssen Vater und Mutter als Einheit denken, wenn sie sich selbst als Individuen verstehen wollen. Es ist das Wesen eines Versprechens, künftiges Handeln vom jeweiligen Belieben des Versprechenden unabhängig zu machen.
Das Eheversprechen ist heute übrigens – im Vergleich mit allen anderen Garantieerklärungen – das am niedrigsten eingestufte Versprechen in unserer Zivilisation.
Was geschieht, wenn ein Kollektiv wie eine Person betrachtet wird, etwa bei dem Begriff »juristische Person«?
Für die juristische Person gilt, was ich eben für die Familie forderte. Sie wird von außen als Einheit wahrgenommen, die nicht in einzelne Teile aufzulösen ist. Jedes Mitglied einer juristischen Person ist zum Beispiel Gesamtschuldner. Die juristische Person haftet gesamtschuldnerisch, das heißt jeder Einzelne hat für die ganze Gemeinschaft aufzukommen, wenn sie in Zahlungsschwierigkeiten ist. Wenn alle anderen Partner ausfallen, dann muss ein Einziger die Schuld bezahlen. Das heißt gesamtschuldnerische Haftung. Da wird also die Gesellschaft wie eine Person betrachtet, die einer anderen etwas schuldet.
Ein anderes Beispiel: Juristische Personen können gemeinsames Eigentum haben, nicht nur Besitz. Der Unterschied von Besitz und Eigentum ist wesentlich für Personen. Auch Tiere können etwas besitzen, wie etwa der Fuchs seine Höhle. Er besitzt sie so lange, bis ihm ein Stärkerer den Besitz raubt.
Der Eigentümer dagegen bleibt Eigentümer, sogar wenn er gar nicht weiß, dass sein Grundstück irgendwo auf seinenNamen ins Grundbuch eingetragen ist. Eigentum ist eine geistige Realität. Man kann es auch verkaufen oder verschenken, was man mit bloßem Besitz nicht tun darf und nicht tun kann.
Wenn es im Philipperbrief des Apostels Paulus heißt, Christus habe an seiner Gottgleichheit nicht »wie an einem Raub festgehalten«, so bedeutet das: Die göttliche Natur ist ihm so wesentlich zu Eigen, dass er an ihr nicht wie an bloßem Besitz, also zum Beispiel an einem Raub festhalten muss.
In Ihrem Buch »Personen« trägt das 15. Kapitel die Überschrift »Anerkennung«. Darin stößt man auf diese bemerkenswerten Sätze: »Es hat immer das Ideal reiner Kooperation gegeben, also den Gedanken, Menschen sollten aufgrund ihres Angewiesenseins aufeinander ihr Zusammenwirken so organisieren, dass sie ihr Interesse als ein gemeinsames verstehen, und deshalb einander nicht instrumentalisieren oder miteinander konkurrieren, sondern nach diskursiver Verständigung über dieses gemeinsame Interesse so effektiv wie möglich zusammenarbeiten. Immer wieder ist der Versuch gescheitert, dieses Ideal zu verwirklichen. Und wenn man verstanden hat, was Personsein heißt, dann versteht man, dass der Versuch immer scheitern muss.« Könnten Sie das näher erläutern?
Kooperation ist nicht von der Art, dass sämtliche Interessen einzelner Menschen alle in ein gemeinsames Interesse einfließen oder nur noch als Derivate eines gemeinsamen Interesses gelten, sondern Menschen haben nach wie vor ihre jeweils eigenen Interessen. Und zu diesen Interessen gehört auch die Kooperation, weil viele eigene Interessen nur in Kooperation mit anderen verfolgt werden können. Das bedeutet, die kooperierenden Menschen müssen sich gegenseitig anerkennen.Sie dürfen sich in dieser Kooperation nicht schlechthin instrumentalisieren. Der entscheidende ethische Begriff in diesem Zusammenhang ist der Begriff »Grenze«.
Wie ist das mit Staaten, die sich zur Kooperation zusammenschließen wie in der EU oder Euro-Zone? Wie weit geht hier das gemeinsame Interesse an der Kooperation, und wann behauptet sich das
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