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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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wir vielleicht als erstes klären sollten. Genosse Admiral, falls Sie einen schwedischen Dolmetscher wünschen, haben wir einen solchen in Bereitschaft.«
    »Das wird wohl nicht notwendig sein, Genosse Vorsitzender«, sagte Carl und warf einen schnellen Seitenblick zu Larissa Nikolajewna, die jetzt die Hand vors Gesicht hielt, um nicht laut loszuplatzen. »Im Gegenteil, ich könnte mir vorstellen, daß ein Dolmetscher unser Gespräch verzögern würde und überdies eher Unklarheit schafft als Klarheit. Sollte ich eine Frage nicht verstehen, werden wir durchaus fähig sein, alles auf eine bessere Weise zu klären als durch einen Dolmetscher.«
    Seine Antwort hatte bei den drei Richtern eine durchschlagende Wirkung. Einer von ihnen, der Kollege Vizeadmiral, griff sich ironisch an die Stirn und machte dann eine fröhliche Geste zu seinem Vorsitzenden, die etwa bedeutete, ganz schön blamiert, nicht wahr, Genosse?
    »Genosse Admiral«, sagte der Vorsitzende und zeigte die Andeutung eines verlegenen Lächelns. »Ich war wohl ein bißchen vorschnell. Ich bitte um Entschuldigung. Wenn Sie ein solches Russisch sprechen, glaube ich nicht, daß es Probleme geben wird. Sofern Sie nicht anfangen, uns zu verbessern.«
    Hinter Carl gab es Heiterkeit im Gerichtssaal. Anschließend nannte er Namen, Beruf und Heimatadresse. Er stellte sich als stellvertretender Leiter der militärischen Raswedka und operativen Leiter der Gegen-Raswedka mit Adresse Sicherheitspolizei in Stockholm vor. Er erkannte sehr wohl, daß die Offizierskollegen jetzt Kopfschmerzen hatten. Während des bisherigen Prozesses hatten sie den Feind als schurkenhaft bezeichnet, wie sie es gewohnt waren. Und jetzt standen sie dem Feind Auge in Auge gegenüber, und er war nicht so, wie sie erwartet hatten. Das war eine psychologische Belastung.
    Als Carl seine Personalien genannt hatte und der unglückliche Major, der Sekretär, sich durch das Wort »Sicherheitspolizei« hindurchbuchstabiert hatte, ergriff der Vorsitzende wieder die Initiative.
    »Genosse Admiral«, begann er fast flehend, »der guten Form halber möchte ich Sie jetzt daran erinnern, daß Sie verpflichtet sind, die Wahrheit zu sagen. Unser Strafgesetzbuch droht bis zu einem Jahr Gefängnis für den an, der in seiner Eigenschaft als Zeuge falsche Angaben macht. Mir ist klar, daß diese Vorschrift auf Sie nicht anwendbar ist, da Sie natürlich diplomatische Immunität genießen. Ich habe aber nur der guten Form halber darauf hinweisen wollen.«
    »Herr Vorsitzender!« entgegnete Carl schnell und in derselben Sekunde, in der die Mahnung beendet war, und nicht ohne Arroganz. »Lassen Sie mich sagen, daß ich keine diplomatische Immunität besitze. Das ist von meiner Seite eine bewußte Entscheidung. Ich stehe nach dem Gesetz, nach dem Gesetz Ihres Landes, für alles ein, was ich sage. Im übrigen habe ich die lange Reise nach Moskau nicht auf mich genommen, um hier zu lügen.«
    Wieder hörte er Bewegung und von mehreren Seiten ein unterdrücktes Kichern. Er erkannte, daß er gut angefangen hatte. Er hatte die Initiative besser ergriffen, als er hatte hoffen können. Die drei Richter machten lange Gesichter. Einer von ihnen sah sich genötigt, sich flüsternd an seinen Vorsitzenden zu wenden, bevor er der vorgeschriebenen Prozedur entsprechend fortfahren konnte.
    »Das ist natürlich eine etwas unerwartete Situation, Genosse Admiral«, begann er zögernd. »Ich kann nur sagen, daß das Höchste Gericht des Militärkollegiums Ihre Geste zur Kenntnis genommen hat. Wir betrachten Sie mit größtem Respekt. Nun, Frau Anwältin! Es ist Ihr Zeuge. Sie beginnen mit den Fragen. Bitte sehr!«
    Carl drehte sich leicht um, so daß er Larissa Nikolajewna sehen konnte und jetzt zum ersten Mal auch Jurij Tschiwartschew. Ihre Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde. Ohne daß einer von ihnen eine Miene verzogen hatte, hatten sie einander begrüßt. Larissa Nikolajewna schien nervös zu sein und raschelte mit ihren Papieren, bevor sie das Wort ergriff.
    »Herr Admiral…«, begann sie und machte ein Gesicht, als müßte sie Anlauf nehmen, um einen sehr großen Sprung zu bewältigen. »Wie Sie wissen, geht es in dieser Verhandlung darum, wie man die Tatsache bewerten soll, daß Sie vom Angeklagten, Generalleutnant Jurij Tschiwartschew, bestimmte Informationen entgegengenommen haben, ferner darum, zu welchen Konsequenzen das geführt hat und wie man danach das Verhalten des Generalleutnants beurteilen soll

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