Über jeden Verdacht erhaben
ist. Jedenfalls ist es keine Sensation. Und aus diesem Grund wird es nicht publik gemacht.«
Åke Stålhandskes Frau Anna kicherte entzückt los und schlug ihrem Mann fröhlich mit der Faust auf den Rücken, so daß es im ganzen Raum dumpf knallte.
»Da hast du es wieder, du gottverdammtes Genie «, sagte sie und äffte seinen finnlandschwedischen Dialekt nach. »Du bist gar nicht so verfolgt, wie du glaubst.«
»Jedenfalls haben wir diesem Mist ein Ende gemacht«, knurrte Åke Stålhandske verletzt oder mit zumindest gespielter Entrüstung.
»Ja, aber interessant dürfte die Frage doch sein?« sagte Carl vermittelnd. »Åke und ich waren ja mal Kollegen beim Generalstab, wie du wahrscheinlich weißt. Inzwischen ist es uns aber infolge glücklicher Umstände gelungen, dieses Problem ins Kreuzfeuer zu nehmen. Åke soll alle Rassisten von den Küstenjägern fernhalten, und ich tue es in meinem Beritt. Die Leute, die wir nicht entdecken und schon bei der Musterung loswerden, muß Åke einsammeln, nachdem sie durchs Netz geschlüpft sind. Man könnte sagen, daß ich Mittelstürmer bin und Åke zurückhängender Außenstürmer. Das wäre doch ein Thema, über das sich zu berichten lohnt.«
»O ja, durchaus«, bestätigte Erik Ponti amüsiert. »Aber ich fühle mich ein wenig wie ein Zahnarzt bei einem Festessen, bei dem alle plötzlich den Mund aufreißen und ihn bitten, eine Diagnose für ihre Eckzähne zu stellen. Ihr findet jetzt also, ihr tätet etwas Gutes, und meint, dann müßte ich auch sofort darüber berichten?«
»Aber ja! Sonst schlagen wir dich tot!« sagte Åke Stålhandske und rollte theatralisch mit den Augen.
»Nein, das geht nicht«, sagte Carl, ohne eine Miene zu verziehen. »Das ist verboten, und ich habe die polizeiliche Verantwortung dafür, daß hier alles legal zugeht. Aber mal im Ernst, Erik, das ist doch wohl tatsächlich interessant? Die Streitkräfte sind inzwischen von Skinheads gesäubert, das ist doch ein wichtiger Teil in der Verteidigung der Demokratie, wenn man es feierlich formulieren will. Oder?«
»Doch, durchaus«, erwiderte Erik Ponti. »So schwer kann es allerdings nicht sein, sie auszujäten. Alle jungen Männer, die bei der Musterung mit tätowierten Hakenkreuzen auf der Stirn auftauchen und zu den Küstenjägern wollen, den Fallschirmjägern oder ähnlichen Einheiten, werden zu Schreibstubensoldaten gemacht. Habe ich das richtig verstanden?«
»Völlig richtig«, bestätigte Carl mit einem Lächeln. »Jetzt sind aber einige von ihnen so ausgekocht, daß sie sich nicht tätowieren, ihre Tätowierungen überschminken oder sie vor der Musterung sogar vorübergehend entfernen lassen.«
»Doch dann kommt der Sicherheitsdienst ins Bild!« lachte Erik Ponti. »Als uns beiden die Musterung bevorstand, ging es darum zu verbergen, daß wir Clartéisten waren. Erinnerst du dich noch?«
»Selbstverständlich«, sagte Carl. »Wir hatten uns aber nicht Hammer und Sichel auf die Stirn tätowiert. Wenn ich mich recht erinnere, sind wir beide durch die Maschen geschlüpft.«
»Aber ja doch«, sagte Erik Ponti. »Ich wurde Steuermannsmaat, und du wurdest Vizeadmiral.«
»Steuermannsmaat heißt das nicht mehr, du bist Fähnrich«, bemerkte Åke Stålhandske.
»Danke, Oberst!« brüllte Erik Ponti und machte sich gerade.
Alle lachten auf. Carl erhob sich und verließ den Raum, nachdem er Erik gefragt hatte, was er trinken wolle. Erik entschied sich für Weißwein.
»Scherz beiseite«, sagte Erik Ponti zu Åke Stålhandske. »Es ist natürlich verdammt wichtig, daß ihr die Eliteverbände sauberhaltet. Du hast dafür meinen vollen Respekt, daran solltest du nicht zweifeln.«
Carl kam mit einigen Flaschen wieder und goß jedem nach dem vermuteten Bedarf ein; Erik Ponti sah zu seiner Erleichterung, daß Carl Geschmack genug besessen hatte, keinen teuren Wein zu kredenzen, sondern einen leichten Loirewein, etwas Trockenes und Erfrischendes.
Während Carl herumging und servierte, betrachtete Erik Ponti nacheinander die drei Männer. Sein Journalistenauge trog nicht: Alle drei waren gebaut wie griechische Statuen. Sie waren voll durchtrainierte Sportler mit Taillen, wie er Schenkel hatte, und Oberarmen, die so mächtig waren wie sein Hals. Dieses Bild hatte für ihn als Mann etwas Deprimierendes an sich. Er war zwar zehn Jahre älter als die anderen oder gar noch mehr, doch selbst vor zehn Jahren wäre er körperlich genauso unterlegen gewesen, und das machte ihn nachdenklich. Er war es
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