Über jeden Verdacht erhaben
deutlicher und erklärte, an dem Tag, an dem man mit der Ermittlung fertig sei, werde man gern berichten, was ermittelt worden sei. Zuvor wäre es jedoch höchst unklug, sich dazu zu äußern.
Auf die Frage, ob man Säpo-Agenten verhört habe, erwiderte er zunächst mit einem klaren Nein. Doch als er die Anschlußfrage erhielt, ob das in diesem Fall bedeute, daß die Säpo sich selbst verhöre, erklärte er, die erste Frage mißverstanden zu haben. Ja, man habe zur Orientierung einige Personen angehört, die bei der Sicherheitspolizei arbeiteten. Ein anderes Vorgehen wäre wohl recht unverständlich gewesen, denn diese Leute hätten sich ja bei einigen Gelegenheiten in der Nähe der Tatorte aufgehalten.
Von dem Sprecher der Sicherheitspolizei war außer einem unerbittlichen »Kein Kommentar« nichts zu erfahren.
Nachdem diese Recherche dargelegt worden war, bemerkte Erik Ponti süßsauer, jetzt könne man beweisen, daß die Polizei versuche, die Serienmorde aufzuklären. In Wahrheit wäre es jedoch sensationeller gewesen, wenn man hätte beweisen können, daß die Polizei nicht an deren Aufklärung arbeite. Immer wieder die alte Leier. Hund beißt Mann ist keine Meldung. Mann beißt Hund – das ist eine.
Damit hatte er diese Runde für sich entschieden und schlug vor, man sollte mit der eigenen Linie und der der Morgenzeitungen fortfahren. Und da gehe es ja am ehesten darum, Politiker zu benennen, die für die Tätigkeit der Säpo verantwortlich seien, ob heute oder früher. Ehemalige Säpo-Chefs seien ebenfalls zu hören, sogar Hans Holmér.
Damit löste sich die Konferenz in allgemein gemurmelter Übereinstimmung auf. Erik Ponti nahm die Abendzeitungen mit in sein Zimmer. Es war ein harter Tag gewesen. Deutschland hatte seine Leitzinsen gesenkt, und Staffan Heimerson hatte seinen Wagen in der Krajina zu Bruch gefahren, als er Recherchen über das Schicksal deportierter Bosnier anstellte.
Als Erik Ponti in seinem Zimmer saß, blätterte er zunächst leise glucksend Aftonbladet durch, um zu sehen, was die Kriminalreporter des Blatts über ihre Mafia-Spur zu sagen hatten. Dann schlug er Expressen auf. Heute lancierte das Blatt also die neue Säpo-Spur.
Plötzlich erstarrte sein Lächeln. Expressen brachte eine ganze Doppelseite mit Fotos der bis jetzt ermordeten Einwanderer. Die Bilder waren auf einen schwarzen Untergrund gelegt, und jedes Gesicht war mit einem imitierten Stempel bedeckt, auf dem es hieß, »Säpo-Agent«. Das war sehr effektvoll gemacht.
Doch es war mehr als nur das, wie er sich widerwillig eingestand. Es konnte sogar stimmen. Eins der Mordopfer kannte er sehr gut, und das seit mehr als zwanzig Jahren, seit der Zeit in den Palästina-Gruppen, nämlich Mahmoud Saadani.
Er wußte, daß Mahmoud Säpo-Agent gewesen war. Im Text über Mahmoud wurde überdies behauptet, er sei Doppelagent gewesen und habe folglich auch für Israel gearbeitet. Das wußte Erik Ponti zwar nicht mit Sicherheit, hatte aber schon lange vermutet, daß es sich so verhielt.
Das war jedoch lange her. Damals waren sie alle junge Enthusiasten gewesen. Die Palästina-Gruppen waren zwar so etwas wie Fliegenfänger gewesen, als es galt, allerlei Spione aus Schweden, Israel oder von pro-israelischen Organisationen anzulocken. Einige von ihnen hatte man gefunden, manche sogar in der Presse entlarvt.
Erkenntnisse über Mahmoud hatte Erik Ponti jedoch erst viele Jahre später gewonnen, nämlich durch reinen Zufall. Damals hatte er gemeint, das alles sei nur noch Geschichte, obwohl es im Grunde bestätigte, was er schon immer gerade über Mahmoud vermutet hatte, der später eine Art Geschäftsmann geworden war und sich nur noch in Anzug und Krawatte hatte blicken lassen.
Aber das, was hier in Expressen stand, ausgerechnet in diesem Blatt, stimmte tatsächlich, was Mahmoud betraf. Da mußten die Redakteure eine gute Quelle haben.
Er begann, den Text der Reportage genau zu lesen, um zu erfahren, ob er irgendwo die Spur einer zuverlässigen Quelle finden konnte. Und plötzlich fand er sie, sogar mit Namen. Es war ein Polizist aus Umeå, der widerwillig bestätigte, jetzt wisse man, daß nicht nur die beiden Opfer in Umeå, sondern außerdem vier andere ermordete Einwanderer tatsächlich für die schwedische Sicherheitspolizei gearbeitet hätten. Da stand es, schwarz auf weiß mit Namen, Foto und allem.
Erik Ponti saß eine Zeitlang wie gelähmt da. Er hatte das Gefühl, als ob ihm der ganze Kopf dröhnte wie bei einem Feueralarm.
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