Über jeden Verdacht erhaben
gesagt hatte. Er wußte nur, daß er bei dieser Frage das Gefühl gehabt hatte, nur noch Sägespäne im Kopf zu haben. Vermutlich hatte er jedoch die alte Leier heruntergebetet, daß er das weder bestätigen noch dementieren könne.
Danach hatte er voller Zorn im Büro angerufen und die Sekretärin Susanne heruntergeputzt, da er davon ausging, daß sie den Zeitungsfritzen verraten hatte, wo er sich aufhielt. Er hatte sich mit seinem Geschimpfe leider schon ziemlich weit vorgewagt, bevor sie überhaupt zu Wort kam. Da sagte sie, es habe kein Zeitungsfritze angerufen. Er bat stotternd um Entschuldigung und legte auf.
Diese Scheißjournalisten hatten natürlich die Polizei in Lund angerufen und die Nachricht dort erhalten. Verdammt noch mal!
Außerdem war er mit der Lektüre im Rückstand, was Hamilton ihm spöttisch prophezeit hatte. Im Augenblick fühlte er sich wirklich nicht als sonderlich erfolgreicher Mordermittler.
Er hatte jedoch noch ein paar Stunden Zeit, bevor der Kollege aus Ystad ihn besuchen wollte. Er brauchte also nur loszulegen. Er hatte der Versuchung widerstanden, im Flugzeug zu lesen, weil die großen roten »Geheim«-Stempel der Säpo allzu sehr ins Auge fielen.
Er begann mit dem Fall Mahmoud Saadani.
Die Akte , wie Hamilton gesagt hatte, war in technischer Hinsicht ein Wunder an klarer Gliederung und Überschaubarkeit. Die ersten beiden Seiten waren eine Art chronologisches Inhaltsverzeichnis mit Seitenverweisen zu dem fünfzig Seiten umfassenden Material.
Es begann mit der Ankunft des jungen Mahmoud in Schweden Mitte der sechziger Jahre, als er aus dem Libanon eingewandert war, und endete mit seinem Tod Mitte der neunziger Jahre. Dreißig Jahre, von denen er fünfundzwanzig Jahre als Säpo-Informant gearbeitet hatte und zehn Jahre als Säpo-Informant und Drogenschmuggler.
Rune Jansson begann fast reflexhaft von hinten. Das war eine Gewohnheit, die er sich bei Verbrechensermittlungen und Obduktionsprotokollen angewöhnt hatte. Der technische Beweis stand nämlich meist hinten, und der entschied über die Frage von Schuld oder Unschuld oder über die Todesursache, die meist über die Frage entschied, ob ein Mord vorlag oder ein Unglücksfall.
Der letzte Punkt beschrieb in kurzen Worten, aber in jedem Detail korrekt, wie die Polizei in Södertälje mit dem Fall gearbeitet hatte, seitdem sie alarmiert worden war. Dort fand sich aber auch ein bemerkenswerter Hinweis, eine Art Kritik der Polizei in Södertälje, nämlich daß die dortigen Beamten in ihrer Suche nach Spuren und Waffen das Einfachste übersehen zu haben schienen. Der Mörder hätte sich auch unter Wasser nähern können, da Sandviken in der Bucht lag, die zum Södertälje-Kanal hinunterführte. Und der Abstand zwischen den beiden Ufern am Tatort betrage weniger als tausend Meter. Das erkläre gegebenenfalls, daß der oder die Täter keine Mordwaffe zurückgelassen hätten, da sie diese ganz einfach auf dem Weg mitgenommen hätten, auf dem sie gekommen seien.
Die vorletzte Notiz war ein Auszug aus dem Journal der Säpo. Dort wurde festgestellt, daß Israels Nachrichtendienst über seinen Kontaktmann an der Botschaft in Stockholm bei Hamilton gewesen sei und höchst beunruhigt berichtet habe, man habe Probleme mit einem gemeinsamen Agenten, der dabei sei, Amok zu laufen. Jetzt habe sich dieser mit einem Vorschlag, der an Erpressung erinnere, an israelische Vertreter der Skandinavien-Abteilung des Mossad gewandt, des Nachrichtendienstes. Auf israelischer Seite sei man über die Entwicklung der Angelegenheit irritiert, habe aber natürlich beschlossen, dem Erpresser nicht im mindesten entgegenzukommen. Man lege das Problem hiermit in schwedische Hände.
Das war zehn Tage vor dem Tod des Agenten.
Rune Jansson wußte nicht, wie er diesen Text interpretieren sollte. Vielleicht gab es hier so etwas wie eine ihm unbekannte diplomatische Sprache unter Spionen, die er unmöglich deuten konnte. Soweit es ihn betraf, konnten die Worte so gut wie alles bedeuten: Wir teilen Ihnen mit Bedauern mit, daß wir diesen Schreihals leider zum Schweigen bringen müssen. Wir hoffen auf Ihr Verständnis? Oder: Jetzt müßt ihr etwas gegen diesen Schreihals unternehmen. Die Verantwortung liegt bei euch. Wir waschen die Hände in Unschuld?
Tatsache blieb jedoch, daß der Mann ermordet worden war. In der Nähe eines Gewässers überdies, und das von einem Mörder mit so hervorragender Ausrüstung, daß er vielleicht mitten durch die Eisschollen
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