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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Telefon schon seit mehr als einem Jahr abgehört hatte, ohne daß er sich auch nur einmal eine unvorsichtige Äußerung am Telefon entschlüpfen ließ, galt die Arbeitshypothese, daß der Mann eben ein besonders geschickter Terrorist sei.
    Bermanyi hatte überdies eine äußerst gut gemachte sogenannte Legende im Gepäck. Man hatte seine Geschichte einfach nicht zertrümmern können, so daß sie folglich höchst geschickt konstruiert sein mußte. Er war 1982 nach Schweden gekommen, als Israel den Südlibanon besetzte, womit bestimmte Teile der schiitischen Bevölkerung dort schnell zwischen zwei Stühlen landeten. Wenn diese Menschen gegen die israelischen Besatzer Widerstand leisteten, liefen sie Gefahr, daß ihre Angehörigen getötet wurden und israelische Panzer ihre Häuser demolierten. Wenn sie keinen Widerstand leisteten, liefen sie Gefahr, von den schiitischen Widerstandsgruppen als Verräter gebrandmarkt zu werden. Diese Widerstandsgruppen bildeten sich gerade um diese Zeit. Der Iran gewährte ihnen finanzielle Unterstützung und lieferte ihnen Waffen.
    Dem zufolge, was er den schwedischen Behörden gegenüber mit Erfolg behauptet hatte, hatte er sich zur Flucht entschlossen, statt die israelischen Besatzer zu bekämpfen oder zum Verräter gestempelt zu werden, weil er es nicht tat. Er hatte eine Frau und ein neugeborenes Kind bei sich. Irgendwie gelang es ihm, seinen Aufenthalt in Skåne so einfallsreich zu verlängern, daß er und seine im Lauf der Zeit zahlreicher gewordene Familie eine Aufenthaltsgenehmigung erhielten. Die Säpo hatte damals nicht viel dagegen tun können, da zu Beginn der achtziger Jahre sehr viele Flüchtlinge aus dem südlichen Libanon nach Schweden kamen. Die schwedische Flüchtlingspolitik war immer noch sehr großzügig, und die Säpo durfte ihre Macht, Araber des Landes zu verweisen, nicht überstrapazieren. Dann hatte die Säpo allerdings verhindert, daß er schwedischer Staatsbürger wurde. Damit würden die Terroristengesetze für immer gegen ihn angewendet werden können.
    Es war unmöglich gewesen, ihm konspiratives Verhalten nachzuweisen, geschweige denn irgendein Verbrechen. Was demnach also zeigte, daß er ein äußerst geschickter Terrorist war, ein sehr cleverer Feind. Er war überdies sehr religiös oder spielte einfach nur den Gläubigen. Jedenfalls hatte er eine herausragende Stellung unter den Schiiten der moslemischen Gemeinde in Malmö. Dort setzte er sich für so etwas wie eine auf Frieden abzielende moslemische Ökumene ein, eine Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen. Bei den Freitagsgebeten der Moschee in Malmö hielt er oft Predigten und wandte dabei seine clevere Taktik an, statt von Krieg und Rache von Friede und Versöhnung zu sprechen.
    Erst als die Säpo in Malmö den frisch aktivierten Agenten Ali Hussein Fadlallah einsetzte, begannen verwertbare Ergebnisse hereinzuströmen. Der Agent konnte schon nach einwöchiger Arbeit enthüllen, daß Muhammed Hussein Bermanyi der Anführer der Terrororganisation Hisbollah für ganz Skandinavien sei. Nach den Freitagsgebeten würden in der Moschee geheime Treffen abgehalten, die als religiöse Gespräche getarnt würden. Die Schiiten besäßen schon große Waffenverstecke und bereiteten einen Heiligen Krieg gegen Schweden vor, der im Süden des Landes beginnen solle, um dann nach Norden über das ganze Land ausgedehnt zu werden.
    Der Agent Ali Hussein wurde natürlich aufgefordert, sich etwas detaillierter zu äußern. Er lieferte schon bald Listen mit den Namen der Sympathisanten des verdächtigen Terroristenführers, Namenslisten, die weitgehend mit denen übereinstimmten, die man schon besaß, nämlich über die tiefreligiösen Schiiten, die sich verdächtig oft in der Moschee sehen ließen.
    Jedoch mißlangen dem Agenten alle Bemühungen, eins der angeblichen Waffenverstecke zu orten, obwohl er mehrmals behauptete, den entscheidenden Erkenntnissen schon sehr nahe zu sein. Doch auch das zeigte nur, wie schwer zu fassen und professionell der sechsunddreißigjährige Muhammed Hussein Bermanyi war. Zu seinem Cover gehörte beispielsweise auch, als höchst liebevoller Vater seiner vier Kinder aufzutreten. Ferner hatte er einen moslemischen Kindergarten gegründet, in dem alle moslemischen Kinder willkommen waren, unabhängig davon, zu welcher Sekte sie selbst oder ihre Eltern gehörten. Dem Agenten Ali Hussein zufolge gehörte dieser Kindergarten zu einem langfristigen Programm zum Aufbau von Terroristenkadern in

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