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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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dem der Schütze sich hatte abstützen können, sorgte überdies dafür, daß man nicht ohne weiteres in Richtung Zufall oder eines fahrlässig abgegebenen Schusses denken konnte.
    »Warum hat der Schütze ein vollummanteltes Geschoß verwendet?« fragte Willy Svensén. »Ja, du mußt schon entschuldigen, aber ich finde das merkwürdig. Was meinst du?«
    »Vielleicht ist es gar nicht so merkwürdig«, sagte Roger Jansson. »Dieser Schütze weiß eine Menge über die Wirkung von Schüssen. So weiß er zum Beispiel, daß eine Kugel mit weicher Spitze, die im Ziel gesprengt worden wäre, so daß wir sie vermutlich nicht hätten identifizieren können, aus einem anderen Grund die falsche Wahl gewesen wäre. Nämlich wegen des Fensters. Ein vollummanteltes Geschoß durchschlägt die Fensterscheibe nämlich, ohne viel an Geschwindigkeit zu verlieren und ohne die Richtung zu verändern. Der Mann wußte, was er tat.«
    »Und er wußte auch, daß wir die Kugel finden würden?«
    fragte Rune Jansson nach.
    »Aber sicher«, sagte sein jüngerer Kollege. »Dieser Schütze weiß genau, was er tut, obwohl die Entfernung ungeheuer groß ist. Wißt ihr etwas über Windverhältnisse und Wetter an dem Tag?«
    Willy Svensén streckte die Hand nach einem Aktenordner aus und blätterte eine Weile darin, während seine beiden Kollegen stumm warteten. Er fand, was er suchte, und sein Gesicht hellte sich auf.
    »Ziemlich windig, acht Meter pro Sekunde und Schneeschauer. Was bedeutet das?«
    »Daß ihr einen Militär sucht, einen Scharfschützen der Polizei oder einen Jäger aus Norrland«, erwiderte Roger Jansson schnell.
    »Hälsingland kommt wohl nicht in Frage?« fragte Willy Svensén mit gespielter Entrüstung. »Und warum kein Jäger aus Skåne?«
    »Ich denke an so eine Jagd auf Edelgeflügel in Norrland. Wenn man einen Auerhahn schießt, ist das Ziel etwa genauso groß wie hier. Und auf zweihundert Meter muß man noch den Winkel berechnen und den Windabtrieb. Aber acht Meter pro Sekunde… Über den Daumen gepeilt würde ich vermuten, daß der Schütze ungefähr dreißig Zentimeter über das Ziel gehalten hat und einen halben Meter zur Seite, wenn der Seitenwind im Winkel von neunzig Grad kam. Das sind Dinge, über die nur Leute aus Norrland prahlen können, in Hälsingland gibt’s nämlich keine Auerhähne.«
    »Was uns zu der ursprünglichen Frage zurückführt«, stellte Rune Jansson fest. »Warum ausgerechnet dieses Kaliber? .308, oder wie es hieß?«
    ».308 Winchester«, ergänzte Roger Jansson schnell. »Ich weiß es nicht, ich kann es nur vermuten. Es gibt auch Kaliber, die schwerere Geschosse mit höherer Geschwindigkeit auf die Reise schicken, aber dann kann es schwierig sein, sogenannte Übungsmunition zu bekommen, also vollummantelt. Für einen Schützen dieser Klasse spielt das überdies keine große Rolle. Er kann das alles anhand von Tabellen errechnen.«
    »Aber wie berechnet man die Windstärke?« fragte Rune Jansson übellaunig.
    »Man versucht vielleicht zu raten«, schlug Roger Jansson vor, sah aber, daß sein Namensvetter nur den Kopf schüttelte. Dann blickte er Willy Svensén an und erhielt ein bestätigendes Kopfnicken zur Antwort.
    »Dieser Mörder hat aber keine Vermutungen angestellt«, verdeutlichte Willy Svensén. »Er hat sich entschlossen, mit einer einzigen überraschenden Attacke zum Erfolg zu kommen. Stell dir doch selbst mal vor, wie es wäre, wenn plötzlich eine Gewehrkugel an deinem Kopf vorbeisauste. Danach wäre es schwierig, dich zu treffen.«
    »Dann muß er eine Ausrüstung zur Messung der Windstärke bei sich gehabt haben«, erwiderte Roger Jansson, als wäre es selbstverständlich.
    »Oh, Teufel auch«, sagte Willy Svensén neugierig. »Geht das?«
    »Ja, natürlich geht das. Man nimmt so eine kleine Windmühle mit einer Art Zählwerk mit. Ich habe mich noch nicht mit solchen Feinheiten beschäftigt, aber andererseits habe ich auch nur Tiere und auf kürzere Entfernung geschossen. Beim Militär gibt es Leute, die so was auf noch größere Entfernung schaffen sollen.«
    »Welches Kaliber verwenden die?« fragte Rune Jansson, der sich in die Frage des Kalibers festgebissen zu haben schien.
    ».308 Winchester«, erwiderte Roger Jansson zögernd. »Ja, es ist tatsächlich so, wahrscheinlich weil es ein altes NATO- Kaliber ist, das in so großen Mengen hergestellt wurde, daß es billig ist. Beim Militär verwenden sie allerdings eine stärkere Variante.«
    »Was bedeutet das?« fragte Rune

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