Ueber Meereshoehe
nicht auf, ganz im Gegenteil, je mehr er sich bemühte, desto weniger gelang es ihm, bis ihm schlieÃlich sogar die Tränen kamen, wobei nicht klar war, ob der Grund dafür seine Heiterkeit war oder sein eingedrückter Brustkorb.
Paolo blickte die drei entgeistert an. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass sie in dieser Situation über solch einen Witz lachen konnten, einen Kalauer, der so ⦠so ⦠platt war. Oder vulgär? Absurd? Im Geiste suchte er nach dem passenden Adjektiv. Ja, das warâs: Peinlich , hätte Emilia gesagt. Dann jedoch, als Folge einer Art muskulärer Ansteckung, begann auch er, die Lippen zu öffnen und auf die Zähne zu beiÃen â weniger zu einem Lachen als zu einem Grinsen. Und ohne dass er es selbst recht merkte, stimmte er in das Gelächter dieser Männer ein, die um ihr Leben gefürchtet hatten und dann doch mit fast heiler Haut davongekommen waren.
Nur Luisa schwieg. Sie war mit Paolo zu den Männern bei dem verbeulten Jeep getreten und stand jetzt neben ihm, zaudernd und still wie jemand, der gern mitlachen würde, aber den Grund für das Ge lächter einfach nicht erkennen kann. Und als sie merkten, dass die Frau sie ansah, hörten auch die Män ner selbst zu lachen auf, als Erster Paolo. Nitti war der Letzte, der wieder ernst wurde und seine Miene in Ordnung brachte wie jemand, der nach einer kleinen Feier das Wohnzimmer aufräumt.
»Ich sag der Zentrale Bescheid, sie sollen uns einen Wagen schicken«, sagte er.
Er ging um den Geländewagen herum und verschwand aus dem Blickfeld der anderen. Die Fahrer und die beiden Besucher standen schweigend zusammen, während die Windböen an ihnen rissen, und schauten einander nicht ins Gesicht. Die durch das Lachen entstandene unerwartete Nähe sorgte jetzt für Verlegenheit unter ihnen, weil sie sich eigentlich fremd waren. Vom vorderen Teil des Jeeps drangen Nittis Stimme und die krächzende Antwort aus einem Lautsprecher zu ihnen.
»Immerhin ⦠Das Funkgerät scheint noch zu funktionieren«, sagte der Fahrer. Er war weder so groà wie Nitti noch so muskulös wie der Fahrer des Transporters und machte eher den Eindruck, als habe er in der Schule früher zu jenen Kindern gehört, die regelmäÃig Zielscheibe der Klassenrowdys wurden. Eine Hand unter der Achselhöhle, hielt er sich die verletzte Rippe.
Nach einer Weile schwiegen die beiden Stimmen, und Nitti tauchte wieder bei ihnen auf. Seine Lippen waren zusammengekniffen.
»Was sagen sie denn?«, fragte der Fahrer des Transporters.
Nitti deutete in den Innenraum des Geländewagens hinter ihm und auf den Häftling, der dort angekettet lag.
»Wir müssen die verrückte Gämse da mit deinem Wagen zu seinem Kittchen bringen. Die haben jetzt kein Fahrzeug frei, das sie uns schicken können.«
»Aber das geht doch nicht ⦠Ich muss die da zur Anlegestelle fahren!« Mit dem Daumen zeigte er auf Luisa und Paolo.
»Die schaffen die Fähre sowieso nicht mehr. Die legt gerade ab«, sagte Nitti.
»Was soll das heiÃen? Die legt ab â¦Â«, fragte Paolo.
»Der Kapitän meinte, er habe keine Lust, sich vom Maestrale hier festhalten zu lassen. Er will schnell zurück in den Hafen.«
»Und was ist mit uns? Er kann uns doch nicht hier zurücklassen!«, hakte Paolo nach.
»Ja, was ist mit uns? Wie sollen wir nach Hause kommen?«, sagte Luisa.
Alle schauten sie an, offenbar überrascht, dass diese Frau eine Stimme hatte.
Nitti zeigte aufs Meer, das schieferschwarz und übersät mit hellen Kämmen â als weidete dort eine Herde weiÃer Tiere â vor ihnen lag.
»Der Maestrale wird bald losbrechen, und dann fährt hier überhaupt niemand mehr nach Hause.«
In diesem Moment brauste der ohnehin schon heftige Wind noch stärker auf und traf sie wie eine Backpfeife im Gesicht. Alle, bis auf Paolo. Der hatte sein Gesicht nicht dem aufgewühlten Wasser zugewandt, sondern blickte in den Innenraum des Geländewagens.
Dort lag der Häftling, die Handgelenke an eine Strebe gekettet, eine Wange auf dem Boden, während aus seinen Nasenlöchern, wie zwei Girlanden, schleimige Blutfäden rannen. Er starrte Paolo mit weit aufgerissenen Augen an wie ein Opfertier.
Paolo und Luisa waren allein.
Eigentlich war auch noch der Fahrer des zerstörten Jeeps da, doch der hatte sich auf seinen Fahrersitz verkrochen wie eine
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