Ueber Meereshoehe
vorderen Backenzähne.
»Kollege?«, sagte auch Nitti mit einem Lachen in der Stimme. »Sie hält dich für einen Aufseher!«
»Das ist nicht gesagt«, erwiderte Traina voller Stolz. »Vielleicht hält sie dich auch für einen Lebenslänglichen!«
Verwundert wandte sich Luisa an Paolo.
»Ein Lebenslänglicher darf doch nicht fort â¦Â«
Er schüttelte den Kopf, wie um âºnein, in der Tatâ¹ zu sagen, schwieg jedoch, weil auch er die Situation nicht durchschaute.
»Ach, keine Sorge, von dieser Insel kommt er ganz sicher nicht mehr fort!«, ging Nitti dafür auf Luisa ein. »Aber weil er sich so gut geführt hat, darf er jetzt zur Belohnung Telefonmünzen verkaufen. Ein Leben hier abzusitzen wird ihm allerdings nicht reichen. Lebenslänglich hat er dreimal.« Er wandte sich an Traina. »Oder waren es viermal?«
Verlegen schaute Luisa auf ihre Schuhspitzen. Aber Traina sprang ihr bei. Offenbar war er solche Szenen gewohnt, zumindest schien er sich nicht daran zu stören.
»Ich bin unschuldig«, erwiderte er, doch in einen Ton, als würde er »heute regnetâs« sagen: »Und Feinde auf Erden habe ich nicht, dem Herrn sei Dank â¦Â«
»Nicht mehr, meinst du wohl«, sagte Nitti.
»⦠und lebe in Frieden mit der Welt.«
»Ach ja, es muss schön sein, wenn man sie ganz abgehakt hat, die Liste der Leute, die man umbringen will. Na dann, machâs gut, Traina.«
»Für euch auch Frieden und Wohlergehen â¦Â«, erwiderte dieser, indem er ihnen den Rücken zu kehrte und sich daran machte, Dosen in ein Regal einzuräumen.
Auffordernd hob Nitti das Kinn in Richtung der Besucher.
»Kommen Sie.«
Als er zur Tür trat und sie öffnete, blies eine Windbö herein. Sie fegte ein paar Keksschachteln von der Theke, wirbelte das an einem Haken aufgehängte Pack papier durcheinander und versetzte die nackte Glühbirne an der Decke in Schwingung. Paolo und Luisa beeilten sich, dem Beamten durch die Tür zu folgen, und schlossen sie hinter sich. Erneut mussten sie kämpfen, um die Sturmwand zu durchschneiden und zum Wagen zu gelangen. Paolo und Luisa stiegen ein und setzten sich jetzt nebeneinander.
Es war kein weiter Weg. Sie durchquerten die Ansammlung hellbunter Häuser und erreichten das einzige drei stöckige Gebäude der Insel. Nur das Erdgeschoss war verputzt, bei den beiden oberen Stockwerken war der nackte Ziegelstein zu sehen.
Noch darüber, an den Ecken dessen, was das Dach hätte sein sollen, ragten Bündel aus verrostetem Metall zum Himmel auf. Vor dem Eingang wuchs ein Feigenbaum, und darunter stand ein Ziegenbock. Das Tier besaà nur ein Horn, und mit seinen langen Beinen hätte man es eher für einen Windhund halten können. Der Sturm, der ihm das lange helle Fell zerzauste, schien den Bock nicht zu interessieren. Reglos stand er da und schaute mit seinen waagerechten Pupillen zu dem Fahrzeug, das da auf ihn zukam. Als es angehalten hatte, trabte er ihm wie ein zahmes Haustier entgegen.
»Ciao, Martino!«, begrüÃte Nitti das Tier, während er die Wagentür öffnete.
Sofort sprang der Bock an ihm hoch, legte ihm die Vorderhufe in den Schoà und schamlos stieà sein Becken gegen Nittis Beine. Paolo wurde vom Gestank des Tieres erfasst, der wie etwas Greifbares, fast wie ein Schweif sichtbar, im Wind umherwirbelte und in die Nasenflügel zog.
»Runter, Martino, runter«, sagte Nitti.
Trotz seiner Erregung gehorchte Martino wie ein wohlerzogener Hund. Er nahm die Beine aus Nittis Schoà und stellte sich brav neben das Fahrzeug.
»HeiÃt der wirklich Martino?«, fragte Luisa.
»Ja. Den Namen hat er von mir«, antwortete Nitti. »Der passt doch zu einem Ziegenbock â¦Â«
Er zog den Schlüssel ab, steckte ihn ein und deutete mit dem Kinn auf das Gebäude.
»Hier können Sie heute übernachten. Das ist der Glaspalast.«
Paolo hob den Blick zu den oberen Stockwerken. Anstelle von Fenstern klafften zwischen den Ziegelsteinen nur Lücken ohne Rahmen.
»Und wo sind die Glasscheiben?«
Nitti verzog das Gesicht.
»Die fehlen. Wie so vieles auf dieser Insel. Nur das Wort gibt es.«
Martino hatte mittlerweile sein Interesse an Nitti verloren und war auf Luisa zugetrabt, nebelte sie mit seinem Gestank ein und versuchte, an ihr hochzuspringen. Sie beeilte sich, rasch zu Paolo aufzuschlieÃen und
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