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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Wagen stieg und auf die Straße hinausfuhr,
konnte er sie auf dem Scheunenhof stehen sehen wie zwei Figuren auf einem Bild
von Millet. Eine unbändige Wut gegen die Hurensöhne, die versuchten, hart
arbeitenden Farmern das Land wegzunehmen, stieg in ihm auf. Wenn irgend jemand
darauf aus war, Henny die Hölle heiß zu machen, dann würde dieser Mensch es mit
Peter Shandy zu tun bekommen. Er trat das Gaspedal durch und sauste in Richtung
von »Nutes Nische« und fragte sich, wie viele verschiedene Verbrechen er
aufklären mußte, bevor er den wahren Grund für den Tod von Spurge Lumpkin
herausfinden würde.
    Als Nute den teuren Wagen vorfahren
sah, stellte er sich mit strahlendem Lächeln in die Ladentür und zupfte sich
die Manschetten seines lila gestreiften Hemdes unter den Aufschlägen seiner fliederfarbenen
Wildlederjacke zurecht. Er erinnerte Shandy stark an ein Backenhörnchen, das in
einen Farbtopf gefallen war. Als der Fahrer jedoch ausstieg und sich als
Cordhosenträger und Besitzer eines Flanellhemdes herausstellte, auf dem noch
letzte Reste von Petunienerde prangten, nahm sein Backenhörnchengesicht für
kurze Zeit einen wieselartigen Ausdruck an. Dann fiel Nute wieder zurück in
sein professionelles, affektiertes Grinsen und ging daran, routiniert sein
Gedächtnis zu durchforsten.
    »Du liebe Zeit, ich kenne Sie doch — ach
ja! Sie waren vorige Woche mit dieser hübschen Blondine hier. Wirklich
charmant, wenn ich mal so sagen darf.«
    »Die Blondine ist meine Frau, und ich
habe es nicht gern, wenn sich Fremde über ihren Charme auslassen, also lassen Sie
das besser«, erwiderte Shandy. »Mr. Lumpkin, wissen Sie schon, daß Ihr Vetter
Spurge getötet wurde?«
    »Spurge tot?« Das aufgesetzte Lächeln
wirkte mit einem Mal nicht mehr aufgesetzt, aber dann gelang es Canute Lumpkin
wieder, seine Züge unter Kontrolle zu bekommen und eine passendere Miene
aufzusetzen.
    »Dann bin ich ja — «
    »Der Allerletzte. Wieviel genau werden
Sie erben, Mr. Lumpkin?«
    »Nennen Sie mich bitte nicht Mr.
Lumpkin. Es ist ein so langweiliger Name. Und Sie glauben doch nicht etwa, daß
ich an so etwas Vulgäres wie Geld denke, wenn ich gerade meinen letzten und
einzigen Verwandten verloren habe!«
    »Vor einigen Monaten haben Sie sich
aber recht intensiv mit dem Gedanken an Geld beschäftigt, als Sie versuchten,
Spurge in eine Irrenanstalt zu verfrachten.«
    »Dann haben Sie also mit den Horsefalls
gesprochen. Übrigens, es wäre sehr nett, wenn ich erfahren könnte, wer ein
solches Interesse an meinen Privatangelegenheiten hat! Nicht, daß ich mich von
Ihrer Anteilnahme nicht geschmeichelt fühle, wissen Sie, aber man ist einfach
gern informiert.«
    Eingebildeter Fatzke. Shandy
unterdrückte einen gesunden Drang, Nutie den Schleimer in den Körperteil zu
treten, der es am dringendsten nötig hatte, und machte sich daran, der immerhin
verständlichen Bitte nachzukommen. Nutie zeigte sich höchst erfreut.
    »Professor Shandy! Ich hatte ja keine.
Ahnung, daß Sie mir so außergewöhnliche Ehre erweisen würden. Ich frage mich,
wie ich dazu komme... Sollte man flaggen oder die Presse verständigen? Treten
Sie ein, und nehmen Sie Platz, Herr Professor. Bitte entschuldigen Sie die
Unordnung, aber ich habe bis eben eine Kundin aus New York bedient, die den
Laden völlig auf den Kopf gestellt hat. Es macht Spaß, mit Leuten zu tun zu
haben, die das Besondere schätzen und einen Sinn für das Schöne haben. Und die
nötigen Mittel, um sich einen exquisiten Geschmack leisten zu können«, fügte er
mit einem vielsagenden Blick auf Shandys Wagen draußen hinzu. »Übrigens, mir
ist aufgefallen, daß sich Ihre Gattin neulich ganz besonders für mein Bow-Teeservice
interessiert hat. Eine ausgesprochene Rarität, wie Sie sicher wissen.«
    »Vielen Dank, aber wir besitzen bereits
ein Teeservice.«
    Shandy hatte zwar keine Ahnung, ob dies
der Wahrheit entsprach, aber er hätte einen Gegenstand, der aus »Nutes Nische«
stammte, nicht einmal mit der Kneifzange angefaßt. »Da Sie ein derartig
einträgliches Geschäft gemacht haben, wollen Sie sich sicher mit Harry Goulson
in Verbindung setzen, was die Kosten für das Begräbnis Ihres verstorbenen
Vetters betrifft.«
    Er hatte noch niemals einen Menschen
getroffen, der derart ablehnend wirkte. Es war faszinierend, Canute Lumpkin
dabei zuzusehen, wie er versuchte, sich herauszureden.
    »Auf mein Wort, Herr Professor, ich
sehe nicht ein, wieso ich auch nur das Geringste mit der Sache zu tun

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