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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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haben.«
    »Kann mir Schlimmres vorstellen, als
mein Fett abzukriegen. Is’ noch Kaffee da?«
    »Nee, kein Tropfen. Un’ ich würd’ dir
auch keinen geben, wenn noch was drin wär’. Stopfs’ dich voll, statt endlich
mal draußen ‘n Zahn zuzulegen. Bloß weil der arme Spurge — «
    »Um noch einmal auf Spurge
zurückzukommen«, sagte Shandy, schon ziemlich verzweifelt. »Was ist denn
schließlich aus Lumpkins Erbe geworden?«
    »Tja, wie ich schon zu erklären
versucht hab’, bevor dieser Nichtsnutz von Neffe, den ich nie gewollt hab’,
nich’ mal als Geschenk, wenn’s nach mir gegangen wär’, seinen Senf dazugegeben
hat, ohne daß ihn wer drum gebeten hat, also die Lumpkins starben einer nach’m
andren, bis zum Schluß nur noch Spurge un’ sein Vetter Nute übrig waren. Un’
Nute is’ vors Gericht gewalzt un’ hat versucht, Spurge für geistesschwach zu
erklären. Wollt’ sich selbs’ zum Vormund machen lassen, damit er ‘n Topf allein
auskratzen konnte.
    Aber ich un’ Henny ham ihm ‘n dicken
Strich durch seine Rechnung gemacht. Das muß ich Henny lassen, an dem Tag hat
er im Gericht seinen Mann gestanden. Spurge Lumpkin verdient sich’s Brot un’
Bett genausogut wie jeder andre auch un’ auf ‘ne verdammt ehrlichere Weise als
so mancher andre, hat er gesagt un’ Nute dabei ‘n Blick verpaßt, der ‘nem
Messingaffen glatt ‘n Schwanz abgefroren hätte.
    Bin ich also aufgestanden un’ hab’
denen mal meine Meinung gesagt. Männer sind von Natur aus schwach, hab’ ich
gesagt, un’ keiner von denen kann sich selbs’ allein die Schnürsenkel zubinden,
un’ ers’ recht nich’ der Vormund von jemand andrem sein, soweit ich das seh’,
un’ Gott weiß, wie viele von der Sorte ich schon gesehen hab’. Die Frau vom
Richter war auch da un’ hat die ganze Zeit ins Taschentuch gekichert, hat aber
so getan, als wär’s bloß ‘n Hustenanfall, aber mich kann keiner reinlegen, ich
hab’s trotzdem gemerkt.
    Der Richter hat’s auch gesehen un’
gefragt, ob ich un’ Henny Spurge als unsren Knecht behalten wollen. Un’ Henny
hat gesagt, Spurge wird solang ‘n Dach überm Kopf haben wie wir selbs’ eins
haben. Un’ da hat der Richter gesagt ›Antrag abgelehnt‹, un’ wir sin’ wieder
weg un’ ham uns alle ‘n Eisbecher inner Eisdiele genehmigt.«
    »Ist Nute Lumpkin mit Ihnen gegangen?«
fragte Shandy.
    »Die halbe Portion?« Henny grinste.
»Was zum Teufel hätten wir denn mit dem machen sollen? Der is’ wütender
abgezischt wie ‘ne nasse Hornisse. Wußte haargenau, daß er nix mehr machen
konnte. Ich hätte ‘n sons’ fertiggemacht.«
    Shandy betrachtete den lehmverkrusteten
Achtzigjährigen und war versucht, ihm zu glauben. »Wann genau hat diese
Anhörung stattgefunden?«
    »Direkt nachdem Spurges Bruder Charlie
un’ dessen Frau un’ zwei Söhne in’nem Autounfall umgekommen sind. Aufm Heimweg
von New Hampshire. Ich glaub’, ‘s war November oder so.«
    »Letztes Jahr?«
    »‘s war grad Erntedank«, sagte Miss
Hilda. »Wir hatten Eddie un’ seine Familie zum Essen hier, un’ ich hab’ Brandy
für die Pastetenfüllung gekauft, bevor wir ins Gericht gegangen sind, un’
später has’ du mir dann mit Spurge die Flasche aus der Tasche stibitzt un’ auf
mein Wohl leergemacht. Früher ham wir immer die Ralphs un’ die Eddies zusammen
hier gehabt, aber die beiden Weiber sin’ mir auf’n Wecker gegangen, immer gab’s
Krach, un’ jetz’ ham wir die Ralphs in’n graden Jahren un’ die Eddies in’n
ungraden. ‘s war also kaum wer da, bloß du un’ ich, dann Spurge, Eddie un’
Jolene un’ die sieben Kinder, die Frau vom jungen Eddie un’ das Baby. War’s
kaum wert, für so ‘n paar Männekes ‘n Tisch zu decken, aber ich hab’s dann doch
gemacht, un’ niemand kann behaupten, daß er hungrig heimgegangen is’.«
    »Um es kurz zu machen«, erwiderte
Shandy und hoffte, daß es ihm diesmal gelingen würde, »diese, eh, Anschläge
fingen also nach Nutes Niederlage vor Gericht an, als kein Schnee mehr lag.«
    »Was für Schnee?« fragte Timothy Ames,
der wie üblich den Großteil des Gesprächs verpaßt hatte.
    »Im Schnee hinterläßt man Spuren«,
erklärte Shandy, »die zurückverfolgt werden können. Soweit ich mich erinnere, lag
am Erntedankfest schon Schnee, und der letzte Schnee ist erst Ende März
geschmolzen. Wenn Sie Fußabdrücke gesehen hätten, hätten Sie leicht feststellen
können, wer die Apfelbäume abgeknickt hat und wie der Hund in den

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