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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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haben
sollte. Wie Sie wissen, habe ich versucht, die Vormundschaft über meinen Vetter
zu beantragen, und zwar nicht deshalb, wie es Ihnen die Horsefalls vielleicht
eingeredet haben, weil es mir um irgendwelches Geld ging, sondern deshalb, weil
ich mir ernsthaft Sorgen um das Wohlergehen von Spurge gemacht habe. Aber der
Richter hat mein Gesuch abgelehnt. Daher wäre es unpassend und wahrscheinlich
sogar ungesetzlich, wenn ich mich jetzt einmischen würde und die Pläne
durcheinanderbrächte, die die Horsefalls gemacht haben. Miss Hilda wäre
sicherlich überglücklich, wenn die Polizei mich der Mißachtung des Gerichts
überführen würde.«
    Er spreizte seine sorgfältig manikürten
Finger und zeigte sein Lachgrübchen. »Ich werde natürlich einen Kranz oder so etwas
schicken. Lilien, was halten Sie davon? Seht die Lilien auf dem Felde und so
weiter. Obwohl man nicht sagen kann, daß mein Vetter Spurge nicht schwer
gearbeitet hat, nicht wahr? Der alte Horsefall hat ihn wie ein Pferd schuften
lassen, wie man sich hätte denken können. Deshalb habe ich auch versucht, den
armen Kerl aus diesem Sklavendasein zu erlösen. Aber man hat ja meine Motive
völlig mißverstanden — «
    »Wer hätte Ihre Motive denn
mißverstehen können, Mr. Lumpkin? Was den Wert des Landes betrifft, das Sie zu
erben gedenken, so gibt es keinerlei Zweifel, man braucht nur nachzusehen,
wieviel es wert ist, eine Information, die jedem zugänglich ist. Was ich
allerdings sehr interessant finde, ist die Tatsache, daß Sie mich nicht einmal
gefragt haben, was genau Ihrem Vetter zugestoßen ist. Vielleicht wissen Sie es
bereits?«
    »Wie sollte ich? Sie sind doch gerade
eben erst hier hereingaloppiert, wie dieser Kerl, der von Gent nach Aachen lief
— ach du liebe Zeit, der hat allerdings gute Nachrichten gebracht. Jetzt werden
die Leute schon wieder sagen, daß ich ins Fettnäpfchen getreten bin. Wie
scheußlich! Also gut, dann frage ich Sie eben jetzt: Was genau ist meinem
Vetter denn zugestoßen?«
    Shandy beschrieb es ihm in allen
Einzelheiten, und Nute sagte noch einmal »Wie scheußlich!« und fügte hinzu:
»Sehen Sie, wie recht ich hatte, als ich von Spurges Geistesschwäche sprach? Es
scheint mir ganz so, Herr Professor, daß ich einen guten Grund habe, die
Horsefalls wegen grober Fahrlässigkeit anzuzeigen.«
    »Und mir erscheint es ganz so, als
hätten Sie nicht sehr gute Aussichten, Geld aus der Sache herauszuschlagen, Mr.
Lumpkin. Außerdem können die Horsefalls für den Schadenersatz nicht aufkommen,
falls Sie tatsächlich mit viel Glück Ihren Prozeß gewinnen sollten.«
    »Und warum nicht? Sie haben doch
schließlich Eigentum«, erwiderte Lumpkin eine Idee zu schnell.
    »Das ist richtig. Und ich sehe, daß Sie
darüber bereits nachgedacht haben. Sie stünden allerdings ganz schön schlecht
da, wenn sich herausstellen sollte, daß der Unfall, der Ihren Vetter das Leben
gekostet hat, von irgendeiner Person oder von mehreren Personen oder Bekannten
von Ihnen absichtlich provoziert wurde, um an den Besitz zu gelangen.«
    »Was hätte ich denn damit zu tun? Es
wäre durchaus möglich, daß ich den oder die Täter kenne, die Sie so überaus
kenntnisreich beschrieben haben. Hier kennt jeder jeden. Und natürlich kenne
ich auch all die Geschichten, die man sich über die Horsefalls erzählt, daß
Henny mit einem Gewehr voll Steinsalz durch die Gegend streift und Miss Hilda
in ihrem Hexenkessel rührt und sich dabei neue saftige Flüche ausdenkt. Ich
liebe Klatschgeschichten. Macht viel mehr Spaß, als sich die Seifenopern im
Fernsehen anzusehen, und keiner unterbricht einen, um mal eben schnell ein
unwiderstehliches Sonderangebot von Spode anzupreisen, ausgerechnet in dem
Moment, als Linda ihrem Michael gestehen will, daß sie eine Affäre mit Claude
hatte, obwohl es heutzutage wohl sicher eher eine Claudia wäre.
    Aber, um mal ganz abscheulich ehrlich
zu sein, Professor, so ganz verstehe ich nicht, auf was Sie hinauswollen. Sie
wollen mir doch nicht etwa drohen? Falls das nämlich der Fall sein sollte, wäre
ich durchaus in der Lage, nicht nur die Horsefalls, sondern auch Sie
gerichtlich zu belangen, und vielleicht würde mir der Anwalt sogar Mengenrabatt
geben.«
    Canute setzte ein zuckersüßes Lächeln
auf, um zu zeigen, daß es sich nur um einen Witz handelte, machte jedoch sehr
deutlich, daß er wie eine Kobra zustoßen würde, sobald sich ihm die Gelegenheit
böte. Shandy fragte sich, wie viele Menschen Nute bereits vor den Kadi

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