Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
gezerrt
hatte und wieviel er wohl an seinen Prozessen verdient hatte.
    »Wie überaus schade, daß Sie im Moment
nicht prozessieren«, erwiderte er mit einer Sanftheit, die er sich
normalerweise für seine gefährlicheren Momente vor den Studenten aufsparte.
»Ich würde nicht im Traum daran denken, Ihnen zu drohen. Und wenn man bedenkt,
daß Miss Horsefall bald 105 wird und die Geburtstagsfeier unmittelbar
bevorsteht, kann ich mir kaum vorstellen, daß die Drohung, einen Prozeß gegen
sie anzustrengen, eine gute Publicity für Sie sein würde. Jetzt, wo Sie den
Lumpkin-Besitz bekommen, möchten Sie doch sicher sowieso lieber Ihre Ruhe
haben.«
    »Wenn sich mir eine Gelegenheit bietet,
nebenher zu etwas Geld zu kommen, nehme ich gern etwas Unruhe in Kauf, Herr
Professor. Abstoßend, ich weiß, aber so bin ich nun mal. Geschäftstüchtig bis
zum letzten. Sind Sie sich auch vollkommen sicher, daß Sie Ihre hübsche Gattin
nicht doch mit meinem Bow-Teeservice überraschen wollen? Bei einem berühmten
Kunden wie Ihnen bin ich sogar jederzeit bereit, einen Sonderpreis zu machen.
Aus Gründen der Publicity, Sie wissen schon, was ich meine.«
    Shandy dachte, daß es wohl besser sei,
möglichst schnell das Geschäft zu verlassen, ehe Canute Lumpkin das
Beweismaterial für eine Klage wegen schwerer Körperverletzung gut sichtbar an
seinem Leib trug. »Ich werde Ihre Güte nicht in Anspruch nehmen, Mr. Lumpkin.
Erlauben Sie mir nochmals, Ihnen mein Beileid auszusprechen. Oder Sie zu
beglückwünschen, was wohl in Ihrem Fall eher zutrifft.«
    »Ich weiß Ihre Rücksichtnahme zu
schätzen, Professor Shandy. Erlauben Sie bitte.« Mit einem selbstgefälligen
Grinsen öffnete Canute Lumpkin seinem Gesprächspartner die Türe. »Oh, was die
Blumen betrifft, meinen Sie nicht auch, daß ein einfacher Strauß Feldblumen am
angebrachtesten wäre? Vielleicht Gänseblümchen und Butterblumen?«
    »Wie wäre es mit Gemeinem Hundszahn?«
    Shandy stieg in seinen Wagen und fuhr
zurück zu den Horsefalls. Er hatte das Gespräch zu einem sehr ungünstigen
Zeitpunkt abgebrochen, aber vielleicht konnte er froh sein, daß er noch
einigermaßen gut davongekommen war. Nute war wirklich ein schleimiger Kerl.
Intelligent wie eine Ratte, verhielt er sich so, daß man sich des Eindrucks
nicht erwehren konnte, daß ein Mensch unmöglich derartig niederträchtig sein
konnte, wo er doch in Wirklichkeit sicher noch weitaus niederträchtiger war.
Canute Lumpkin war es zuzutrauen, daß er genüßlich und mit viel Begeisterung
schmutzige Tricks ausheckte. Seine direkte Informationsquelle über die Farm der
Horsefalls war Fergy, der durch seinen Freund Spurge stets auf dem laufenden
gewesen war. Gegen die alten Leutchen hegte er immer noch Groll, weil sie
seinen Plan vereitelt hatten, Spurges Vormund zu werden und sich so dessen Besitz
zu erschleichen. Er war verschlagen genug, zuerst mit Kleinigkeiten anzufangen,
die Henny wie einen alten Narren erscheinen ließen, wenn er sich ständig bei
der Polizei beklagte, und seine Untaten allmählich bis zu dem Punkt zu
steigern, wo sie tatsächlich gefährliche Ausmaße annahmen, ohne daß man ihm
Schwierigkeiten machte.
    Seine Rolle als vermeintlicher
Wohltäter seines Vetters bot ihm eine willkommene Ausrede, Fergy über sämtliche
Kleinigkeiten auszufragen, die Spurges Arbeit auf der Horsefall-Farm betrafen.
Fergy hätte ihm leicht Auskunft geben können. Henny hatte Spurge tagelang
angehalten, den Streuer zu säubern, und Nute hätte sich ausrechnen können, wie
sein Vetter auf den brodelnden Löschkalk reagieren würde. Wenn er dabei umkam,
war es ihm nur recht. Wenn nicht, hatte Nute immer noch einen wunderschönen
Grund, die Horsefalls wegen Vernachlässigung ihrer Pflicht zu belangen und auf
Schadensersatz zu verklagen. Da sie nichts weiter als ihre Farm besaßen, würde
ihm bald die ganze Farm in seine fetten rosigen Hände fallen. Danach wäre er
zweifellos gerne bereit gewesen, mit Loretta Fescue und deren ungeduldigen
Klienten ins Geschäft zu kommen. In ein paar Jahren wären diese fruchtbaren
Äcker höchstwahrscheinlich mit Asphalt und Supermärkten bedeckt. Wenn es
Shandys Ansicht nach ein Verbrechen gab, das schlimmer als Mord wog, dann war
es zweifellos dieses.
     

Kapitel 6
     
     
     
     
     
     
    Es war jetzt ungefähr fünf Uhr, zu
spät, um noch beim Rathaus vorbeizuschauen. Schade. Shandy hätte gern Genaueres
über den Lumpkin-Besitz erfahren. Doch es war zu erwarten, daß auch die
Horsefalls

Weitere Kostenlose Bücher