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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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darüber informiert waren, wieviel Nute nach dem Tod seines Vetters
zustand. Er mußte sowieso zurück und Tim abholen, es sei denn, Roy und Laurie
waren ihm zuvorgekommen. Beim Verlassen von Lumpkin Center entdeckte Shandy
zufällig ein verschnörkeltes Schild mit der Aufschrift »Loretta Fescue,
Grandstücksmaklerin« an einem ursprünglich ziemlich bescheidenen, aber im
nachhinein mächtig herausgeputzten Fachwerkhaus. Er hielt an und klingelte,
aber es war offenbar niemand zu Hause. Mit finsterem Blick betrachtete er den
Gartenzwerg aus Plastik, der etwas schob, das allem Anschein nach eine
Schubkarre mit rosafarbenen Geranien vorstellen sollte, und stieg wieder in
seinen Wagen.
    Bei den Horsefalls saßen Tim, Henny und
Miss Hilda mit langen Gesichtern draußen auf der Veranda in Schaukelstühlen mit
Korbsitzen. Seine Ankunft bedeutete offenbar eine willkommene Ablenkung.
    »Hallo, Pete«, rief Tim schon, bevor
Shandy das Auto verlassen hatte. »Gut, daß du kommst. Laurie hat vor einiger
Zeit angerufen und gefragt, ob ich abgeholt werden wollte. Ich hab’ ihr gesagt,
daß ich mit dir komme.«
    »Meine Güte«, ereiferte sich Miss
Hilda, »nu bleibt doch noch was! Ihr jungen Dinger springt ja rum wie Erbsen
aufm heißen Backblech! Laßt Professor Shandy doch ers’mal verschnaufen. Ich
mach’ uns ‘n Bissen fürs Abendbrot zurecht, sobald ich wieder auf n Beinen
stehen kann. Daß dieser Goulson den armen Spurge so einfach weggekarrt hat, hat
mich ganz schön umgehauen, muß ich zugeben.«
    Henny nickte. »Ich weiß, Tante Hilda.
Könnt ‘s auch bis dahin kaum glauben. Mann, wenn ich bloß dran denk’ — hier,
Professor, schnappen Sie sich ‘n Stuhl, un’ setzen Sie sich ers’mal. Wir
kriegen sicher bald was zu futtern, nehm’ ich an.«
    »Bitte machen Sie sich meinetwegen
keine Umstände«, sagte Shandy. »Meine Frau erwartet mich bereits.«
    »Wie lang sind Sie denn schon
verheiratet?« wollte Miss Hilda wissen.
    »Seit dem 21. Januar.«
    »Sie meinen, diesen Januar? Da ham Sie
sich aber ganz schön Zeit gelassen, was?«
    »Eigentlich nicht. Ich habe meine Frau
erst eine Woche nach Weihnachten kennengelernt.«
    »‘ne Witwe mit Torschlußpanik auf der
Jagd nach’m Ernährer, was?«
    »Keineswegs. Wir waren beide noch nie
verheiratet, und meine Frau ist durchaus in der Lage, sich selbst zu ernähren.
Sie hat einen Doktor in Bibliothekswissenschaft.«
    »Warum muß sie sich dann verdammt
nochmal ‘n Ehemann aufhalsen?«
    »Nun, sie behauptet, eh, daß sie mich
gern hat.«
    »Na ja, is’ wohl sicher noch eine von
der altmodischen Sorte, die gern ‘n Mrs. aufm Grabstein prangen haben. Gott
erbarm dich, was issen das schon wieder?«
    »Spurges Geist, er is’ von’n Toten
auferstanden, um sich an denen zu rächen, die ‘n umgebracht haben!« schrie
Henny.
    Hennys Irrtum war durchaus
verständlich. Die ramponierte Gestalt voll blutender Kratzer, die gerade über
den Hügel auf das Haus zueilte, hätte jedem die Haare zu Berge stehen lassen.
Sie schwang einen Gegenstand, der zunächst wie ein Breitschwert aussah, sich
aber dann als riesige Heckenschere entpuppte. Es war Cronkite Swope, der gerade
von seinen journalistischen Ermittlungen zurückkehrte.
    »Ich habe ihn gefunden!« brüllte er.
»Ich habe den Runenstein gefunden!«
    Miss Horsefall rümpfte verächtlich die
Nase. »Sieht mir aber eher so aus, als hättste ‘n Kampf mit ‘ner Meute
Rotluchse hinter dir. Klar haste den Runenstein gefunden, hab’ dir ja haarklein
erklärt, wo du suchen solls’. Hättste ‘n nich’ finden können, ohne dir dabei
die gute Sonntagshose zu zerfleddern?«
    »Das Dornengestrüpp da unten ist
wirklich widerlich«, Cronkite fuhr sich mit dem Ärmel seines ehemals rosagrün
gestreiften Hemdes über einen anschwellenden Kratzer am Kinn. »Wahrscheinlich
habe ich auch ganz schön viel von dem Giftsumach abbekommen, aber was soll’s?
Sehen Sie mal, Professor Shandy, ich habe einen Abrieb von dem Stein gemacht.«
    »Tatsächlich.« Shandy beugte sich über
die vollgekritzelten Seiten Notizpapier, die Cronkite auf dem Verandaboden
aneinanderlegte. »Leider weiß ich nicht das Geringste über Runen, aber diese
Zeichen sind bestimmt, eh, hochinteressant.« In Wirklichkeit fand er sie alles
andere als interessant, aber er wollte nicht herzlos sein und dem jungen
Burschen ein wenig Anerkennung für seinen journalistischen Fleiß zollen.
    »Und das habe ich auch noch gefunden!«
Cronkite fuchtelte ihm mit einem

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