Über Stock und Runenstein
anfing.
»Wo?«
»Etwa eine halbe Meile von hier, wo die
Straße nach Lumpkin Upper —«
»Das Wo meine ich nicht«, schnappte
Svenson. »Wo ist Swope?«
»Oh. Im Allgemeinen Krankenhaus in
Hoddersville. Mit einem gebrochenen Schlüsselbein, einer Sehnenzerrung und einem
verdammt schmerzenden Kopf. Er hätte bestimmt eine Schädelfraktur
davongetragen, wenn die junge Frau nicht derart geistesgegenwärtig gewesen wäre
und ihm ihre Reitkappe gegeben hätte. Um noch einmal auf meine Eingangsfrage
zurückzukommen, wer ist diese junge Dame? Swope will, daß ich sie als Dank für
ihn küsse.«
»Schicken Sie sie ins Krankenhaus. Soll
sie selber küssen. Kann er viel besser als Sie. Jennie, Julie, irgend so ein
verdammter Name. Jessie. Jessica Tate. Hübsch. Mrs. Mouzouka. Und jetzt gehen Sie.«
Shandy ging. Jetzt wußte er alles, was
er hatte herausfinden wollen. Jessica Tate besuchte entweder einen Sonderkurs
in Nahrungsmittelzubereitung oder in Farmproduktverarbeitung. Mrs. Mouzouka,
die Hohepriesterin des Fachbereichs Diätetik, würde sie für ihn finden. Was den
Dankeskuß betraf, so war Svensons Vorschlag, Miss Tate ins Krankenhaus zu
schicken und Cronkite die Sache selbst erledigen zu lassen, ganz sicher die
bessere Lösung, auch wenn Helen freundlicherweise immer behauptete, Peter küsse
ganz gut. Miss Tate mußte ein echter Augenschmaus sein, wenn sogar Svenson sie
als hübsch bezeichnete. Sieglinde zur Frau zu haben und stolzer Vater von
sieben hübschen Töchtern zu sein, die auf ihre Mutter kamen, machte ihn, was
weibliche Schönheit betraf, besonders anspruchsvoll.
Nachdem er seine beiden Pflichtbesuche
abgestattet hatte, fuhr Shandy zur Horsefall-Farm, um Miss Hilda und Henny
seine Aufwartung zu machen. Wie er erwartet hatte, wimmelte es von sechs
Generationen Horsefalls aller Verwandtschaftsgrade und Freunden, Nachbarn und
Vertreterinnen des Frauenvereins, die sorgsam darauf achteten, daß Miss Hilda
sich nicht überanstrengte und die große Geburtstagsfeier gefährdete, indem sie
einen Herzinfarkt bekam.
Fergy war ebenfalls anwesend, hatte
sein Haar mit Pomade gebändigt und seinen Bart in eine gelungene Nachahmung der
Barttracht von Joseph Smith, dem Gründer der Mormonen-Gemeinschaft, verwandelt.
Er trug einen leuchtendgelben Anzug mit Pepitamuster und sah diesmal alles in
allem weniger wie ein als Hinterwäldler verkleideter Statist in einer
Fernsehsendung über Country-Musik aus, sondern eher wie ein Grundstücksmakler,
der Baugrundstücke inmitten von Mangrovensümpfen verkauft. Vielleicht fühlte er
sich inmitten der riesigen, lärmenden Horsefall-Verwandtschaft fehl am Platz,
jedenfalls begrüßte er Shandy wie einen verlorengeglaubten Bruder.
»Professor, was bin ich froh, Sie zu
sehen. Was is’ denn passiert?«
»Ich komme gerade vom Krankenhaus
zurück, wo ich den jungen Swope besucht habe.«
»Wen, Cronk? Was macht der denn im
Krankenhaus?«
»Sich erholen, hoffe ich. Haben Sie
noch nichts von seinem Unfall gehört?«
»Nein, wann is’ es denn passiert?«
»Irgendwann nach Mitternacht, mehr weiß
ich auch nicht. Kurz nachdem ich selbst mit dem Bus und der, eh, Balaclava-Truppe
weggefahren bin. Er hatte den Unfall direkt hinter Ihrem Haus.«
»Ich will verdammt sein, wenn das nich’
das erste is’, was ich drüber höre!«
»Sie haben überhaupt nichts
mitbekommen? Ich nehme an, es ist auch ein Krankenwagen gekommen.«
»Zu mir hätt’ man den Erzengel Gabriel
mit ‘ner ganzen Blaskapelle schicken können, ich hätt’ trotzdem wie ‘n Stein
weitergepennt, nach allem, was gestern passiert is’. Vielleicht ham Sie es
nich’ mitgekriegt, aber ich hab’ auch ‘nen ganz schön anstrengenden Tag gehabt.
Die Leute sind in meine Scheune geströmt, als hing’ ihr Leben davon ab. Drum
bin ich auch nich’ dazu gekommen, hier ‘n bißchen mitanzupacken. Hab’ mich
nich’ getraut, die Leute auch nur ‘n Moment aus’n Augen zu lassen, un’ als
endlich alle weg waren, war ich so geschlaucht, daß ich mich nich’ mehr rühren
konnte. Außerdem hab’ ich im Moment lieben Besuch.« Fergy zwinkerte Shandy zu.
»‘ne wirklich nette kleine Lady, die ich in Florida getroffen hab’.«
Das mußte die Frau sein, die Shandy
gestern an der Kasse gesehen hatte. »Ist Ihre Bekannte jetzt auch hier?«
»Nee, die paßt aufs Geschäft auf. Die
platzt nich’ gern so bei Fremden rein, besonders nich’ bei ‘nem Familientreffen
wie hier. Jessas! Von wegen reinplatzen!«
Ein
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