Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
lilafarbener Wagen, der von einer
großen Frau in einem lila Kleid mit lila Hut gefahren wurde, war gerade an
ihnen vorbeigebraust und blieb quietschend in der Auffahrt stehen. Mrs. Fescue
stieg aus, die Freundlichkeit in Person, und schlängelte sich durch die Menge.
    »Was mag die denn schon wieder wollen?«
murmelte Fergy. »Was ich übrigens noch fragen wollte, hat’s den armen Cronk
schwer erwischt?«
    »Er hat einiges abbekommen, ein
gebrochenes Schlüsselbein und eine leichte Gehirnerschütterung unter anderem.«
    »Gehirnerschütterung? Is’ er denn bei
Bewußtsein? Und wieso darf er schon Besuch empfangen?«
    »Darf er eigentlich nicht. Ich, eh,
habe mich an der Rezeption vorbeigeschmuggelt und bin dann aus dem Zimmer
geworfen worden, als man mich bemerkte. Falls Sie vorhaben, ins Krankenhaus zu
gehen, würde ich vorschlagen, Sie warten ein paar Tage damit. Er hat eine Menge
Verwandte, glaube ich, und sie erwarten sicherlich, ihn als erste zu sehen.«
    »Die un’ dann noch alle seine
Freundinnen«, sagte Fergy ziemlich zerstreut und beobachtete dabei Loretta Fescue.
»Hat Cronk Ihnen sagen können, wie’s passiert is’?«
    »Das scheint er selbst nicht so genau
zu wissen.«
    »Ach wirklich? Na, überraschen tut mich
das nich’. Gefährliche Dinger, die leichten kleinen Motorräder. Ich würd’ mich
nich’ mal auf eins draufsetzen, wenn der Sattel breit genug für mich wär’.
Kommen Sie, wir schleichen uns mal rüber un’ gucken, was die Fescue vorhat. Ich
trau’ ihr nich’ weiter, als ich sie schmeißen könnt’, was ich, ganz unter uns,
liebend gern tun würd’. Man brauch’ kein Studierter zu sein, um zu wissen,
warum der alte Jim Fescue sich zu Tode gesoffen hat.«
    Sie gingen langsam in Richtung Veranda,
wo Mrs. Fescue inzwischen Henny in eine Ecke gedrängt hatte. Ihre laute, nasale
Stimme war auch im allgemeinen Stimmengewirr noch leicht auszumachen.
    »Es ist also nur eine Frage der Zeit,
bevor man die ganze Gegend hier unter Denkmalschutz stellen wird. Das Klügste
wäre, wenn Sie jetzt sofort verkaufen würden, bevor die Regierung Ihnen das
Land, wenn Sie Glück haben, für zehn Dollar pro Morgen wegnimmt.«
    Henny sah verängstigt und verunsichert
aus. Inzwischen waren außer Shandy und Fergy auch noch andere aufmerksam
geworden. Allgemeines Räuspern und Fußscharren war zu hören, dann begannen die
Horsefalls miteinander zu flüstern.
    »Hab’ ich ja gleich gesagt, daß dieser
verdammte Runenstein — «
    »Man weiß nie, was die Regierung als
nächstes -«
    »Man soll zugreifen, solange es geht.«
    »Es ist sowieso viel zuviel Arbeit für
ihn, jetzt wo Spurge nicht mehr — «
    »Für den Preis, den sie anbietet, kann
sie -«
    »Nein!«
    Die Stimme des jungen Ralphie Horsefall
übertönte sowohl die schrille Stimme von Loretta Fescue als auch das Geraune
der erwachsenen Horsefalls. »Glaub ihr bloß nicht, Onkel Henny! Sie lügt dich
an, das mit dem Denkmalschutz ist überhaupt nicht wahr!«
    »Also hör mal, Ralphie«, begann einer
der Erwachsenen, »halt du dich lieber da raus — «
    »Warum zum Teufel soll ich mich
raushalten? Ich bin doch genausogut ein Mitglied der Familie wie jeder hier,
oder etwa nicht? Wenn’s um ein dickes Geschäft geht, seid ihr alle da, aber wer
von euch hat schon Lust, mal Samstag morgens herzukommen und ‘ne Mistgabel in
die Hand zu nehmen? Ich seh’ hier immer nur Onkel Eddie und seine Kinder und
meinen Vater, meine Brüder und manchmal meine Schwester Hilly, wenn sie es
schafft, sich mal vom Telefon loszureißen, weil sie immer wartet, daß irgendein
Junge sie anrufen könnte. Und natürlich Mutter und Tante Jolene«, fügte er
nachträglich hinzu. Mütter arbeiteten schließlich sowieso immer. Ein junges
Mädchen, das selbst Thorkjeld Svenson passabel gefunden hätte, warf Ralphie
zwar einen wütenden Blick zu, ergriff aber trotzdem seine Partei.
    »Ralphie hat recht, Onkel Henny. Glaub
ja nicht, daß die Regierung tatsächlich hier einfach so hereinspazieren würde
und bloß wegen dem Runenstein deine ganzen Felder übernehmen würde. Und was
wäre schon, wenn sie tatsächlich das kleine Stückchen wollten, auf dem der
Runenstein steht? Dann hätten die ihn am Hals und müßten sich damit
herumschlagen. Es würden viele Menschen an der Farm vorbeikommen, und du
könntest wieder deinen Gemüsestand aufstellen wie früher. Und vielleicht bekäm’
ich ein Stipendium für Balaclava und könnte diesen Kurs in
Farm-Restaurant-Management belegen.

Weitere Kostenlose Bücher