Über Stock und Runenstein
dauernd so komisch.«
»Hatte sich ein Kabel gelockert?«
»Das nehme ich an. Ich hätte eigentlich
anhalten müssen und mir ansehen sollen, ob die Birne richtig festgeschraubt
war, aber es war so verdammt spät, daß ich Angst hatte, das Licht würde ganz
ausgehen, wenn ich erst einmal daran herumgefummelt hätte. Außerdem wollte ich
sowieso nicht weit fahren. Ich wohne bei meiner Familie drüben in Lumpkinton
Upper Corner. Also dachte ich, am besten fahre ich weiter und hoffe das Beste,
hau’ mich später in die Falle und überprüfe alles am nächsten Morgen, wenn ich
genug Licht habe. Aber dann bin ich -«
Cronkite schüttelte den Kopf. Diese
Bewegung mußte ihm wohl Schmerzen verursacht haben, denn er stöhnte und schloß
die Augen. »Ich weiß nicht, was passiert ist. Das Motorrad hat einfach verrückt
gespielt.«
»Und Sie haben keine Ahnung, wieso?«
»Orm. Das ist alles, was ich -«
»Es tut mir leid, aber Sie müssen
dieses Zimmer sofort verlassen.« Eine zornige Krankenschwester stand plötzlich
in der Tür. »Dieser Patient braucht absolute Ruhe.«
»Warum haben Sie denn kein Schild ›Besucher
nicht erlaubt‹ an die Tür gehängt?«
»Wir haben der Rezeption entsprechende
Instruktionen gegeben. Natürlich haben wir angenommen, daß Besucher genug
Verstand hätten, sich zuerst dort zu erkundigen, bevor sie hier heraufkommen.«
Das war also Helens bombensichere
Methode. Shandy schlich beschämt von dannen.
Kapitel 12
A ußer daß es etwas seine Würde
verletzte, störte es Shandy nicht, aus dem Krankenhaus geworfen zu werden. Er
hatte die Information erhalten, auf die es ihm angekommen war, und Swope schien
nicht in Lebensgefahr zu schweben. Das war der jungen Dame mit der Reitkappe zu
verdanken. Bestimmt konnte ihm Thorkjeld Svenson sagen, wer sie war.
Wie es zu Swopes Hechtsprung vom
Motorrad gekommen war, würde der Präsident zwar auch nicht wissen, aber Shandy
konnte sich inzwischen schon einiges zusammenreimen. Der Zeitpunkt, der Ort,
die Umstände, der defekte Scheinwerfer und der fehlende Helm konnten einfach
keine bloßen Zufälle sein.
Zwar hatte es tatsächlich in der
letzten Nacht ein beträchtliches Maß an Vandalismus gegeben, und Shandy selbst
war nicht ohne Schuld, wenn er daran dachte, an wie vielen Scheinwerfern er
herumgebastelt hatte, aber Swopes Motorrad war nicht übermäßig gefährdet
gewesen. Cronkite war fast immer in dessen unmittelbarer Nähe geblieben, mit
Ausnahme der Zeit, die er fotografierend auf dem Traktor verbracht hatte. Das
war irgendwann am Nachmittag gewesen, als es noch nicht dunkel war. Lange
danach war er noch hin und her geschossen, hatte die Rasenden Rüpel
zusammengetrommelt, die besten strategischen Stützpunkte für sie und ihre
Pferde zu erkunden versucht, Eindringlinge verjagt, die sich besonders
ungebührlich verhielten, war zum Runenstein gesaust, um dort nach dem Rechten
zu sehen, und wieder zurück zur Farm gefahren, um telefonisch die letzten
Entwicklungen an seine Zeitung weiterzugeben, da der All-woechentliche
Gemeinde- und Sprengel-Anzeyger offenbar erstmalig in seiner Geschichte
eine zweite Sonderausgabe innerhalb einer Woche plante. Er hatte natürlich das
Motorrad nicht mit ins Haus nehmen können, aber wahrscheinlich war es von den
Gänsen bewacht worden.
Ein bemerkenswerter Gedanke. Unter den
Gänsehirtinnen befanden sich nicht nur Marie und Jolene, sondern auch jene Mrs.
Lewis, deren Sohn Henny ursprünglich verdächtigt hatte, die Anschläge auf die
Farm verübt zu haben, und eine bunte Mischung aus alten und jungen Horsefalls,
zu denen unter anderem auch die unglaublich gut erhaltene, wenn auch etwas
merkwürdige Miss Hilda gehörte. Sie alle hatten theoretisch ständig Gelegenheit
gehabt, sich an Cronkites Motorrad zu schaffen zu machen.
Natürlich bedeutete das nicht, daß eine
von ihnen diese niederträchtige Tat begangen hatte. Jedem beliebigen Menschen
wäre es sicher irgendwie möglich gewesen, den Arm auszustrecken und den
Scheinwerfer im Vorbeigehen kurz zu verdrehen, gerade so viel, daß die Birne
oder das Kabel sich genug gelockert hätten, um später das rätselhafte Flackern
zu verursachen, das Swope so irritiert hatte. Was den Helm betraf, so konnte
dieser nur zu einem sehr späten Zeitpunkt weggenommen worden sein, sonst hätte
Swope ihn schon vermißt, bevor er sich auf den Heimweg machte. Zum Schluß war
Swope genauso geschafft gewesen wie die restliche Verteidigungstruppe, auch
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