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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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auslaufende Strommeiler, und schon war es soweit.
    Eine Titanenfaust riß mich nach unten.
    Komprimierte Luft wimmerte in meinem Drucklager, das ich mit dem vielmals gesteigerten Normal-Körpergewicht bis zur äußersten Belastungsgrenze durchdrückte.
    Draußen war ein einziges Krachen und Bersten. Material zerfetzte unter kreischenden Mißtönen, und das kleine Schiff wurde mit brutaler Gewalt auf den Boden geschleudert.
    Das Heck stauchte ein, riß unter der nachschiebenden Aufschlagwucht des Gesamtschiffes durch den stiebenden Grund, und schon schlug das schrägliegende Boot mit der Breitseite auf.
    Teuflisch schlingernd, unter einem wahren Höllengetöse, krachten wir weiterhin über steinigen Boden, der nicht zur Erde gehörte. Ich wurde herumgewirbelt, bald aus den Gurten gerissen, und das Konturlager hatte immer wieder harte Stöße zu absorbieren.
    Ein letztes Aufbäumen, ein letztes Dröhnen – dann herrschte plötzlich eine beinahe ehern anmutende Stille, die aber schon wenige Augenblicke später von knisternden und peitschenden Lauten unterbrochen wurde.
    Das vollständig zertrümmerte Triebwerk erwachte zu einem eigenen Leben, und wenn der Stromreaktor undicht geworden war, dann hagelte es jetzt schon harte Strahlungsimpulse.
    TS-19 lag plötzlich ganz dicht neben mir. Sein Konturlager war mitsamt der eingedrückten Wand nach meiner Richtung geschoben worden.
    „’raus, nichts wie ’raus“, hörte ich seine heisere Stimme.
    Kaum war er wieder einigermaßen bei sich, als er schon an die Aufgabe dachte. Es war sehr leicht möglich, daß die beiden Piloten seine Worte verstanden, und das konnten sie bei einem später kommenden Verhör durch die Behörden in Luna-Port recht gut aussagen.
    So begann er zu schauspielern:
    „Dr. Tabun, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich bei einem eventuellen Fluchtversuch Ihrerseits sofort von meiner Waffe Gebrauch machen werde. Bleiben Sie still liegen, bis Hilfe kommt. Luna-Port wird unseren ungefähren Absturzort leicht ermitteln können. Wir sind geortet worden. Bleiben Sie ja ruhig liegen.“
    Bei den Worten löste ich schon meine Gurte. Seine Waffe glitt in meine Rechte. Sie war feuerbereit.
    Da erst entdeckte ich den breiten Riß in meinem Konturlager. Schon während des ersten Aufpralls mußte er entstanden und die Luft schußartig ins Vakuum des Mondes entwichen sein. Wenn wir da keine Raumanzüge angehabt hätten!
    Die Knistergeräusche des Materials waren ebenfalls unhörbar geworden, da die leitende Luft fehlte. Nur unter meinen schweren Sohlen fühlte ich noch das zarte, jedoch heftiger werdende. Zittern des Wracks, das sein eigenes Leben zu entwi-ckeln schien. Das Innenschott der Luftschleuse war eingedrückt worden. Man konnte sich zur Not durch den entstandenen Spalt pressen, doch dahinter kam das Außenluk. Der Ausstieg konnte nicht schwierig sein, da die Rakete in der Waagerechten lag. Wenn sie jedoch ausgerechnet auf die Öffnung gerutscht war, dann …!
    Ich wagte nicht, weiterzudenken, zumal TS-19 schon eine fieberhafte Aktivität entwickelte. Unter unserem gemeinsamen Zug gab das Innenschott nach. Da wurde es über uns lebendig.
    Die Notbeleuchtung brannte noch. Mein Blick zum geöffneten Schiebeluk in der ehemaligen Decke, die jetzt Seitenwand war, überzeugte mich davon, daß die beiden Männer recht gut davongekommen waren. Soeben tauchte mein spezieller Freund auf. Mit den Füßen voran, kroch er in die zerbeulte Kabine, und hinter ihm folgte eine schlanke Gestalt, deren blutüberströmtes Gesicht hinter dem durchsichtigen Helm gut erkennbar war.
    „Leutnant, wo sind Sie?“ kam es aus meinem Gerät. „Helfen Sie, bitte. Rächet hat sich böse den Schädel angeschlagen.“
    Ich stand längst mit entsicherter Waffe in der äußersten Ecke. Der Kollege hatte sich mit erhobenen Armen vor die Luftschleuse gestellt, wonach mir die Schußrichtung nicht versperrt wurde.
    In mir schien jeder Nerv zu zucken. Meine maßlose Erregung klang im Vibrieren der Stimme mit, als ich auf seine Aufforderung hin entgegnete:
    „Der GWA-Leutnant wird Ihnen nicht helfen, Navigator! Ich werde Ihren Raumanzug in ein Sieb verwandeln, wenn Sie nur eine unbedachte Bewegung machen. Bleiben Sie ruhig liegen, ich spaße nicht.“
    Im flackernden Notlicht sah ich ein wutverzerrtes Gesicht. Der Captain lag in der Kabine. Der Pilot steckte noch bis zur Hälfte in dem engen Mannloch. Er schien mit seinen blutverkrusteten Augen nichts sehen zu können, da sofort seine

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