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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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hastig. „Haargenau. Jetzt wird es aber Zeit.“
    Auch ich stand auf den Füßen. Es war ein seltsames Gefühl, ohne bleibeschwerte Sohlen unter diesen erheblich verringerten Gewichtsverhältnissen Bewegungen ausführen zu müssen.
    Über uns hörten wir erregte Stimmen. Die beiden Männer arbeiteten wie die Wilden, um den Fehler zu finden. Der Baß des Navigators drang deutlich heraus.
    Zu jenem Zeitpunkt mußten wir noch knapp 30 Kilometer über der Oberfläche stehen und mit einer Fahrt von rund 7000 Kilometer pro Stunde stürzen. Der plötzlich blockierte Steuerrobot handelte nun nach den eingestellten Daten und brachte das Triebwerk nur dann auf Leistung, wenn eine Korrektur erforderlich war.
    Schließlich glitt das Schiebeluk auf, und ein verzerrtes Gesicht erschien.
     
4. Kapitel
     
    Die Stimme hatte sich überschlagen. Uns waren Anweisungen zugebrüllt worden, die wir unvorbereitet niemals verstanden hätten. Der Ausfall der wichtigsten Kommandogeräte war so überraschend gekommen, daß die Männer den Kopf verloren.
    TS-19 hatte meine Fußfesseln sofort gelöst, damit ich den Raumanzug anlegen konnte. Es wäre im echten Notfall seine Pflicht gewesen, wonach es bei einer späteren Untersuchung nicht auffallen konnte.
    Wir wußten aus den Belehrungen, daß wir knapp dreieinhalb Minuten Zeit hatten, um die Schutzkleidung über den Körper zu streifen. Zu meiner tiefsten Erleichterung konnte ich sehen, daß die Männer in der Kanzel mit wenigen geübten Bewegungen hineingeschlüpft waren und bereits die Klapphelme schlossen.
    Miller wurde nach mir fertig. Ich lag schon festgeschnallt auf dem Konturlager, als ich seine Magnetverschlüsse klicken hörte. Für lange Kontrollen der Sauerstoff- und Klimaanlagen war keine Zeit mehr geblieben. Das Schiebeluk stand noch offen, und so konnte ich einen kleinen Ausschnitt jener Landschaft sehen, auf die wir nun zurasten.
    In das Brüllen der Piloten drangen plötzlich andere Töne hinein. Eine Stimme schrie im höchsten Diskant:
    „SS-235 – Schiff SS-235 –, hier Fernlenkstation Luna-Port. Wir haben Sie im Tasterstrahl. Sie stürzen. Sie weichen vom Landekurs ab. Schalten Sie sofort auf Fernsteuerung um. Sofort umschalten! Kommandant-Befehl von Luna-Port, sofort auf Hochgebundene Fernsteuerung umschalten. Was ist bei Ihnen los? Melden – bitte melden, sofort melden. Sie stürzen.“
    Das Organ schien in meinem Helm zu explodieren. Die Empfänger der Anzüge lagen auf der gleichen Funksprechfrequenz wie die des Schiffes. Wir hatten Luna-Port also längst überflogen, und auch das gehörte zum Programm.
    Unser Chefpilot war plötzlich ganz gelassen. Der Mann hatte Nerven.
    „Captain Rachet an Luna Port. Melde Ausfall Robotsteuerung und Ausfall Fernsteueranlage. Es ist trotz aller Bemühungen unmöglich, auf Individualbetrieb umzuschalten. Gesamte Anlage blockiert. Es dürfte gleich eine saubere Himmelfahrt geben.“
    Damit schaltete er einfach ab. Im Helm zischte leise der Sauerstoff. Es war ein beruhigendes Gefühl, zu wissen, daß eine Beschädigung der Außenzelle nicht mehr den unmittelbaren Tod zur Folge haben konnte.
    Meine Blicke hingen förmlich auf der Spezialuhr. Nach drei Zehntelsekunden mußte das Triebwerk mit vollster Wucht einsetzen, sonst sahen wir uns den Trabanten in der Tat von innen an.
    Die drei Zehntelsekunden waren um, und schon fühlte ich meinen Angstschweiß rinnen, als es geschah.
    Mit einem fürchterlichen Tosen wurde der bisher flatternde Arbeitston der Plasma-Brennkammer stabil. Nein – er wurde mehr als stabil!
    Was uns da zugemutet wurde, hatte man in den Instituten nur versuchshalber und für wenige Sekunden erprobt. Wir bremsten mit wenigstens 18 Gravos, was uns mit einer solchen Wucht auf die Lager preßte, daß die stabilen Federaufhängungen kreischend auf den Boden drückten.
    Es dauerte nur wenige Augenblicke, doch die mußten sein. Laut Plan sollte das Triebwerk zehn Meter über dem Boden zum endgültigen Brennschluß kommen und das Schiff die restliche Strecke frei fallen. Unter Berücksichtigung der geringen Mondschwere, der Gesamtmasse der Rakete und unserer noch nicht aufgezehrten Restfahrt, mußten wir mit etwa 120 Kilometer pro Stunde mit dem Heck voran und in einem Winkel von 41,5 Grad aufknallen. Das ausgesuchte Gelände war dort abfallend, was den Aufschlag durch die sofort beginnende Gleitbewegung erheblich dämpfen mußte.
    Mußte – sollte! – Das berühmte Wenn!
    Es wurde totenstill. Unter mir röhrte der

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