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Überfällig

Überfällig

Titel: Überfällig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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hörten die blecherne Stimme des Robot-Kommando-gerätes, als wir die Linie überschritten. Jetzt waren wir längst im Anziehungsbereich des Mondes.
    Später kam eine neue Robotmeldung, die unsere Kutscher munter machte. Das Schiff wurde mit den Kreiseln mit dem Heck gegen die bisherige Fahrtrichtung gedreht. Kurze Korrekturen folgten noch, und dann war es wieder still.
    Für vier Sekunden entstand ein schwereloser Zustand, der mir den Magen in den Hals trieb. Als die Maschine wieder anlief, um zunächst die Fallgeschwindigkeit mit dem gewohnten Normalwert von l g zu drosseln, verschwand das fürchterliche Gefühl wieder.
    Unter meinen Füßen toste der Strommeiler, und die im Heck liegende Kernbrennkammer begann zu röhren.
    Da wurde es Zeit, daß wir die Konturlager aufsuchten. Von oben kam die Meldung in lakonischer Kürze:
    „An Passagiere. In zwei Minuten Einschwenkungsmanöver auf Kreisbahn. Gleichzeitig Beginn der ersten Bremsperiode. Anschnallen. Drucklager auf keinen Fall verlassen. Ende.“
    Ich zog die Gurte so fest an, daß ich mich nicht mehr bewegen konnte. Der Schaumstoff schmiegte sich wundervoll an den Rücken und füllte das hohle Kreuz besonders fest aus. Dort war noch ein Luftpolster, das mit steigendem Andruck durch einen vollautomatischen Druckregler aus der Preßluftleitung des Schiffes auf den erforderlichen Wert gebracht werden konnte. Auch Nacken und Kopf wurden derart zusätzlich geschützt. Vor dem vorauszusehenden Absturz würden wir eigenmächtig den Druck erhöhen müssen, da das Gerät wohl kaum so schnell reagieren konnte, wie es unter uns knallen mußte.
    „Anweisungen beachten“, rief ich TS-19 zu. Oben konnte man uns längst nicht mehr hören.
    „Kurz vor dem Aufschlag Regler auf Polsterdruck 6,3 atü schalten. Pumpen Sie ja auf, Miller! Ist Ihre Dienstwaffe in Griffweite?“
    „Hängt in der Halterung des Raumanzuges, dicht hinter Ihnen. Durchgeladen und gesichert. Normalgeschosse mit Explosivladung. Wenn Sie zur Täuschung der Piloten schießen müssen, halten Sie wenigstens einen Meter daneben. Es gibt eine gehörige Druckwelle und staubfeine Splitter.“
    Das Triebwerk begann noch lauter zu fauchen. Ganz lang sam ging der Ton in ein urweltliches Röhren über. Hinter unserer Magnetfeld- Düse stand jetzt eine weißglühende Plasmagassäule .
    Die erste Bremsperiode ging noch. Wir kamen auf knapp 5 g, und das war nicht erschütternd bei unserem harten Zentrifugentraining.
    Unter uns lagen die zerklüfteten Landschaften des Mondes. Wir mußten ungefähr über der asiatischen Station am südlichen Pol stehen, als das Triebwerk wieder erwachte.
    Diesmal gingen wir auf 8 g hinauf, und das kann einen Mann schon restlos fertigmachen. Wir überstanden es noch und hatten dann 60 Sekunden Ruhepause unter Normal-Bremswert von einem Gravo.
    Anschließend kam die Wonne von 10,67 g, und da wurde es langsam Zeit. Der Erdtrabant hatte uns durch die stetig abfallende Geschwindigkeit längst fest in seinem Gravitationsfeld. Beim nächsten Gegenschub mußten wir schon unter die für den Mond gültige Fluchtgeschwindigkeit kommen. Das waren etwa 3,2 km/sec. Der Rest war nur noch eine Kleinigkeit, die von der hochwertigen Kommando-Elektronik schon sehr oft ausgeführt worden war.
    Der letzte Schock bestand in einem Endwert von 12,78 Gravo-Einheiten. Wir blieben jedoch bei Bewußtsein, obwohl die Prozedur über eine Minute anhielt.
    Nach Schubschluß und Regulierung auf Normalwert lagen wir völlig ausgepumpt auf unseren Lagern. Die schnellen Kurierschiffe waren zwar in knapp sechs Stunden auf dem Mond, aber das bekamen auch die Besatzungsmitglieder zu spüren.
    Dann kam die Aufregung, die ich mit banger Vorahnung erwartet hatte. Dieses Teufelsding in den Tiefbunkern der GWA hatte mit einer geradezu unfaßlichen Genauigkeit gearbeitet beziehungsweise gerechnet. Man muß sich nur vorstellen, daß das Gedächtnis sämtliche bisher erfolgten Manöver auf die Hundertstelsekunde genau beachten mußte. Danach war unser Steuerrobot eingestellt worden.
    Im Schiff war es plötzlich sehr still. Das Triebwerk lief, höchstens aber mit einem Wert von 0,35 g. So sollte es nach den Informationen auch sein.
    TS-19 ruckte auf. Die Magnetschlösser flogen förmlich davon, und schon stand er auf den Beinen. Sein Blick hing am Chronometer und der meine auch. Es waren speziell eingestellte Uhren, die uns den genauen Wert verraten mußten. Sie zeigten bis zur Zehntelsekunde an.
    „Haargenau“, flüsterte er

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