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Überfall im Hafen

Überfall im Hafen

Titel: Überfall im Hafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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leben wir. Wer mein Hausmittel Fitto-Top kauft,
ist ein willkommener Kunde. Wie können Sie da das Wort Gesindel in den Mund
nehmen?“
    Ausbeuter! dachte Lotzke. Betrüger!
Wenn ich an Gesindel denke, gehörst du dazu.
    Aber er schwieg. Sich Auge in Auge
auseinanderzusetzen — das war nicht seine Sache. Er bevorzugte es, aus dem
Hinterhalt zuzuschlagen.
    Heldts Gesicht nahm eine bläuliche
Färbung an. Er hatte sich aufgeregt, was für seine Gesundheit Gift war.
    Jetzt griff er sich schweratmend ans
Herz. Einen Moment verharrte er so. Dann ging’s wieder.
    Er knöpfte sein Hemd auf und zerrte
einen ledernen Brustbeutel hervor. Die Banknoten, die er der Kassette entnommen
hatte, stopfte er hinein.
    „Ich sag Ihnen was, Lotzke“, meinte er
in ruhigem Ton: „Sie haben keine Berufsauffassung. Aber Handelsvertreter gibt’s
genug. Ich bin nicht auf Sie angewiesen. Wenn die Beschwerden nicht aufhören,
sind wir geschiedene Leute.“
    Er schloß den Brustbeutel.
    Daß der mehr enthielt als nur die
Banknoten, war deutlich zu erkennen. Unter dem glatten, dünnen Leder hob sich
die Kontur eines Schlüssels ab.
    Sieht aus wie ein Safeschlüssel, dachte
Lotzke. Klar! So was läßt man nicht rumliegen.
    Unwillkürlich leckte er sich über die
Lippen. Sein Blick verschwamm etwas. Träumerisch dachte er an einen Safe mit
viel Geld — an einen Safe, der sich vor ihm wie von Geisterhand öffnete.
    „Heh!“ blaffte Heldt. „Was ist? Sie
können gehen.“

    „Schöne Pfingsten!“ knurrte Lotzke.
„Daß ich heute hier antanzen muß, dafür berechne ich Ihnen Überstunden. Zum
dreifachen Preis. Wiedersehen!“
    Er nahm seinen Musterkoffer, der
gefüllt war mit kleinen Fitto-Top-Fläschchen, und stampfte hinaus.
    Im Flur vor dem Büro zog er eine
Grimasse.
    Saftsack! dachte er. Eines Tages trifft
dich der Schlag. Aber dir weine ich keine Träne nach.
    Er verließ das Bürogebäude. Hinter ihm
schloß sich die Tür automatisch.
    Strahlender Sonnenschein empfing ihn.
An diesem Pfingstsonntag herrschte Ausflugsverkehr, die Luft war lau und über
dem brackigen Hafenwasser segelten Möwen.
    Mißmutig schlurfte Lotzke die
schmuddelige Straße entlang. Er mußte hinüber zur anderen Seite des Hafens, wo
er in einer billigen Gegend ein ehemaliges Gartenhaus bewohnte.
    Es war winterfest und hielt den
Novemberstürmen stand. Von Komfort konnte natürlich keine Rede sein. Aber das
war auch nicht wichtig. Er hatte keine unmittelbaren Nachbarn. Das zählte.
    Was zu Lande Omnibusse sind,
Straßenbahnen und Taxis — sind in einem großen Hafen die Fährschiffe. Sie
fahren kreuz und quer von Landungsbrücke zu Landungsbrücke, befördern für wenig
Geld und sind nur zu Stoßzeiten ausgelastet.
    Lotzke strebte der nächstgelegenen
Landungsbrücke zu. Sie war getauft auf den sinnigen Namen Schwanennest-Nebenstelle-Duckdalbe-7.
    Im Sprachgebrauch hatte das der
fährschiff-fahrende Volksmund verkürzt auf ,Schwanennest 7’.
    Das Fährschiff war noch nicht da.
    Lotzke verzögerte den Schritt.
    Was er sah, gefiel ihm wenig.
    Drei Typen warteten an der
Anlegestelle.
    Aber statt den Möwen zuzusehen oder das
Gesicht in die Sonne zu halten, fand da ein echter Fight (Boxkampf) statt.
    Ganz freundschaftlich natürlich,
harmlos und lieb wie im Box-Club Blumenkohlohr e. V. von 1909.
    Zwei Typen zeigten also, was sie an
Technik drauf hatten, tänzelten, pendelten, fintierten (täuschten) und
ließen dann und wann einen Jab (kurzen Haken) hochzucken.
    Der Dritte sprang grinsend umher und
machte auf Referee (Ringrichter).
    Lotzke kannte die drei. Er war als Gast
in der Kneipe gewesen, als sie den Wirt zusammenschlugen. Der hatte nicht
gewagt, die Polizei zu rufen oder Anzeige zu erstatten. Aber er hatte die Namen
der drei genannt, nachdem sie getürmt waren — natürlich, ohne die Zeche zu
bezahlen.
    Sie hießen Django Müller, Eddi Floher
und Skin Brehbörtl. Äußerlich unterschieden sie sich kaum voneinander.
Bürstenschnitt und bullige Figur gehörte zur Uniform. Skin war der Kleinste. Er
und Eddi boxten jetzt, und Skin sah durchaus nicht schlecht dabei aus.
    Verdammt! Lotzke zog den Kopf ein. Ob
sich die drei an ihn erinnerten? Die Sache lag noch nicht lange zurück, und er
hatte ziemlich nahe bei ihnen an der Theke gestanden.
    Am Ende der Landungsbrücke war ein
Stapel leerer Kartons aufgeschichtet.
    Wenn ich dort warte, dachte er,
dahinter natürlich — sehen sie mich nicht. Aber erstmal muß ich vorbei. Weiter,
Ferdy! Los! Laß dir nichts

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