Überfall im Hafen
Polizeiaktion im Restaurant ‚Antipasti
e piatti’.
Heldt verzog das Gesicht. „Also sind
zwei entkommen.“
„Leider.“
„Ich wette, daß die meine Sachen
haben.“
„Skin Brehbörtl hatte sie nicht. Er
wurde durchsucht. Über den Totschläger und das feststellbare Messer haben sich
die Polizisten gefreut. Ansonsten hatte er nur ein Portemonnaie bei sich. Nicht
mal eine Armbanduhr.“
Heldt trank einen weiteren Schluck Tee.
Vielleicht war die Tablette irgendwo steckengeblieben.
Bevor er was antworten konnte,
klingelte das Telefon auf seinem Nachttisch.
Er meldete sich.
Tim vermeinte, Ohnesorges Stimme im
Hörer zu erkennen. Heldt sagte: „Ja. — Doch, doch! — Ja, das geht. — Von mir
aus. — Ja. — Ist mir recht. — Hier, natürlich. — Gut, in einer Stunde.“ Er
legte auf.
„Kriminal-Kommissar Ohnesorge will sich
nachher mit mir unterhalten. Nicht erst morgen, wie du sagtest.“
Das galt Tim.
„Vielleicht hat er morgen dienstfrei
und bringt’s heute hinter sich.“ Tim grinste. „Tja, dann wünschen wir weiterhin
gute Genesung. Auf Wiedersehen!“
Heldt nickte. Er machte keine
Anstalten, Hände zu schütteln. Auch die Blumen interessierten ihn nicht.
Unbeachtet lagen sie auf dem Stuhl, der
vor seinem Bett stand.
Dort wären sie sicherlich verwelkt,
hätte Gaby der tortefutternden Krankenschwester nicht gesagt, daß der Patient
von 312 eine wassergefüllte Vase brauche.
Sie verließen das Krankenhaus.
„Auf Hilfe hat jedermann Anspruch“,
sagte Karl, „auf Nächstenliebe eigentlich auch. Aber wenn ich bei diesem Heldt
als Samariter (barmherziger Helfer) ranklotzen müßte, täte ich mich
schwer.“
„Bewußtlos war er sympathischer“,
nickte Klößchen. „Bei manchen Menschen ist es ja so, daß man sie zu deren
Lebzeiten nicht ausstehen kann. In der Erinnerung gewinnen sie dann — und
werden ziemlich nett.“
„Heldt lebt“, sagte Tim, „und wir
wünschen ihm nichts Böses. Im übrigen müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen,
daß die Opfer von Verbrechen nicht immer Seelenmenschen sind, die überlaufen
von Güte und Selbstlosigkeit. Eine Hyäne beißt auch mal eine Ratte. Trotzdem
versuche ich, die Ratte zu retten, wenn ich kann.“
Klößchen feixte. „Vier Rattenretter
stehen am Pfingstsonntag vorm Krankenhaus. Zwei sind müde. Einer hat Hunger.
Wie heißt der vierte? Schönes Rätsel, wie?“
„Kriege ich nie raus“, sagte Gaby.
„Nun mal ernsthaft“, sagte Tim: „Um
nicht tatenlos rumzugammeln, bieten sich jetzt folgende Möglichkeiten an: Wir
könnten die Adressen der flüchtigen Rocker abklappern. Oder zu Lotzke
brettern.“
Wie Django und Eddi tatsächlich hießen,
wußten sie.
Skin hatte sich nicht lange geziert,
als Kommissar Ohnesorge nachdrücklich fragte.
Djangos bürgerlicher Name war Dagobert
Müller, Eddi hieß Edward Floher.
„Die Rocker bringen doch nichts“,
meinte Gaby. „Flüchtig, wie sie sind, werden sie sich nicht nach Hause wagen,
weil dort die Polizei auf sie wartet.“
Tims Miene war nachdenklich.
„Stimmt“, sagte er. „Ich frage mich
sowieso, weshalb die getürmt sind wie die Wilden. Wenn unsere
Brustbeutel-Theorie stimmt, nämlich, daß Lotzke das Ding hat, dann — ja, dann
hätten sie eigentlich keinen Grund gehabt, gleich die Platte zu putzen.“
„Vielleicht ist ihnen der Schreck in
die Hose gefahren“, meinte Klößchen, „als ich sie sofort erkannte. Immerhin
sind sie mit dem Heldt ziemlich roh umgegangen.“
„Oder“, überlegte Karl, „die beiden
haben chronisch (ständig) ein schlechtes Gewissen — und noch andere
Sachen auf dem Kerbholz.“
„Das wird’s sein“, nickte Tim. „Also zu
Lotzke. Wir bluffen ihn. Ein Zeuge, behaupten wir, hätte beobachtet, daß er den
Brustbeutel raubte. Bin gespannt, wie der Typ reagiert.“
Sie sohlten zum nächsten Taxi-Stand,
der ganz in der Nähe war, und ließen sich zum Vorderen Manntau Weg bringen.
Aber bei Lotzke hatten sie Pech.
Niemand öffnete.
Er war tatsächlich nicht zu Hause,
wovon sie sich überzeugten, indem sie in alle Fenster guckten.
19. Wer ist der Typ?
Das Schloß der Zellentür klirrte.
Skin Brehbörtl hatte sich auf die
Pritsche gestreckt.
Er hob nur den Kopf, als der
Justizbeamte eintrat. „Mitkommen! Der Kommissar will dich sehen. Nimm deine
Jacke!“
Ohnesorge wartete in seinem Büro. Er
wirkte müde, und sein Hemd war verschwitzt.
„Ich muß dich entlassen, Baldur
Brehbörtl. Wir...“
„Kann mich nicht entsinnen,
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