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Überfall nach Ladenschluß

Überfall nach Ladenschluß

Titel: Überfall nach Ladenschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Aber in nächster Sekunde begriff sie, daß
es ihm nicht darum ging, Windschutzscheiben zu säubern, Öl nachzufüllen und
Luft in Reifen zu zischen. Ihm ging’s um was anderes.
     
    *
     
    Carlo
Maranos Tankstelle war gewissermaßen eine Goldgrube, was Gina mit ihren Worten
gesagt hatte. Die Zapfsäulen standen außerhalb der Stadt an einem Zubringer zur
Autobahn.
    Jetzt, am
Freitagabend, hängte Carlo das Schild GESCHLOSSEN an die Einfahrt und ging an
der Waschanlage vorbei zurück in sein Kassenbüro. Es dunkelte. Er wollte
Feierabend machen. Den hatte er sich verdient. Sicherlich — hier waren die
Schatten nicht so dick wie in seiner Heimat südlich der Alpen — und die
Sommerabende nicht so lau und blau und so voller Düfte. Aber er hatte sich
eingelebt; und was er an wohligen Gefühlen entbehren mußte, das versuchte er
auszugleichen mit höherem Lebensstandard (Höhe der Aufwendungen für das
tägliche Leben).
    Im
Kassenbüro ordnete er die Autokarten im Drehständer. Dann schob er die Erfrischungsgetränke
im Regal zurecht. Als er das Licht löschen wollte, bemerkte er den Wagen.
    Er rollte
langsam durch die Einfahrt, rammte das GESCHLOSSEN-Schild, begrub es unter
sich, zermalmte es mit den Rädern, rollte weiter bis zur Waschanlage und hielt
dort. Die Scheinwerfer erloschen. Eine Gestalt stieg aus.
    Carlo war
knapp mittelgroß und schmächtig und in seinem arbeitsreichen Leben nie ein Held
gewesen. Jetzt begriff er, daß etwas Böses auf ihn zukam. Gefahr.
    Sein Blick
tastete umher. Er wollte zum Telefon greifen. Aber wen sollte er verständigen?
Die Polizei? Was ihr sagen? Daß jemand sein Schild überfahren hatte?
    Die
Tankstelle lag, wie gesagt, außerhalb der Stadt, zwischen ihr und den letzten
Häusern ein Stück geschützter Landschaft mit Weiden, Erlen, seltenen Sträuchern
und einem Radweg. Das Haus, in dem die Maranos lebten — Carlo, seine Frau Laura
und Gina — stand hinter der Tankstelle. Es war bescheiden, bot aber ausreichend
Platz. Jetzt war es dunkel. Laura Marano befand sich zur Zeit bei Verwandten in
Neapel. Gina war noch bei ihrer Freundin Sabrina.
    Die Gestalt
erreichte die Tür.
    Carlo sah,
daß es ein junger Mann war. Er war stämmig, hatte braunblondes Haar und ein
glattes, nichtssagendes Gesicht.
    Er kam
herein. Ohne zu grüßen, stützte er einen Ellbogen auf die Registrierkasse.
    Carlo
spürte, wie ihm ein Schweißtropfen zwischen den Schulterblättern hinab lief.
    „Du bist
Carlo Marano?“ fragte der Typ. Er sprach leise.
    „Bin ich.
Was darf’s sein?“
    Der Typ
überhörte die Frage.
    „Dein Laden
läuft gut“, stellte er fest. „Da wird es dich interessieren, daß es jetzt die
Schutz-AG gibt. Habe ich gegründet. Will damit sagen, daß ich der Boss bin. Sie
gewährt Schutz vor Überfällen und so. Als einmalige Aufnahmegebühr zahlst du
500 Mark. Dann wöchentlich 100 — und nichts passiert dir. Das Kassieren besorge
ich selbst. Und jetzt sind die 500 fällig.“

    Etwas, das
er nicht beeinflussen konnte, preßte Carlos Magen zusammen. Er wußte nicht, ob
es Angst oder Wut war. Er zwang sich zur Ruhe.
    „Daran bin
ich nicht interessiert, mein Herr. Ich wurde noch nie überfallen, und ich
hoffe, daß es auch in Zukunft so bleibt.“
    „Ich
glaube, du hast mich nicht verstanden“, sagte der Kerl. „Die Mitgliedschaft in
meiner Schutz-AG ist nicht freiwillig, sondern Pflicht.“
    „Trotzdem
habe ich kein Interesse.“ Carlo schüttelte den Kopf. „Und jetzt raus, Mann,
bevor mir der Kragen platzt. Du willst mir doch nicht weismachen, daß du zur
Mafia gehörst. Du nicht!“
    Der Kerl
sah ihn an. Dann wandte er sich zur Tür. Schon auf der Schwelle — sagte er:
„Paß gut auf deine Tochter auf, Carlo.“
    Carlo
starrte ihm nach. Plötzlich waren seine Hände eiskalt.
    Gina! Um
Himmels willen! Würde dieser Kerl... Nein, der würde es nicht wagen. Der drohte
nur. Der wollte schnelles Geld machen und war jetzt wütend.
    Carlo sah,
wie er in den Wagen stieg. Er setzte zurück und fuhr ab ohne Licht.
    Carlo
wußte, daß die Mafia hier war. Er wußte es von seinem Freund Emilio Aiano. Aber
das waren Sizilianer. Nur Sizilianer. Da mischte kein Deutscher mit. Außerdem
hatten sie sich bis jetzt nur um die Wirte gekümmert.
    Aber dieser
Jüngling weiß über mich Bescheid, dachte er.
    Er nahm den
Hörer ab und wählte die Nummer vom TRASTEVERE.
    Kathie
meldete sich und sagte, daß Gina vor etwa zehn Minuten gegangen wäre — vielmehr
abgefahren mit ihrem

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