Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht
mich, eine erniedrigte Vertreterin der schwarzen Rasse in ihrem Kampf um Freiheit und Gleichberechtigung
mit den herrschenden Weißen!« Doch Gott war amüsiert, mein Gebet erschien ihm unehrlich. Also versuchte ich es ein weiteres
Mal. Da erwiderte Gott: »Hast du dich nicht genauso verhalten? Erinnere dich an die Menschen, die du gering geschätzt, gemieden
oder weniger freundlich behandelt hast als andere, nur weil sie äußerlich anders waren als du und weil du dich |250| geschämt hast, mit ihnen gleichgesetzt zu werden. Warst du nicht froh, dass du weniger farbig warst als sie? Warst du nicht
dankbar, dass du nicht schwarz bist?« Mein Zorn und Hass auf die Vermieterin legte sich. Ich war nicht besser als sie, aber
auch nicht schlechter … Wir hatten uns beide der Sünde der Selbstsucht und des Stolzes schuldig gemacht und begegneten einigen
Menschen mit Zurückweisung.
Es ist nicht einfach, derart ehrlich mit unserer Herkunft umzugehen. Es wäre sehr viel einfacher gewesen, wenn meine Mutter
ihren Erfolg als Befreiung aus ihrer Opferrolle geschildert hätte. Genauso wäre es einfacher, Joe Flom als den größten Anwalt
aller Zeiten zu rühmen, obwohl seine Leistungen untrennbar verbunden sind mit seiner Herkunft, seiner Generation, den besonderen
Umständen der Textilindustrie und den Vorurteilen der alteingesessenen Anwaltskanzleien. Bill Gates könnte sich einfach als
Genie feiern lassen; es gehört eine gute Portion Bescheidenheit dazu, wenn jemand wie er zurückblickt und sagt: »Ich hatte
viel Glück.« Und das hatte er in der Tat, denn die Mütter der Lakeside Academy kauften ihm 1968 einen Computer. Kein Eishockeystar,
kein Bill Joy, kein Robert Oppenheimer und kein anderer Überflieger kann aus der Höhe seines Erfolges herabblicken und ehrlich
von sich behaupten: »Das habe ich nur mir zu verdanken.« Oberflächlich betrachtet scheinen Staranwälte, Mathematikgenies und
Softwaremilliardäre einer anderen Welt anzugehören als wir. Doch das stimmt nicht. Sie sind das Produkt ihrer Geschichte,
ihrer Gesellschaft sowie der Chancen, die sie hatten, und der kulturellen Traditionen, die sie geerbt haben. Ihr Erfolg hat
nichts Übermenschliches oder Geheimnisvolles an sich. Er ist das Ergebnis von bestimmten Vorteilen und ererbten Traditionen,
er ist zu einem Teil verdient, zu einem anderen nicht, einiges haben sie sich selbst erworben, anderes ist ihnen in den Schoß
gefallen – doch all das hat entscheidend dazu beigetragen, sie zu dem zu machen, was sie sind. Die Überflieger sind am Ende
eben alles andere als Überflieger.
Meine Ur-Ur-Ur-Großmutter wurde in Alligator Pond von einem Großgrundbesitzer gekauft. Auf diese Weise kam ihr Sohn John in |251| den Genuss einer Hautfarbe, die ihn vor dem Sklavendasein rettete. Die Möglichkeiten, die Daisy Ford auf so geniale Weise
zur Förderung ihrer Töchter nutzte, hat sie allein den besonderen gesellschaftlichen Gegebenheiten der Karibik zu verdanken.
Und dass meine Mutter eine Hochschulreife erwerben konnte, hat sie den Unruhen des Jahres 1937 und dem Fleiß von Mr. Chance
zu verdanken. Auf diese Weise hat die Geschichte meine Familie beschenkt. Wenn auch andere die Mittel dieses chinesischen
Ladenbesitzers, die Möglichkeiten dieser Kultur und die Privilegien der Hautfarbe hätten nutzen können – wie viele Menschen
könnten dann heute ein erfülltes Leben in einem schönen Landhaus führen?
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Die Daten für diese Spalte liegen nur unvollständig vor und addieren sich daher nicht zu 100 Prozent – Anmerkung des Verlags.
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|252| Anmerkungen
Einleitung
John G. Bruhn und Stewart Wolf haben zwei Bücher über ihre Arbeit in Roseto veröffentlicht:
The Roseto Story
(Norman: University of Oklahoma Press, 1979) und
The Power of Clan: The Influence
of Human Relationships on Heart Disease
(New Brunswick, N. J.: Transaction Publishers, 1993). Ein Vergleich zwischen Roseto Valfortore in Italien und Roseto in Pennsylvania
findet sich in Carla Bianco,
The Two Rosetos
(Bloomington: Indiana University Press, 1974). Mit Roseto haben sich vermutlich mehr Wissenschaftler beschäftigt als mit irgendeiner
anderen Kleinstadt in Pennsylvania.
Kapitel 1
Jeb Bushs Selbstbeschreibungen als Selfmademan finden sich in S. V. Dátes Buch
Jeb: America’s Next Bush
(New York: Jeremy P. Tarcher/Penguin, 2007), insbesondere auf den Seiten 80 und 81. Dáte schreibt: »In den Wahlkämpfen der
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