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Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht

Titel: Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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neuen Deo?« Alex: »Ja.« Christina: »Du solltest den Doktor mal fragen, was das sein könnte.«
    Die Mutter »bringt Alex bei, dass er das Recht hat, sich zu äußern«, schreibt Lareau – es ist völlig in Ordnung, seine Interessen
     auch einem älteren Menschen und einer Autoritätsperson gegenüber zu äußern. Der Arzt ist ein freundlicher Mann Anfang 40.
     Er misst Alex und sagt, der Junge gehöre zu den größten 5 Prozent seines Alters. Alex unterbricht ihn:
    Alex: Ich gehöre was?
    Arzt: Das heißt, dass du größer bist als 95 von 100 Jungen im Alter von, äh, zehn Jahren.
    Alex: Ich bin noch nicht zehn.
    |97| Arzt: Aber fast. Du bist neun Jahre und zehn Monate alt und damit näher an zehn als an neun.
    Beachten Sie, mit welcher Gelassenheit Alex den Arzt unterbricht: »Ich bin noch nicht zehn«. Das ist sein Anspruch: Seine
     Mutter lässt diese Unhöflichkeit durchgehen, weil er lernen soll, seine Interessen auch gegenüber Menschen in Autoritätspositionen
     zu vertreten.
    Der Arzt wendet sich an Alex: Jetzt kommen wir zum wichtigsten Punkt. Hast du eine Frage, bevor ich mit der Untersuchung anfange?
    Alex: Äh, nur eine. Ich bekomme diese Pickel am Arm, hier (zeigt auf seine Achsel).
    Arzt: Hier, unterm Arm?
    Alex: Ja.
    Arzt: Okay. Das sehe ich mir bei der Untersuchung gleich mal an. Und dann sehen wir, was wir dagegen tun können. Jucken diese
     Pickel?
    Alex: Nein, die sind einfach nur da.
    Arzt: Okay, ich schau sie mir gleich an.
    Im Falle von Kindern der Unterschicht kommt eine Unterhaltung wie diese nicht zustande, schreibt Lareau. Sie sind still, unterwürfig
     und senken den Blick. Alex nimmt dagegen die Situation in die Hand. »Mit seiner Frage sorgt er dafür, dass der Arzt ihm seine
     volle Aufmerksamkeit schenkt, und er lenkt diese Aufmerksamkeit auf das Thema seiner Wahl.«
    Auf diese Weise gelingt es ihm, das Machtgleichgewicht weg von den Erwachsenen hin zu sich zu verlagern. Dieser Übergang erfolgt
     völlig reibungslos. Alex ist es gewohnt, dass man ihm respektvoll begegnet. Er wird als ein besonderer Mensch behandelt, der
     die Aufmerksamkeit und das Interesse der Erwachsenen verdient. Dies sind entscheidende Charakteristika der konzertierten Kultivierung.
     Alex muss sich bei der Untersuchung nicht wichtig machen. Er verhält sich dem Arzt gegenüber genauso wie gegenüber seinen
     Eltern: Mit derselben Ungezwungenheit argumentiert er, verhandelt und macht Witze.
    |98| Es ist wichtig zu verstehen, woher diese Fähigkeit kommt, eine Situation nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten. Sie ist
     nicht angeboren. Alex hat die Fähigkeit zum Umgang mit Autoritätspersonen nicht von seinen Eltern und Großeltern geerbt. Sie
     ist auch keine Frage der Rassenzugehörigkeit. Alex Williams ist schwarz, Katie Brindle ist weiß. Es handelt sich um einen
kulturellen
Vorteil. Alex verfügt über diese Fähigkeiten, weil seine Eltern – wie alle gebildeten Familien – sie ihm geduldig beigebracht
     haben, weil sie ihn angeleitet, geführt und ermuntert haben, und weil sie ihm die Spielregeln erklärt haben. Dazu gehört nicht
     zuletzt die kleine Generalprobe auf der Fahrt zum Arzt.
    Wenn wir über Klassenvorteile sprechen, so Lareau, dann meinen wir in der Regel genau dies. Alex Williams hat einen Vorteil
     gegenüber Katie Brindle, da seine Familie über ein besseres Einkommen verfügt und da er auf eine bessere Schule geht – vor
     allem aber, weil das Anspruchsdenken, das er gelernt hat, in unserer modernen Welt eine wichtige Erfolgsvoraussetzung ist.
    4.
    Genau dies war der Vorteil, den Robert Oppenheimer gegenüber Chris Langan hatte. Oppenheimer wuchs als Sohn einer Künstlerin
     und eines erfolgreichen Textilfabrikanten in einem der reichsten Stadtteile Manhattans auf. Seine Kindheit ist der Inbegriff
     der konzertierten Kultivierung. An den Wochenenden ließen sich die Oppenheimers von ihrem Chauffeur aufs Land fahren. In den
     Sommerferien reiste Robert zu seinem Großvater nach Europa. Er besuchte die an der Westseite des Central Park gelegene Ethical
     Culture School, eine der progressivsten Schulen der damaligen Zeit, die den Schülern »das Bewusstsein vermittelte, sie würden
     darauf vorbereitet, die Welt zu verändern«, so seine Biografen. Wenn seine Mathematiklehrerin sah, dass er sich langweilte,
     ließ sie ihn eigenständig Sonderprojekte bearbeiten.
    Als Kind war Oppenheimer ein leidenschaftlicher Steinesammler. |99| Im Alter von zwölf Jahren korrespondierte er mit

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