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Uebergebt sie den Flammen

Uebergebt sie den Flammen

Titel: Uebergebt sie den Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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seine Ecke, kauerte sich auf das Stroh und schloss die Augen. »Ich bin wach.« Seine Lippen bebten, kommt so der Irrsinn? »Nein, nicht, Herr.« Der Verstand klammerte sich an seine Stimme. »Ich bin wach!«
    Dumpfes Knirschen, Brocken schlugen hoch über ihm auf den Boden des Wächterzimmers. Wie Steine!
    Johann riss die Augen auf. Der Große Zorn, Blitz und Donner zerstören den Tempel der Gottlosen!
    Das harte Aufschlagen der Brocken wurde Musik. Engel schwebten, weiße Gewänder, sie halten Zimbeln und Flöten, sie singen das neue Lied vor dem goldenen Stuhl, vor den vier Tieren und Ältesten.
    »He!« Ein leiser Ruf.
    Über ihm war der Himmel offen. Nicht die Laterne seines Kerkerknechts, das flackernde Licht einer Fackel erschien. Die Wirklichkeit überfiel Johann, nahm ihm Stimme und Kraft, wild schlug sein Herz.
    »He, Klopreis? Lebst du?«
    »Ja«, gelang es dem Gefangenen.
    »Wir lassen den Strick runter, für den Korb ist keine Zeit. Leg dir die Schlinge um.«
    »Ja.«
    Johann fand das Seil, Zurrte es unter den Achseln fest, sie zogen, nicht gleichmäßig, wie in Atemstößen glitt er nach oben. Mit dem letzten Ruck wurde sein Körper halb durch die Öffnung gehievt. Hände berührten die Haare, griffen nach dem Kopf. »Weiter, kriech raus.«
    Und Johann kroch, lag benommen zwischen Steinen und Schutt.
    »Schaffst du’s?«
    Johann sah das aufgestemmte Loch in der Wand, die beiden Männer. »Ich weiß es nicht.«
    Entschlossen hob ihn einer hoch, zerrte die ausgemergelte Gestalt am Seil hinter sich her, der andere schob, sie stützten Johann durch schmale Gänge, trugen ihn eine Treppe hinunter.
    Nachtfinsternis, kalter Wind.
    »Beweg dich nicht, der Absatz ist nicht breit. Bleib ruhig stehen.«
    Die Fackel stürzte in die Tiefe. Von unten tönte ein kurzer Pfiff.
    Die Retter prüften den Sitz der Schlinge unter seinen Achseln, halfen Johann auf die erste Leitersprosse. Geschützt von einem starken Körper, gehalten vom Seil, so gelangte er hinunter. Erst auf dem festen Grund befreiten sie ihn von Schlinge und Schnur.
    »Wer seid ihr?«, flüsterte er, fror, und doch war ihm nicht kalt.
    »Besser, du weißt es nicht.«
    Sie schafften die lange Leiter zur Seite. Nur schemenhaft erkannte Johann ganz in der Nähe ein Gerüst der Dombaustelle.
    Seine Retter kehrten zurück. »Bleib hier stehen. Erst wenn wir weg sind, geht’s weiter.« Ehe Johann ihnen danken konnte, waren sie in der Dunkelheit verschwunden.
    »Klopreis.«
    Langsam wandte er den Kopf. Zwei Gestalten traten auf ihn zu, nur dunkle Umrisse. »Wer …?« Jetzt hatte Johann die Stimme erkannt, die einzig wirkliche Stimme, die er im Kerker gehört hatte. »Fabritius.«
    »Ja, Bruder. Meine Frau und ich bringen dich in Sicherheit.«
    Ein Mantel wurde ihm umgelegt, die weite Kapuze über Kopf und Stirn gezogen. »Du kommst mit zu uns«, raunte sie.
    Fabritius drängte. »Jeden Moment tauchen die Nachtwächter in der Trankgasse auf. Sie reiten die Domgegend ab. Vorher müssen wir die Hinterhöfe erreicht haben.«
    Sie nahmen Johann in ihre Mitte, liefen, so schnell er konnte, stützten ihn, hielten den Bruder, wenn er stolperte.
    Kaum hatte sie der Schutz des Hauses aufgenommen, noch im Flur stammelte Johann: »Wie geht es Adolph? Ist der Prozess gewonnen? Wenn ich frei bin, muss Adolph auch in Freiheit sein?« Er keuchte, zitterte, alle Gedanken waren Fragen.
    Energisch schob Margaretha ihren Mann zur Seite. »Später, Theodor. Er ist halb erfroren. Wärme und Ruhe sind das Nötigste.«
    Mit beiden Händen riss Johann an seinen Haaren, so viel Ungewissheit brannte in ihm, er fühlte keine Kälte, keinen Hunger. »Antwort. Bitte, ich flehe euch an, erst Antwort.«
    Nur unwillig gab sie nach, gab ihnen Zeit, bis sie das Essen gewärmt und in den Keller gebracht hatte. »Wenn er gebadet und einige Stunden geschlafen hat, könnt ihr reden bis zum Aufbruch.«
    »Der Kerker macht nicht müde«, wehrte Johann ab. Endlich ließ die besorgte Frau sie allein.
    »Noch sitzt Clarenbach auf der Ehrenpforte in Einzelhaft.«
    »Ist er verloren? Antworte doch!«
    Fabritius lachte kurz. »Sie werden ihn nicht besiegen, sei ohne Furcht.«
    Begierig hörte Johann, wie hart Adolph gegen das Gericht kämpfte, allen Verhören trotzte. »Sie haben die klügsten Köpfe gegen ihn aufgeboten, den Rektor der Universität, die schärfsten Theologen, auch Doktoren aus anderen Städten.« Es war den Brüdern Adolphs gelungen, mit Unterstützung der Freunde und Fabritius eine

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