Uebergebt sie den Flammen
Lippen. »Nicht Wendel, dir werde ich den Brief schreiben. Mein Bruder, ich habe dich nicht verleugnet.«
Auch als der Kerkerknecht ihn wieder hinunterließ, flüsterte Johann: »Ich bin fest geblieben«, und immer den Namen des Freundes.
*
E r will mich verhungern lassen, dieser trunksüchtige Drache! Im Winter ist es ihm zu kalt da oben. Ich lebe diesem Kerl zu lange. Johann hatte alles Stroh in der sauberen Ecke des Kerkers zusammengeschoben, es aufgehäuft und war hineingekrochen. Dort lag er eingerollt, etwas geschützt vor der schlimmsten Kälte. »Wendel, du erkennst mich, auch wenn ich kein Gesicht hätte.« Fast alle Wunden waren vernarbt, zwischen dem Bartfilz konnte er mit dem Finger die glatten Hautstraßen entlangfahren, wenn die Stellen um Mund und Nase zu heftig schmerzten, spuckte er in die Hand und weichte die Krusten auf.
Fein hat er sich das ausgedacht! Zur Weihnacht ein großes Fest, drei geräucherte Fische, sogar ein halbes Brot, wie Manna fielen sie vom Himmel. Johann hatte die Gaben aufgesammelt, allein der köstliche Duft war mehr als ein Geschenk gewesen. Und oben grölte Peter vergnügt, lallte, dass unser Herr Jesus geboren sei, weich hätte er in der Krippe gelegen, und dann warf er ein Bund frisches Stroh hinunter. Das Glück trieb Johann die Tränen in die Augen.
»Ja, so bin ich zu dir«, den Kopf weit über die Öffnung geschoben. »Was sagst du dazu?« Er hustete, mühsam waren seiner Zunge die Worte gelungen.
Von ganzem Herzen hatte Johann ihm gedankt, wollte die weihnachtliche Laune des Kerkerknechts nutzen, wollte wieder um Licht bitten, nur bis er den Brief gelesen hätte. Ehe er fragen konnte, stieß Peter einen tiefen Seufzer aus, und gleich darauf war sein Mageninhalt heruntergestürzt. Er würgte, keuchte und hatte die Öffnung verschlossen.
Seitdem war er nur einmal am Tag erschienen, stets betrunken, brachte keine Suppe, kurz hob er die Bretter an und warf Johann Brotkanten hinunter, mehr nicht. »Ich muss weg«, erklärte er, »meine Freunde warten auf mich«, und weinselig, »mein Becher steht an der Schmier, im Goldenen Hirsch.« Vier Tage, das gleiche Grölen.
Vorgestern, auch gestern war er nicht gekommen, hungrig hatte Johann das betrunkene Gestammel herbeigesehnt, wie oft war er heute aus seiner Strohhöhle gekrochen, erst als der fahle Lichtspalt in der Außenmauer endgültig erloschen, der letzte Tag des Dezembers vergangen war, hatte er die Hoffnung aufgegeben.
Dichter zog Johann die Knie zum Kinn, betastete den Hosenbund und fühlte die Blätter, »mein einziger Schatz!« Dort bewahrte er die Antwort des Freundes.
Damals hatte Johann drei lange Tage über dem Brief an Adolph gesessen, nicht nur, weil er das warme Licht der Laterne auskosten wollte. In sorgfältigem Latein hatte er von Zuversicht und Mut geschrieben und den Bruder vor allem ermahnt, standhaft zu bleiben und niemals abzuschwören. Voll Scham hatte er von seiner eigenen furchtbaren Demütigung berichtet, die er nach seinem Widerruf durchlitten hatte. Theodor Fabritius war der Bote, er hatte den Brief abgeholt und ihn überbracht. Nur zwei Wochen später schaukelte die Antwort in das Petersloch hinunter. Es war zu dunkel, den Brief hielt Johann in den Händen, konnte die Schrift nicht lesen. »Gib mir die Laterne!« Wie oft hatte er seinen Wächter angefleht.
»Du hast genug Licht gehabt, mehr hat dir der Kurzab nicht versprochen.«
»Wie soll ich denn lesen?« Verzweifelt hatte Johann die Blätter in den runden Schimmer der Öffnung gehalten, die Augen in die Handschrift gepresst. »Gib mir Licht!« Wieder und wieder, doch der Kerkerknecht war ohne Erbarmen.
Seit Monaten trug er den Schatz im Hosenbund, erfand tausend Briefe, hörte den Freund sprechen, seitdem war Johann nur selten in die grellen Bilder der Offenbarung geflohen, der Brief füllte sein Denken aus.
Kratzen, ein Geräusch, Schaben, Klopfen! Er ist doch gekommen, frohlockte Johann und wühlte sich aus dem Stroh, starrte nach oben. Dunkelheit, kein runder warmer Schimmer am Firmament, enttäuscht sank er zurück, es war nur der Hunger. Klopfen, wieder das Schaben, deutlich! »Ich höre es doch«, jammerte er, wie zur Probe presste er die Hände gegen die Ohren, nichts. Stille, riss sie herunter, das Geräusch war Wirklichkeit, doch kein Licht erschien. »Warum öffnet er das Loch nicht, dieser Hundsfott?« Er sog die Brust voll, bevor er hinaufbrüllen konnte, knirschte es, polterte, der Himmel bebte.
Johann flüchtete in
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