Überman

halt in aller Ruhe das Haus an, während ich Sekunde um Sekunde in die Gosse rutsche. Annabelle, Flik und ich gehen eine Holztreppe hinauf, deren Stufen von bunten LED -Leuchten illuminiert werden. Ich schaue auf die Uhr, was Flik bemerkt.
    »Noch was vor heute?«
    »Er plant eine Überraschung und ist mit dem Kopf woanders«, erklärt Annabelle und bekommt ein Küsschen von mir. Ich frage Flik, warum er jede einzelne Treppenstufe mit Halogen beleuchtet.
    »Damit wird die Treppe Teil des Raums!«
    »Ah …!«
    Dann treten wir ins Bad, und ganz automatisch geht ein gutes Dutzend Deckenleuchten an.
    »Cool, oder?«, strahlt Flik, »man braucht nichts drücken mit nassen Händen oder so!«
    »Absolut!«, gebe ich zu, »und wenn du jetzt noch deinen Arsch beleuchtest, dann wird er Teil des Bades!«
    Keiner lacht. Mir egal. Immerhin sind wir Freunde, da will ich nicht jedes Wort zweimal auf der Zunge rumdrehen, bevor ich was sage.
    »Und natürlich geht das Licht auch wieder aus, wenn keine Bewegung im Raum ist«, erklärt Flik ein wenig angepisst.
    »Aber was passiert denn«, frage ich Flik, »wenn du mal ’ne Viertelstunde regungslos auf der Schüssel sitzt mit der Zeitung und …«
    »Na ja, wenn das Licht ausgeht, dann muss ich nur kurz winken.«
    Ich kann nicht anders als hemmungslos laut herauszulachen.
    »Du musst winken beim Kacken?«
    »Simon! Jetzt ist aber gut!«, mahnt mich Annabelle, und sofort recke ich den Daumen in die Höhe.
    »Sorry! Hast recht. Kurz gewunken und Licht wieder an. Ist schon praktisch. Ich find’s toll!«
    Ich sage keinen Ton mehr ab sofort, offenbar handelt es sich ja hier um eine humorfreie Zone. Also schweige ich zu der viel zu kleinen Duschkabine, und auch der geschmacklose Neunzigerjahre-Spiegelschrank bleibt unkommentiert, ja, ich sage nicht mal was zu dem peinlichen Spruch auf einer der Fliesen: »Unser Tag wird schön!«, steht dort allen Ernstes. »Unser Tag?« Verbringen sie denn jeden Tag gemeinsam? Und werden die alle schön? Was ist, wenn mal nur einer von beiden einen schönen Tag hat und der andere nicht? Lassen sie dann alles neu fliesen?
    Das Licht geht aus, Flik winkt, und es geht wieder an. Ich betone noch einmal, dass ich das ganz toll finde, dann tapsen wir auf leisen Sohlen ins Kinderzimmer.
    »Lass mich raten. Das Zimmer von Karl-Heinz?«, flüstere ich Flik zu.
    »Lea-Marie«, flüstert Flik ungerührt zurück, »unsere Tochter heißt Lea-Marie.«
    »Deswegen hab ich ja gesagt, lass mich raten …«
    Wir sehen nicht viel von Wurm Karl-Heinz, weil der besorgte Supervater das Licht nämlich nicht anmachen will, weil der Wurm nämlich gerade so »lecker durchschnorchelt«. Während ich meine Mails auf dem Smartphone checke und sehe, dass Ditters mir geschrieben hat, ist Annabelle ganz verzückt vom kleinen Wurmbalg im Gitterbettchen. Sogar mit Anhang die Mail. Mein Gott, was haben die denn hier für ein langsames Netz!
    »Süß, oder?«, fragt Annabelle.
    »Absolut!«, sage ich und lade den Anhang. 56   KB , 61   KB , 76   KB  …
    Kurz vor neun. Flik präsentiert uns noch das gemeinsame Schlafzimmer (ganz toll die rote Farbe und die Idee, ein tolles Brett direkt über das Kopfende zu schrauben mit den schweren Vasen drauf), und wir sehen Fliks tolles Büro (es ist so klein, wenn da noch die Sonne reinkommt, muss entweder Flik oder die Sonne rausgehen). 201   KB , 209   KB  …
    Ja, wir gehen sogar nach draußen, wo wir das von Flik eigenhändig erbaute Gartenhäuschen (ein tolles Bauset von Max Bahr) bewundern dürfen, in dem ich neben Gartenwerkzeugen und Sonnenliegen auch einen gelben Benzin-Generator samt mehreren Kanistern Sprit erspähe.
    »Ist das ein Generator da?«
    »Ja!«
    »Habt ihr keinen Strom oder bereitest du dich auf die Hurrican Season vor?«
    »Weder noch, aber wenn er mal ausfällt und die Lichter ausgehen, haben wir den Generator.«
    »Könntest du dann nicht einfach winken?«
    »Ach weißte was, Simon? Leck mich!«
    Wütend stapft Flik in Richtung Terrasse und lässt meine Freundin und mich einfach so auf dem Rasen stehen. »Du bist so ein Depp, echt!«, zischt Annabelle und verschwindet mit ihm im begehbaren Ikea-Katalog. Irritiert schließe ich die Tür des Gartenhäuschens und zücke mein Handy, der Anhang von Ditters ist da.
    Hallo Simon,
    ich hab mal was aufgesetzt. Eine Klage könnte wie folgt aussehen:
     
    Amtsgericht Köln
    Luxemburger Straße  101
    50922  Köln
     
    Peters, Simon ./. Mayersche Buchhandlung KG
    Unser