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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Galileo
gerade ein Komet auf die Erde stürzt. Ein Sprecher sagt: »Und außerdem: Wie der US -Bunkerbauer vivos mit der Angst der Leute Geld verdient!«
    »Machst du mir RTL wieder rein, bitte?«, fordert Annabelle, doch da bin ich schon mit dem Laptop auf’s Klo geflüchtet.
    »Hallo?«, höre ich Annabelle in der Küche toben, »mach mir RTL wieder rein!«
    »Du musst den Sendersuchlauf starten!«, rufe ich durch die Tür, dann poppt Spiegel Online auf meinen Oberschenkeln auf mit dem Foto eines alten Wasserhahns, aus dem ein einziger Tropfen kommt und der Überschrift »Wird bald das Wasser knapp?«. Da werden wohl eher die Themen knapp, denke ich mir, gebe »Bunker« und »vivos« in die Google-Suchzeile und lasse laufen. Stoffwechsel mit Netzzugang, die einzig verbliebene Freiheit des geschundenen Mannes. Während ich pinkle, überfliege ich die Suchergebnisse.
    ›Im
NVA
-Bunker dem Weltuntergang trotzen‹ lautet das erste. ›Bunkerplätze für Weltuntergang ausreserviert‹ das zweite und ›Millionen Dollar Geschäft: wie der
US
-Bunkerbauer vivos mit der Angst der Leute Geld verdient.‹
    Ich schüttel ab und rutsche vorsichtig hoch auf der Brille. Ich klicke mich auf den zweiten Artikel und lese, dass man sich in Spanien Plätze in einem Atombunker reservieren konnte. Konnte. Ausverkauft seit September. Okay. Wir alle wissen, dass es den Spaniern noch schlechter geht als uns, aber soooo schlecht?
    Klick.
    Die
Augsburger Allgemeine
schreibt:
    »Weltuntergang: 400  Euro für einen Platz im Bunker. Es ist eine findige Geschäftsidee: Wer den Weltuntergang am 21 . Dezember 2012 nicht im Freien verbringen möchte, kann jetzt in Thüringen unter die Erde gehen. Bei eBay werden Schlafplätze in einem Bunker versteigert.«
    Findige Geschäftsidee? Mir wird fast ein bisschen schlecht.
    Klick.
    Auf Seite zwei der Suchergebnisse geht es nicht minder dramatisch weiter. Im Forum
rund-ums-baby.de
fragt ein verzweifelter Familienvater, ob irgendjemand von freien Bunkerplätzen gehört habe. »Flik?«, denke ich laut und scrolle mich durch die anderen Posts. Die eine Hälfte der Kommentare macht sich lustig über den besorgten Bunker-Papa, die andere ist »voll bei ihm« und verteilt Links zu möglichen Alternativ-Unterkünften. Ein Link ist tot, der andere, ein alter Eisenbahnbunker bei Friedrichshafen, ist ebenfalls ausreserviert. Es ist unfassbar, aber offenbar gibt es neben Flik und Lala eine weitere, nicht zu unterschätzende Zahl an Leuten, die an den 21 .  12 . glauben und sich in irgendeiner Art und Weise schützen wollen. Lächerlich! Ich meine, was soll passieren in einem Land wie Deutschland, das außer Griechenland, Spanien, England, Norwegen, Dänemark, Österreich und der Schweiz keinen einzigen Feind mehr hat? Bis auf Pakistan, Ägypten und Somalia vielleicht …
    »Simon?«, tönt es aus dem Bereich unserer Wohnung, der kein Klo ist.
    »Ja?«
    »Kommst du da mal wieder raus?«
    »Ja!«
    Ich komme immer noch nicht über den Begriff »findige Geschäftsidee« hinweg. Denn wenn irgendjemand eine findige Geschäftsidee hat, dann Scheiße noch mal ich, so dachte ich zumindest bisher. Ich klicke mich zu einem Artikel auf
scienceblogs.de
, wo ein User das fragt, was mir spätestens seit der achtmillionsten Endzeitreportage bei N 24 auf der Seele brennt:
    »Wenn alle wissen, dass der Weltuntergang Unsinn ist, warum reden dann alle drüber?
Antwort:
weil man mit der Angst vor dem Weltuntergang wunderbar Geld verdienen kann.«
    Fassungslos über mich selbst klette ich meinen Blick auf die blanke Klotür. Kann es sein, dass ich aus irgendeinem Grund den derzeit aktuellsten Wirtschaftszweig ausgeblendet habe: die Angst vor dem Weltuntergang? Ist es möglich, dass ich der Einzige bin, der das derzeit wichtigste Thema einfach ignoriert hat, OHNE daran zu denken, dass man auch Geld damit machen könnte?
    Ich tippe ›Weltuntergang‹ und ›Vorsorge‹, und tatsächlich: Ein Krisen-Shop nach dem anderen poppt auf. Irgendwie fühle ich mich, als würde ich nach einem Saufgelage einäugig und mit einem Höllenkater die Tür zur Küche aufdrücken, nur um überrascht festzustellen, dass alle längst frühstücken. Hektisch klopfe ich die Worte ›Bunker‹ und › NRW ‹ in meine Tastatur und erfahre von einem Bunker in der Eifel, der sogar schon eine eigene Seite hat. www.ausweichsitz-nrw.de lautet die Adresse.
    ›Der Ausweichsitz der Landesregierung
NRW wurde in den 60 er Jahren in der Nähe eines kleinen

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