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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Hund wird in eine HIV -verseuchte Spritze treten, und dann beginnen die ach so süßen Kinder ihre erbärmlichen Versager-Eltern zu hassen, bauen einen Quadrokopter aus dem toten Hund und zünden das Haus an. Und wenn sich dann eines Nachts die gierigen Flammen durch das abgerissene Mahnmal ihrer perfekten Kindheit fressen, dann fliegen sie den Hund mitten hinein ins Feuer! BÄÄM !!!
    Puls 154 , das ist völlig okay, glaub ich, dafür, dass ich so lange keinen Sport gemacht habe. Ich konzentriere mich auf den Weg und die Atmung, obwohl ich drei prall gefüllte, rote Hundekotbeutel passiere, von denen einer in einem Baum hängt wie Christbaumschmuck. Den Ultras ist aber auch langweilig, seit der FC in der Zweiten Liga spielt.
    Zehn Minuten bin ich schon unterwegs, gleich muss die baufällige Fußgängerbrücke über den Militärring kommen. Tatsächlich, da ist sie: Der Lack blättert ab vom Geländer, und aus dem Stahlbeton platzt der Rost, die Stadt hat es echt fertiggebracht, nichts dran zu machen seit Adenauer Bürgermeister war. Für was hab ich eigentlich Steuern gezahlt? Ach so … hab ich ja gar nicht.
    Ich laufe weiter und versuche mich zu beruhigen. Zwei tratschende Parfümbomben versperren mir auf dem Scheitelpunkt der Brücke den Weg. Erst als ich gegen das Brückengeländer trete, springen sie erschrocken zur Seite. Am Ende der Brücke passiere ich drei Waldarbeiter in orangen Overalls, sie stecken Zweige und Äste in einen Monsterschredder, wobei sie die Späne wie MG -Salven ins Dickicht feuern, so dass es eine ohrenbetäubende Frechheit ist. Ich zeige den Mittelfinger und renne vorbei.
    Mein Puls ist bei 161 , als ich den ehemals glasklaren Weiher erreiche. Jetzt ist er neongrün wie meine Schuhe, und als ich auf den Rundweg biege, weiß ich auch warum: weil ihn die dämlichen Enten grüngegrützt haben! Zur Strafe treibe ich insgesamt drei Entenfamilien in ihre eigene Kacke. Eine trübäugig glotzende Gruppe silberköpfiger Senioren empört sich, und ich beschimpfe sie als Schnabeltassen-Flakhelfer. Eine Krücke fliegt in meine Richtung.
    Die 170 er-Marke hat mein Pulsschlag gerade durchbrochen, da vibriert mein Telefon. Gott sei Dank. Eine Pause. Ungeübt im Annehmen von Telefongesprächen während ich bei einem Waldlauf mit Krücken beworfen werde, drücke ich zunächst die falsche Taste und höre einige Sekunden den Rammstein-Titel, mit den ich Lalas Wein beschallt habe, dann meldet sich Ditters.
    »Simon?«
    »Ja?«, keuche ich.
    »Stirbst du gerade?«
    »Ich jogge!«
    »Sehr gut, das entspannt dich. Sollen wir ein ander Mal?«
    »Nein! Jetzt! Also, München – wann fliegen wir … zu McDonald’s?«
    »Wir fliegen gar nicht.«
    »Aber einen Termin machen wir!«
    »Ich brauch da keinen Termin zu machen, Simon, weil ich vorher weiß, was passiert. Deinem Satz da mit Cola, Fanta oder Sprite fehlt leider jede Kennzeichnungskraft.«
    Das war ja klar, dass er mir mit seinem halbschwulen Gerichtsgeschwurbel kommt.
    »Und das heißt?«
    »Dass deine Idee markentechnisch nicht schutzfähig ist und wettbewerbsrechtlich schon gar nicht, da könntest du gleich versuchen, Bananen als Marke für Südfrüchte einzutragen.«
    » DAS ist auch eine gute Idee!«
    »Ist es nicht, Simon, vertrau mir.«
    »Ja, aber wenn ich doch den Satz habe, wie sie mehr Umsatz machen, dann können wir doch nach München fliegen in die Zentrale und es probieren!«
    »Brauchen wir nicht, weil ich vorher weiß, was passiert, wenn wir überhaupt einen Termin bekommen. McDonald’s wird sagen, dass sie genau das ohnehin vorhatten, und dann wünschen sie dir einen schönen Tag, du sitzt wie Hein Doof im Flieger zurück nach Köln mit einem ekelhaften Air Berlin-Sandwich und reißt die Sitzbezüge ab vor Wut. Davon abgesehen würde jeder Richter argumentieren, dass –«
    »Mal was ganz anderes?«, unterbreche ich Ditters.
    »Ja?«
    »Kannst du Rezepte ausstellen?«
    »Warum sollte ich das können?«
    »Weil du Doktor bist?!«
    »Nein. Aber eine Frage kann ich dir stellen!«
    »Ja?«
    »Wegen des Aufzugs –«
    Ich stecke das Handy in die Tasche und laufe wieder los. So schnell, dass mein Pulsalarm wieder losgeht. Warum zum Teufel klappt denn auch wirklich NICHTS im Augenblick? Ich beiße die Zähne zusammen und laufe noch schneller, der Geruch von Entengrütze vermischt sich mit den radioaktiven Schlickdämpfen der Raffinerie. Dieser Pulsalarm nervt aber auch. Was müssen die einen noch nerven, wenn man eh schon stirbt? Meine

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