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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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einem Augenzwinkern zieht sie weiter zu einem schwammgesichtigen Messe-Pakistani, den sie vermutlich exakt das Gleiche fragt, und im Gegensatz zu mir hat er keine Laktoseintoleranz.
    Aber es kommt noch schlimmer: Phil will rüber, also dahin, wo nicht nur getanzt wird – ins Laufhaus, und er will, dass ich mitkomme. Ich atme tief durch und schaue auf meine Uhr. Realistisch betrachtet ist es ohnehin schon zu spät, denn eigentlich hätte ich die beiden schon vor einem Drittel in die Eifel zurückfahren müssen.
    »Is gut«, knurre ich, »ich komme ja mit.«
    »Sag mal, checkst du’s nicht?«, kreischt Phil, »du hast mein Auto kaputtgefahren, du hast hier überhaupt gar nix mehr zu kamellen!«
    »Ich zahl’s ja auch!«, stöhne ich.
    »Worauf du deinen plattgesessenen Spießerarsch verwetten kannst!«
     
    Eine Behindertenrampe und drei Etagen Liftfahrt später lässt Phil sich mit einem weiteren Dollarschein im Hosenschlitz von Sven durch einen hotelähnlichen Flur rollen, vor dessen Zimmertüren halbnackte Mädchen auf Barhockern sitzen. Als wäre das nicht schon peinlich genug, trötet Phil noch »Schnapp, schnapp, schnapp!« zu den Mädchen.
    »Phil, das ist albern!«, zische ich ihm zu, während ich versuche, einen Blick in die Zimmer zu erhaschen. Svens Heulgesicht kommt bei den Mädchen besser an als Phils Rollstuhl. Von jedem zweiten Mädchen wird er gefragt, ob was Schlimmes passiert ist.
    »Hey! ICH sitze hier im Rollstuhl!«, nölt Phil eifersüchtig und stellt klar, dass sein Pfleger immer so aussieht. Ein Stockwerk weiter oben setzt sich dann endlich eine zierliche Brünette auf den Rollstuhl, und während sie Phil den Schein mit dem Hintern aus dem Reißverschluss zieht, tippe ich ihm auf die Schulter.
    »In einer Stunde am Auto?«
    »Hey, du Otto, nerv jetzt nich, ich hab was am Laufen.«
    »Alles klar!« Ich mache kehrt, passiere zwei Zimmer und entscheide mich für eines mit petrolfarbener Bettwäsche. Hastig lege ich mich hin, seit zwei Minuten bereits ist mein Wachblock beendet. Eine gute Entscheidung, denn Matratze und Licht sind in Ordnung, nur die Decke ist etwas dürftig.
    »Hey!«, höre ich ein Mädchen rufen, das ich gar nicht gesehen habe, das es aber gibt, denn jetzt steht es mit den Händen in den Hüften vor meinen Bett: »Du kannst dich doch nicht einfach so hier reinlegen! Das ist mein Zimmer!«
    Das Mädchen ist unfassbar schön, sie hat lange schwarze Zöpfe und ein feines, indianisch wirkendes Gesicht mit einem sehr großen Mund. Doch wenn man nach mehreren Tagen Überman erst einmal liegt, ist es ungefähr so schwer wieder aufzustehen, wie mitten im Pinkeln aufzuhören. Also frage ich die Schönheit freundlich, was die halbe Stunde kostet, womit sich die Situation augenblicklich beruhigt.
    »Siebzig Euro mit Französisch und einmal Entspannung.«
    »Nehm ich. Danke. Aber entspannen würde ich mich alleine.«
    »Du willst dir einen runterholen?«, fragt sie unsicher.
    »Nein. Ich will hier einfach nur liegen, um ehrlich zu sein. Bitte!« Ich reiche dem verdutzten Mädchen 70  Euro aus meinem Portemonnaie.
    »Und was soll ich machen? Striptease? Massage?«
    »Du machst gar nix. Ich will hier nur liegen.«
    »Ich könnte mir die Muschi reiben.«
    »Kannste gerne machen, solange du mich pennen lässt.«
    »Spinnst du? Ich reib mir doch nicht die Muschi, wenn du pennst.«
    »Dann halt nicht!«
    »Gut. Hatte ich zwar noch nicht, aber wie du willst. Wie lange?«
    Hatte sie noch nie und für wie lange? Das versteh ich, das würde ich auch wissen wollen, wenn ich was noch nie hatte. Gerade als Indianerin würde ich fragen, wo denen soviel abgenommen wurde von uns Europäern, da würde ich gleich zweimal fragen wie lange! Nicht im wilden Westen erwache ich, sondern auf einer sattgrünen Frühlingswiese. Bin eng umschlungen mit Annabelle. Wie gut sie riecht! Wie hübsch sie aussieht in ihrem Sommerkleid mit den orangen Punkten! Viel schöner als die Dotterblumen leuchten! Und wie hoch Evil La Boum springt, ja ist er denn von Sinnen, will er allen Ernstes die Wespe essen?
    … taktaktaktaktak …
    Annabelle lacht und sagt, da sei keine Wespe, sondern ein Specht auf meiner Schulter.
    »Nein, Evil, nein! Die sticht!«, rufe ich.
    … taktaktaktaktak …
    Der Specht soll von der Schulter runter, von der Schulter soll der Specht! Will ihn verscheuchen, aber der Specht bleibt, wo er ist. Muss magnetisch sein. Oder aus Klett.
    … taktaktaktaktak …
    »Jetzt lass doch mal …«, stöhne ich

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