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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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me, we have two new people here. Who is it?«
    Das ist doch völlig egal, dass wir neu sind, denke ich mir, als ich einen metergroßen Krater in den hellgrünen Hallenboden starre. »I am Daniela«, sagt Daniela, und ich sage »And I am Simon!«
    »Welcome«, sagt Megan,»as you are new: ›Krav Maga‹ is a self defense system for everybody. Simon?«
    Mir gefällt der hebräische Akzent im Englischen. Ähnelt dem französischen irgendwie. Sprechen die alle so in Israel? Oder nur, wenn sie Englisch im Ausland sprechen? Daniela zupft mich an meiner Jogginghose.
    »Schau doch mal hoch!«
    »Ich bin doch nicht wahnsinnig!«, nuschle ich und werde von Megan aus dem Schneidersitz gezogen. Sie will was zeigen an mir. Was zieh ich auch so eine Kack-Signalfarbe an?
    »Okay, Simon, try to strangle me.«
    Hilflos schaue ich auf die sitzende Meute. Jemand sagt, ich soll sie würgen. Okay, natürlich. Würgen. Krieg ich hin. Ist auch nützlich. Vielleicht will mich ja jemand würgen, wenn ich im Weinkeller …
    »You got a jockstrap?«, fragt Megan.
    »Ja«, sage ich, um nicht als Idiot dazustehen.
    »Good! Let’s go. Choke me!«
    Ich schlucke die Angst runter, gehe auf Megan zu und versuche, sachte ihren Hals zu greifen. Ich komme sogar an ihren Hals! Also fast. Dann geschieht innerhalb der nächsten 0 , 24 Sekunden Folgendes: Meine Arme werden auseinandergerissen wie zwei Brötchenhälften, alles wird knallgelb, ich bekomme ein gutes Dutzend Schläge auf den Kopf, noch während ich falle einen Tritt in die Eier. Als ich wie ein Erdnussflip zusammengekrümmt auf dem Hallenboden um Luft ringe, wird mir die Kapuze vom Kopf gezogen – es ist Megan, die mich ebenso betroffen wie entschuldigend anschaut.
    »I am really sorry, you said you wear a jockstrap!«
    » WHAT ? IS ? A? JOCKSTRAP ?«, jammere ich.
    »Tiefschutz«, sagt jemand, und dann lachen sich alle tot, und ich darf am geöffneten Fenster zuhören, wie Megan vor Kapuzenshirts warnt, und mir einen lächerlich großen Tiefschutz über die Jogginghose streifen, in dem ich aussehe wie Cameo im »Word Up«-Video. (Für alle, die die Achziger sabbernd im Maxi Cosi verbracht haben: Cameo sah in diesem Video aus wie ein perverser Vollspast.)
    Das Aufwärmprogramm besteht aus fünf Liegestützen, zehn Kniebeugen, die in Tel Aviv ›Squats‹ heißen, und noch fünfzehn Sit-ups, die in Tel Aviv ›Sit-ups‹ heißen. Machbar? Vielleicht. Aber nicht zehn Minuten lang ohne Pause und nach vier Stunden Schlaf in zwei Tagen. Und noch ein Leckerli gibt es als Motivation: Wer am wenigsten Wiederholungen schafft, muss sich zum Schluss des Tages in einem Schutzanzug verdreschen lassen.
    »Come on, boys and girls, try your best!«
    Ich try wirklich my best und muss beinahe kotzen, so fertig bin ich. Ich werde Vorletzter. Der Letzte, ein leberkäsfarbener Teenie in einem zu engen Quiksilver-Shirt, sieht noch schlimmer aus als ich, knallrot und zuckend liegt er auf dem Boden, die Flasche Wasser in der Hand, aber unfähig zu trinken. Ich schütte einen halben Liter Volvic in mich hinein und bekomme gerade noch die Erklärung für die nächste Übung mit, das Zupfspiel. Okay. Alle stecken ihre T-Shirts und Hemden in die Hose, verteilen sich in der Halle und versuchen dann, es den anderen rauszuziehen. Wer als Letzter sein Shirt noch in der Hose hat, gewinnt. Wie albern ist das denn? Und solche Leute bilden die israelische Armee aus? Na dann gute Nacht im Westjordanland …
    »Hey Sie, verlassen Sie sofort unsere Siedlung!«
    »Und was, wenn wir’s nicht tun?«
    »Dann zupfen wir Ihnen das verdammte Hemd aus der Hose!«
    Weil ich eine Pause brauche und nicht total bekloppt bin, lass ich mir mein Shirt als Erster rausziehen. Was ich überhört haben muss: Der Erste, der sein Shirt verliert, macht zehn verschärfte Liegestützen. Verschärft heißt, dass ich nach jeder Liegestütze mit den Füßen die Hallenwand hochkrabbeln muss fast bis zum Handstand und dann zurück zur Liegestütze. Eins! Kann es sein, dass das Danielas Lachen ist? Zwei. Es ist Danielas Lachen. Drei. Die … blöde Kuh! Ich schaffe vier. Was ich auch überhört haben muss: Wer die Strafe nicht schafft, wird mit zwanzig Squats bestraft. Ich schaffe siebzehn und muss zehn Sit-ups machen. Hätte ich meine Pulsuhr um, sie hätte nicht mehr gepiept, sie wäre in die Luft geflogen wie ein Blindgänger in Schwabing. Als ich fest davon überzeugt bin, dass ich wegen der Schmerzen nie wieder meine Arme heben kann, geht es erst

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