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Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde

Titel: Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Klos
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sein, dass ich etwas auf dem Kasten hatte und voll zurechnungsfähig war.

    Der Professor, ein großer, dunkelhaariger Mann mit Brille, war bemüht, die Situation etwas aufzulockern. Er erzählte uns gleich nach der Begrüßung, dass er selbst einen kleinen Enkel habe und ihm diese Sache daher sehr naheging. Obwohl ihn seine verständnisvollen Worte sympathisch machten, konnte ich ihm seine Anteilnahme nicht so richtig glauben. Vielmehr spürte ich, dass ihm die Sache mehr als unangenehm war. Er tat mir schon fast leid.
    Er sah Leni an, die neben uns im Maxi-Cosi lag. »Du kleine Maus! Wenn du wüsstest, was hier los ist, was hier für ein Trouble ist wegen dir!« Leni strahlte ihn an, so wie sie immer alle anstrahlte. Mir schossen die Tränen in die Augen, doch da ich mir ein absolutes Heulverbot auferlegt hatte, versuchte ich, sie hinunterzuschlucken und mit Leni zu lachen.
    Schließlich kam Prof. Scherer zur Sache. »Ihre Mutter hat mir erzählt, dass Sie ja schon kurz nach der Entbindung Zweifel an der Identität Ihres Kindes hatten.«
    Ich muss ihn wohl sehr verdattert angeschaut haben, konnte aber relativ schnell eins und eins zusammenzählen und dachte nur fassungslos: Das kann doch jetzt nicht wahr sein! Muss die sich denn überall einmischen?
    Obwohl es in mir brodelte, bewahrte ich eisern meine Contenance und antwortete so ruhig wie möglich. »Ja, ich hatte diese Zweifel. Und ich habe sie auch mehrmals geäußert.«
    »Ach, wirklich?«
    »Ja, ich habe das einige Male gegenüber einer Schwester geäußert. Auch zu der Schwester, die mir morgens das Baby gebracht hat, habe ich gesagt: ’Das ist nicht mein Kind.’«
    »Aha, das wussten wir nicht.«
    Das machte die Sache für Prof. Scherer noch peinlicher, und er wollte sofort die Namen der Schwestern wissen. Den Namen der Schwester, die mir das Baby gebracht hatte, hatte ich jedoch nicht abgespeichert, und auf Schwester Marion kam ich gerade nicht, obwohl mir ihr Name auf der Zunge lag. Schließlich erzählte ich dem Professor detailliert, was an dem Baby alles anders war. Er war sichtlich geschockt, vor allem, als ich die Sache mit dem Gewicht erwähnte. Er blieb zwar genauso ruhig wie zuvor und bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen, aber ich hatte das Gefühl, er war sich schon zu diesem Zeitpunkt sicher, dass wir die Betroffenen waren. Wahrscheinlich waren wir auch das einzige Elternpaar, das so etwas Suspektes erzählte, und alle anderen saßen sorglos mit ihrem Baby da, das entweder seiner Mutter oder seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war.
    »Wenn man dem doch nur nachgegangen wäre«, sagte Prof. Scherer bedauernd. Dann seufzte er kurz und setzte mit gefasster Stimme hinzu: »Aber man weiß ja noch gar nichts. Erst einmal abwarten. Es kommen ja auch noch weitere Elternpaare in Betracht. Es waren erst drei da.«
    Den Speicheltest machte Prof. Scherer persönlich. Mit einem Wattestäbchen entnahm er sogenanntes Zellmaterial aus meinem Mund. Dabei erklärte er, dass Lenis Fersenblut, das damals bei der U2 entnommen worden war und in einem Labor gelagert sei, zur DNA -Analyse geöffnet würde. Dafür mussten wir sogar eine Einverständniserklärung unterschreiben. Ralf erkundigte sich, wann wir mit dem Ergebnis rechnen könnten.
    »Das kann bis zu einer Woche dauern«, antwortete Prof. Scherer.
    Ich zuckte zusammen. »Kann man das nicht beschleunigen?«, platzte es aus mir heraus. »Das ist ja schlimm, wenn man eine ganze Woche dasitzen und auf das Ergebnis warten muss.«
    »Das kann ich verstehen, Frau Klos. Ich werde mein Bestes tun, damit das Ergebnis so schnell wie möglich vorliegen wird.«
    Wir verabschiedeten uns und mussten einen anderen Ausgang nehmen, weil im Vorzimmer schon das nächste Paar zum Speicheltest wartete und wir uns nicht begegnen sollten.

    Auf dem Heimweg rief ich meine Mutter an. Eigentlich wollte ich sie zur Rede stellen, aber sie war selbst so aufgelöst, dass ich es für besser hielt, meinen Ärger über ihr Verhalten zunächst zurückzustellen. Ein Familienkonflikt war das Letzte, was wir in dieser Situation gebrauchen konnten.
    Als wir wieder zu Hause waren, überfielen mich die gegensätzlichsten Gefühle. Keiner hatte meine Zweifel damals ernst genommen, aber wahrscheinlich hatte ich doch recht gehabt. Dass meine Intuition mich nicht getäuscht hatte, stärkte mich auch. »Ich bin also doch nicht so blöd, wie ihr alle dachtet. Jetzt hab ich es euch allen gezeigt«, dachte ich wie ein trotziges Kind, das

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