Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde
während die andere Ärztin begann, meinen Bauch zuzunähen.
Nach dem Nähen wurde ich in ein Bonding-Zimmer gebracht; hier sollten Neugeborene und Eltern ihre erste nahe Bindung zueinander finden. Dort warteten Ralf und Leni und auch Hannah auf mich. Leni war jetzt in eine Decke gewickelt und hatte ein Mützchen auf. Mein Herz platzte fast vor Freude, als Ralf mir die Kleine auf die Brust legte. Endlich durften wir uns spüren und riechen und miteinander kuscheln. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an ihr und genug bekommen von ihrem Babyduft. Pures Glück durchflutete meinen Körper. Ich streichelte sie und hielt sie an den Fingerchen. Um das rechte Armgelenk trug sie ihr Namensbändchen. Es war ziemlich breit und handschriftlich beschrieben. Ich prüfte kurz, ob ihr Name auch richtig geschrieben war. »Leni Klos« – alles korrekt.
Jetzt soll sie sich erst einmal ausruhen , dachte ich mir. So ein Kaiserschnitt ist für die Kleinen schließlich auch ein Schock, plötzlich aus Mamas Bauch raus und an der kalten Luft. Dann dachte ich ans Stillen. Ich wollte mir damit keinen Druck machen so wie bei Yara. Damals hatten Yara und ich eine zweiwöchige Tortur durchgemacht und probierten etliche Methoden aus, bis es – als ich gerade aufgeben wollte – endlich funktionierte. Ich wollte es dieses Mal entspannt angehen lassen und so nehmen, wie es kommen würde.
Als Hannah mir etwas später half, Leni anzulegen, suchte sie nur kurz, dockte sich dann an und trank. Ganz instinktiv und ganz natürlich. Ich war ziemlich verwundert, dass das Stillen sofort klappte, und zugleich unglaublich erleichtert. Leni schmatzte, als ob es ihr richtig gut schmecken würde.
»Was für ein Geschenk«, sagte ich zu Ralf und Hannah. Ralf machte ein paar Fotos, er wollte das unbedingt mit der Kamera einfangen. Als er mich fragte, wie es mit meinem Hunger oder Durst aussähe, winkte ich nur ab. Ich brauchte nichts – ich hatte alles.
»Du kannst alle meine Müsliriegel alleine essen«, sagte ich augenzwinkernd, denn Ralf war geradezu ein Müsliverächter. »Apropos: Wie viel wiegt sie eigentlich?«, erkundigte ich mich. Ich bedauerte es so sehr, dass ich bei den Untersuchungen nicht dabei sein konnte.
»3545 Gramm«, antwortete Hannah.
»Fast genauso viel wie Yara damals. Sie ist ihr überhaupt sehr ähnlich – außer beim Stillen«, bemerkte ich.
Nach dem Trinken schlief Leni friedlich an meiner Brust ein. Es war ein Moment von einem ganz besonderen Zauber.
»Ist die süß«, flüsterte ich Ralf zu und strahlte wie eine Sonne.
KAPITEL 6
M it Bettnachbarinnen hat man ja nicht immer Glück, daher war ich gespannt, wie meine so sein würde. Als ich Eva sah, wusste ich gleich, dass wir uns mögen würden. Sie war etwas jünger als ich, blondhaarig und hatte – genauso wie ich – eine charakteristische Nase. Ganz offenherzig begrüßte sie mich, und wir stellten uns gegenseitig unsere Babys vor. »Und das ist Romeo«, sagte sie mit liebevollem Blick auf ihr Baby.
Grundsätzlich stehe ich auf ausgefallene Namen, aber nun war ich doch einen Moment lang sprachlos: Romeo. Hoffentlich wird der Kleine wegen seines Namens später nicht gehänselt werden.
Noch bevor ich so etwas wie »Das ist aber wirklich ein besonderer Name« herausbringen konnte, verzog Romeo das Mündchen und fing jämmerlich an zu quäken. Wie sich herausstellte, hatte Eva im Vergleich zu mir wirklich Pech, denn Romeo war ein richtiger Schreihals. Eva wusste nie genau, ob er Hunger oder Schmerzen hatte, und gab ihm sicherheitshalber immer ein Fläschchen, wenn er schrie.
Leni und ich ließen uns davon aber nicht beeindrucken, wir ruhten uns erst einmal aus.
»Frau Klos«, hörte ich im Halbschlaf eine freundliche Stimme. »Frau Klos, ich bin Schwester Marion, ich müsste einmal Ihre Wunde kontrollieren.«
Schwester Marion war vom ersten Tag an meine Lieblingskrankenschwester. Mit ihren gut fünfzig Jahren und ihrer ruhigen, fürsorglichen Art strahlte sie etwas Mütterliches aus.
Ich fasste sofort Vertrauen zu ihr und erzählte ihr, dass ich mit meinem ersten Kind in puncto Stillen so schlechte Erfahrungen gemacht hatte und dass ich dieses Mal alles so machen wollte, wie ich es für richtig empfände. Sie bestärkte mich in meinem Entschluss. »Wenn trotzdem etwas sein sollte, dann rufen Sie aber«, sagte sie, während sie die Wunde begutachtete. »Muten Sie sich nicht zu viel zu, Sie müssen sich erst einmal erholen. Das ist ganz wichtig. Ihrer Kleinen geht es
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