Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde
»Mit OP -Hemdchen eine wirklich außergewöhnliche Kombi«, scherzte ich. »Danke«, sagte ich dann leise, zog Ralf zu mir herunter und gab ihm einen Kuss.
Als Ralf Leni aus ihrem Bettchen hob, rief er lachend: »Puh, da stinkt aber jemand«, und begann, sie zu wickeln. Während ich zuschaute, wie er routiniert den kleinen Babypo säuberte und die Beinchen hochhielt, um die neue Windel auszubreiten, fragte ich mich, wie er sich wohl fortan fühlen würde, so unter drei Weibern. Sicherlich hätte er zur Verstärkung gern einen Jungen gehabt, auch wenn er nicht müde wurde zu betonen, dass ihm das Geschlecht seiner Kinder vollkommen gleichgültig sei. Aber meine und Yaras Shoppingorgien gingen ihm schon jetzt gehörig auf die Nerven. Immer, wenn er herausfand, dass ich fürs Online-Shopping etwas von unserem Konto abgebucht hatte, auch wenn es nur ein läppischer Betrag von zehn Euro für ein T-Shirt war, regte er sich auf. Tja, mein Liebster, bald werden unsere Schränke noch voller werden , dachte ich mir und schmunzelte.
Gegen Mittag kam dann der erste Besuch: meine Freundin Ricarda und ihr Mann Mathias – Lenis Patenonkel. Mathias hatte noch vor Ralf erfahren, dass ich schwanger war und dass er Pate werden würde. Ich hatte meinen Schwangerschaftstest nämlich bei Ricarda zu Hause gemacht, und zeitgleich mit Sichtbarwerden des positiven Ergebnisses war Mathias zur Haustür hereingekommen.
»Du wirst Pate!«, hatte ich ihm breit grinsend als Begrüßung zugerufen und mit dem Teststreifen hin und her gewedelt. Er nahm mich daraufhin in den Arm und drückte mich ganz fest. Es war sein »erstes Mal« als Patenonkel, und deswegen freute er sich umso mehr.
»Ist die niedlich!«, sagte Mathias jetzt. Voller Stolz nahm er sein Patenkind auf den Arm, und Ralf schoss gleich ein Foto von den beiden. Leni war ganz lieb, quengelte kaum und schlief die meiste Zeit. Und ich war richtig gut drauf.
»Man könnte glauben, ihr habt eine zweite Yara bekommen«, sagte Ricarda. »Die sah damals doch genauso aus. Wie Zwillinge …«
»Ja, aber zum Glück trinkt sie besser«, sagte ich. Und während sich die Männer von Leni bespaßen ließen, zog ich meine Freundin beiseite. »Meinst du, es wäre in Ordnung, wenn ich Leni noch eine zweite Nacht abgebe? Ich fühle mich immer noch total schlapp.«
Ricarda bestärkte mich, doch ihre Worte bewirkten das Gegenteil. Ich fühlte mich beim bloßen Gedanken an eine weitere Nacht ohne Leni wie eine Rabenmutter.
Als meine Mutter später dazukam, sagte sie ohne Wenn und Aber: »Es ist wichtig, dass du ordentlich schläfst. Gib sie ab. Sie ist doch gut versorgt im Säuglingszimmer.«
Doch ich blieb hin- und hergerissen zwischen der Vorstellung, ein paar Stunden durchzuschlafen, und dem unguten Gefühl, Leni für eine weitere Nacht ins Säuglingszimmer zu schicken.
Als der Besuch längst gegangen war, haderte ich noch immer mit meiner Entscheidung. Schließlich ging es mir schon etwas besser als am Tag zuvor – auch wenn ich Leni noch nicht aus dem Bettchen heben konnte.
Schwester Marion, die vor dem Feierabend noch ihre Runde machte, sah mich lächelnd durch ihre große Brille an. »Ruhen Sie sich aus, Frau Klos. Dann sind Sie morgen wieder fit. Die Kleine ist doch gut aufgehoben bei uns. Und wenn etwas ist, bringen wir sie Ihnen sofort.«
Wahrscheinlich waren es ihre beruhigenden Worte, die mich ihrem Rat folgen ließen. Wenn auch zögerlich. Ich schob das Abgeben von Leni für die Nacht so lange wie möglich hinaus. Ich stillte sie ausgiebig und kuschelte noch bis kurz vor Mitternacht mit ihr. Dann gab ich mir einen Ruck.
Eva half mir, Leni in ihr Bettchen zu legen.
»Morgen ist deine Mama wieder richtig fit, und dann schläfst du auch bei mir«, versprach ich Leni, als ich sie zum Säuglingszimmer schob.
KAPITEL 7
U m sechs Uhr in der Früh hörte ich den geschäftigen Lärm der Morgenschwestern mit ihren scheppernden Wagen auf den Fluren. Ich war noch sehr müde und versuchte wieder einzuschlafen. Auch Eva und ihr kleiner Romeo schlummerten noch tief und fest. Aber so richtig wollte es mir nicht gelingen. Vielleicht lag es daran, dass es schon sehr hell in unserem Zimmer war – nicht umsonst war dies der längste Tag des Jahres. Und normalerweise werde ich immer wach, sobald es hell wird. Jetzt aber döste ich noch eine knappe Stunde vor mich hin, bis die Tür aufgerissen wurde.
»Guten Morgen!« Die Schwester der Frühschicht ging zum Fenster und schob den blassgelben
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