Uebermorgen Sonnenschein - Als mein Baby vertauscht wurde
doch wunderbar.«
»Ja, ich bin auch so müde wie noch nie«, sagte ich. Und in Gedanken setzte ich hinzu: Ist ja auch kein Wunder, wenn man eineinhalb Tage kaum geschlafen, extreme Schmerzen und eine Operation hinter sich hat.
Es war gar keine Frage, dass Eva und ich unsere Babys für die Nacht abgeben würden. Wir Mütter brauchten Erholung, und ich hätte Leni nicht mal allein aus ihrem Bettchen heben können. Dafür war die Wunde zu frisch.
Und so fielen mir, kurz nachdem die Beistellbettchen mit unseren Babys hinausgeschoben worden waren, bereits die Augen zu.
Um fünf Uhr in der Früh wurde mir Leni wieder gebracht. Sie hatte großen Hunger und trank wie eine Weltmeisterin. Ich genoss das Stillen sehr und streichelte Leni dabei die ganze Zeit über ihre flauschigen hellen Haare. Ewig hätte ich so mit ihr zusammen sein können.
»Ich habe auch Frühstückshunger«, sagte Eva, die Romeo gerade ein Fläschchen gegeben hatte. »Sollen wir uns gleich frisch machen und schauen, was es für uns gibt?«
»Sehr gute Idee, ist sicher auch nicht verkehrt, mal in die Vertikale zu kommen«, sagte ich und drückte Leni, die in meinem Arm eingeschlafen war, noch einmal sanft an mich.
Keine halbe Stunde später gingen Eva und ich zusammen mit unseren Babys in den Frühstücksraum. Na ja, vielmehr schlich ich dorthin, so wackelig war ich noch auf den Beinen. Mein Kreislauf gab das Tempo vor, und das Babybettchen mit seinem Griff diente mir praktischerweise als Gehhilfe.
Der Frühstücksraum war nett eingerichtet, es standen mehrere Tische in der Mitte, und in einer Ecke war ein leckeres Buffet aufgebaut. Von meinem Platz aus konnte ich die anderen Mütter, die nacheinander mit ihren Babybettchen in den Raum wankten, beobachten – ein witziges Bild. Zwischen Brötchenbissen und Teeschlürfen nahmen Eva und ich eine Mutter nach der anderen genau unter die Lupe. Drei Mütter fielen uns besonders auf. Die eine war so eine Überempfindliche und führte diese typischen Zum-ersten-Mal-Mama-Gespräche. Gespräche, die man eigentlich nicht hören will.
»Die wird sich gleich nach dem Krankenhaus für einen Rückbildungskurs, einen Pekip-Kurs, fürs Babyschwimmen und für die Babymassage anmelden«, lästerte ich mit Vergnügen.
»Und noch für einen Stillkurs und für Baby-Osteopathie«, fügte Eva grinsend hinzu.
Zum Glück konnte ich mit ihr so reden. Obwohl sie zum ersten Mal Mama geworden war und Probleme mit ihrem Romeochen hatte, war sie entspannt und nicht nur an Babythemen interessiert. Die anderen Mütter, die uns auffielen, waren zwei Teenagerinnen. Die eine trottete mit gesenktem Kopf von ihrem Tisch zum Buffet und zurück, die Haare hingen ihr ins Gesicht, sie machte einen Eindruck, als ob sie auf Drogen sei.
»Die Arme, der muss es echt schlecht gehen«, flüsterte Eva mir zu, während ich mein drittes Brötchen mit Käse, Wurst und Gurken belegte.
»Eine glückliche Mutter mit Wunschkind sieht jedenfalls anders aus. Ob das gut geht, wenn die mit ihrem Kind nach Hause kommt? Hoffentlich tut sie dann ihm oder sich nichts an. Falls sie nicht schon hier aus dem Fenster springt.«
Dieses Mädchen sah wirklich elend aus. Wir versuchten ihr Alter zu schätzen. »Fünfzehn, allerhöchstens sechzehn«, mutmaßte Eva.
»Krass, in diesem Alter schon Mutter zu sein«, meinte ich kopfschüttelnd.
Als wir zu Ende gefrühstückt hatten, gingen wir zurück in unser Zimmer und kümmerten uns um unsere Babys. Da klopfte es auch schon an der Tür, und mein gut gelaunter Ehemann trat ein. Er küsste mich. Sein Gesichtsausdruck ließ mich vermuten, dass er ein Geschenk dabeihatte. Ich kannte ihn schließlich in- und auswendig. Zu Yaras Geburt hatte ich eine schicke Uhr bekommen. Gespannt fragte ich mich, was er wohl dieses Mal ausgesucht hatte, und rechnete wieder mit einem Schmuckstück. Und tatsächlich: Er überreichte mir ein Silbercollier mit funkelnden Steinchen. Sonst ist Ralf eher der Sparsame, aber wenn es drauf ankommt, kann er sehr großzügig sein.
»Also mit einem Geschenk hätte ich nun wirklich nicht gerechnet«, sagte ich gespielt überrascht.
Daraufhin ließ er betont lässig seinen Standardspruch fallen: »Können wir umtauschen, wenn’s dir nicht gefällt.«
Das war natürlich nicht nötig, denn auch er kannte mich in- und auswendig und traf immer meinen Geschmack. Er legte mir die Kette um meinen Hals. Ich zog einen Handspiegel aus der Schublade des Betttischchens hervor und musste prompt lachen.
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